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Immunologie: Gefahrensignale aus sterbenden Zellen

Vor 20 Jahren postulierten ein deutscher Chirurg und eine amerikanische Immunologin, das Immunsystem reagiere auf Gefahrensignale, die von beschädigten Geweben ausgehen. Onkoimmuno­logen haben jetzt neue Belege dafür gefunden.
DAMPs

1987 startete am Klinikum Großhadern in München eine Studie, die klären sollte, ob die Gabe eines Anti­oxidans (einer Substanz, die oxidativem Stress entgegenwirkt) Nierentransplantationen erfolgreicher macht. Es ging darum, herauszufinden, ob das Antioxidans den so genannten Reperfusionsschaden mindert – jene Gewebeschädigung, die unvermeidbar entsteht, wenn das verpflanzte Organ im Empfänger wieder frisch durchblutet wird. Dabei steigt die Sauerstoffkonzentration in dem Organ plötzlich an, und es entstehen große Mengen an reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), die das Transplantat teils zerstören und sein Versagen herbeiführen können. Inspiriert durch die Beobachtung, das antioxidative Enzym Superoxid-Dismutase könne die ROS abfangen, sponserte ein großer Pharmakonzern die Studie in Großhadern, einem der größten Transplantationszentren Europas. Doch nach knapp zwei Jahren und 180 Patienten, die zusammen mit der neuen Niere entweder die Superoxid-Dismutase oder eine Placebosubstanz erhalten hatten, war klar: Das antioxidative Enzym verbesserte weder das Anwachsen des verpflanzten Organs noch seine Frühfunktion, also das Infunktiontreten nach dem Eingriff. Prompt stieg die Pharmafirma aus, und das Interesse an der Superoxid-­Dismutase in diesem Zusammenhang erlosch genauso schnell, wie es aufgeflammt war.

Jahre später ließ der deutsche Chirurg Walter Land, der die Nierentransplantationen vorgenommen hatte, die Studiendaten in eine Langzeitanalyse einfließen. Dabei kristallisierte sich ein überraschendes Muster heraus. Zwar hatte die Superoxid-Dismutase die Frühfunktion der Nieren nicht verbessert, doch auf längere Sicht dazu geführt, dass nur etwa halb so viele Empfänger das verpflanzte Organ abstießen wie normal. Land vermutete daraufhin, das Abstoßen des Transplantats gehe nicht, wie gemeinhin angenommen, auf die Unverträglichkeit von Gewebemerkmalen des Spenders und des Empfängers zurück, sondern resultiere in erster Linie aus oxidativen Schäden, die reaktive Sauerstoffspezies im Transplantat anrichten. ...

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Spektrum Kompakt – Unwahrscheinlich tödlich

Der Tod lauert an unscheinbaren Orten: Man kann durch ein gebrochenes Herz, durch eine Überdosis Vitamin D und sogar wegen eines Frisörbesuchs sterben. Auch die zweite Ausgabe zur Kolumne »Unwahrscheinlich tödlich« erzählt von kuriosen Todesfällen, die dem Alltag einen gefährlichen Anschein geben.

Spektrum der Wissenschaft – Akteure des Lebens: Wie biomolekulare Kondensate unsere Zellen steuern

Sie galten lange als kuriose Randerscheinung, doch inzwischen zeigt sich immer deutlicher: Biomolekulare Kondensate – winzige Molekülansammlungen mit einer Konsistenz irgendwo zwischen Schleim und Wackelpudding – übernehmen zentrale Funktionen im Zellgeschehen und bieten so womöglich Ansatzpunkte für neue Therapien. Vielleicht spielten sie sogar eine zentrale Rolle bei der Entstehung des Lebens. Außerdem berichten wir in der aktuellen Ausgabe über Dichtung und Wahrheit hinter Heisenbergs Meilenstein in der Quantenrevolution, wie DNA- und Protein-Überreste in Fossilien vergangene Welten wieder aufleben lassen und was Ameisen zu sozialen Superstars machte. In der fabelhaften Welt der Mathematik geht es dieses Mal um Sherlock Holmes und die Spieltheorie und H. Joachim Schlichting erklärt Ihnen, wie man besonders laut klatscht.

Spektrum der Wissenschaft – Partner Immunsystem: Wie moderne Medizin die Körperabwehr nutzt

Die Medizin macht gerade revolutionäre Fortschritte – insbesondere auf dem Gebiet der Immuntherapien. Dass unsere Körperabwehr ein unverzichtbarer Partner ist, steht außer Frage: Ohne sie würden wir beinahe instantan an Krankheitserregern und Parasiten zu Grunde gehen. Fachleute verstehen immer besser, wie sich die Abwehrtruppen des Körpers dirigieren lassen, um Tumorleiden zu bekämpfen, schwer verlaufende Infektionen zu vermeiden oder degenerativen Hirnerkrankungen entgegenzuwirken. Es ist inzwischen möglich, gegen Krebs zu impfen, Immunzellen gezielt gegen Krankheitserreger scharfzuschalten oder rekordschnell zu Gegenmitteln zu kommen, wenn eine neue Seuche um sich greift. Das zeigte sich deutlich während der Coronapandemie, als mRNA-Impfstoffe Millionen Menschen das Leben gerettet haben. Für ihre entscheidenden Beiträge dazu bekamen Katalin Karikó und Drew Weissman im Jahr 2023 den Nobelpreis.

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