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Lasertechnik: Ultrakurze Laserblitze

Hochkonzentrierte Energiepakete von nur einer billiardstel Sekunde Dauer erzeugt ein neuartiger Lasertyp – ein handliches und punktgenaues Werkzeug für vielerlei Anwendungen in Mikromechanik, Glasfaseroptik, Chemie und Chirurgie.


Wie lange haben Sie gebraucht, diesen Satz zu lesen? Für den ersten Buchstaben nur Millisekunden (tausendstel Sekunden). Ungefähr 0,05 Millisekunden – 50 Mikrosekunden – vergehen, wenn Chemikalien durch eine Synapse diffundieren und dabei in Ihrem Gehirn ein Signal von einem Neuron zu einem anderen weiterleiten. Halten Sie diese Zeitschrift in angenehmer Leseentfernung? Das Licht braucht eine oder zwei Nanosekunden (milliardstel Sekunden‚), um von dort zu Ihren Augen zu gelangen und ungefähr 20 Pikosekunden (billionstel Sekunden), um durch die Augenlinse zu dringen. Trotzdem sind diese rapiden Naturvorgänge von geradezu epischer Länge im Vergleich zu den kürzesten künstlichen Prozessen, die noch tausendmal schneller ablaufen: Laserpulse, die nur wenige Femtosekunden (billiardstel Sekunden) dauern.

Die Kürze einer Femtosekunde ist kaum vorstellbar; diese 10E-15 Sekunden verhalten sich zu einer Sekunde wie diese zu 32 Millionen Jahren. Pro Sekunde vergehen mehr als zehnmal so viele Femtosekunden, wie Stunden seit dem Urknall verstrichen sind. Einige der fundamentalsten Prozesse im Universum – Elektronenbewegungen zwischen Atomen und das Bilden oder Lösen von Molekülbindungen – brauchen ein paar Hundert Femtosekunden oder weniger. Wissenschaftler haben solche kurzen Ereignisse mittels ähnlich kurzen Laserpulsen detailliert untersucht; für seine einschlägige Pionierarbeit erhielt Ahmed H. Zewail vom California Institute of Technology 1999 den Nobelpreis für Chemie (Spektrum der Wissenschaft 12/1999, S. 12). Anderen Forschern sind praktisch Momentaufnahmen der Elektronenbewegung in Halbleitern gelungen; dies ermöglicht den Bau raffinierter optoelektronischer Geräte, die den Forderungen der Computer- und Telekommunikationsindustrie nach immer schnellerer Signalverarbeitung gerecht werden.

Ultrakurz gepulste Laser haben seit Mitte der sechziger Jahre, als die ersten Prototypen auftauchten, eine rasante Entwicklung durchgemacht. Vor allem im letzten Jahrzehnt wurden die Pulse kürzer als 10 Femtosekunden, und eine neue Generation von vielseitigen, kompakten Ultrakurzpuls-Lasern entstand – ein revolutionärer Fortschritt gegenüber ihren unhandlichen, launischen und energiehungrigen Vorgängern. Solche Lasertypen nutzen nicht-lineare optische Phänomene sowie verbesserte Diodenlaser; sie sind zuverlässig und erfüllen die strikten Spezifikationen für industrielle und medizinische Anwendungen.

Heute, am Beginn des 21. Jahrhunderts, werden diese neuartigen Femtosekunden-Laser immer vielseitiger und intensiver; ihre Strahlung erstreckt sich über einen weiten Bereich des elektromagnetischen Spektrums – von kurzwelliger Röntgenstrahlung bis zum fernen Infrarot – und erreicht gewaltige Spitzenleistungen von einigen Petawatt (Milliarden Megawatt, 10E15 Watt).

Viele Anwendungen der Femtosekunden-Laser nutzen die hohe Leistung, die jeder einzelne Puls kurzzeitig liefert. Obwohl die mittlere Leistung des Lasers mäßig und die Gesamtenergie eines Pulses klein sein mag, garantiert seine extrem kurze Dauer eine große momentane Spitzenleistung. In einem typischen System ist das Intervall zwischen den einzelnen Pulsen 100000-mal länger als diese selbst, und darum liegt die Spitzenleistung rund 100000fach über dem Durchschnittswert. So liefert ein 100 Femtosekunden dauernder Puls mit nur drei Mikrojoule Energie – sie reicht nicht einmal aus, einen Wassertropfen um ein millionstel Grad Celsius zu erwärmen – eine Spitzenleistung von 30 Megawatt.

Werden derart hohe Leistungen auf einen Punkt fokussiert, können sie viele Materialien oberflächlich abtragen – ein ideales Werkzeug für die Mikromechanik, für mikroskopisches Bohren, Schneiden und Schweißen. Die Präzision lässt sich sogar über die Fokussierung hinaus steigern, wenn man die Pulsintensität sorgfältig so einstellt, dass nur der hellste Zentralbereich des Strahls das Material über den Schmelzpunkt erwärmt. Der Puls schafft die Energie so schnell zum Brennpunkt, dass die Wärme nicht in das unbestrahlte Gebiet rundum abfließen kann; dies garantiert glatte und präzise Konturen.

Auf diese Weise lassen sich Diamant, Titancarbid und Zahnemaille exakt bearbeiten. Die Laser vermögen sogar hochexplosive Stoffe zu schneiden, weil sie das Material in einem Punkt verdampfen, ohne das Umfeld zur Explosion zu bringen. Dieses Verfahren könnte helfen, Sprengkörper zu entschärfen. Es gibt auch zahlreiche chirurgische Anwendungen. Zum Beispiel kann ein ultrakurz gepulster Laser winzige Löcher in die Herzwand bohren, um Herzmuskeln, deren Blutgefäße irreparabel verstopft sind, mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen. Femtosekunden-Pulse eignen sich dafür besonders gut, da sie auf Grund ihrer geringen mittleren Leistung das umgebende Gewebe schonen. Am Lawrence Livermore National Laboratory haben Wissenschaftler mit sorgsam gesteuerten Ultrakurzpulsen Knochengewebe aus dem Innern der Wirbelsäule entfernt, ohne das benachbarte Nervengewebe zu beschädigen. An der University of Michigan und der Universität Heidelberg gelang eine ungewöhnliche Art der Augenoperation: Ein Strahl von Femtosekunden-Pulsen wird exakt auf eine bestimmte Tiefe der Hornhaut fokussiert und erzeugt ein kleines Netz zusammenhängender Bläschen oder Hohlräume. Anschließend lässt sich die oberste Hornhautschicht zur Seite klappen und gibt die darunter liegende Schicht zum Entfernen frei. Die völlig intakte oberste Schicht wird danach wieder aufgelegt. Die so erzeugte Abflachung der Hornhaut dient der Korrektur von Kurzsichtigkeit; der Laser schneidet die Hornhaut glatter und präziser als jedes Skalpell.

Eine nahe liegende Anwendung einer neuen Lichtquelle sind neuartige Abbildungsmethoden. In Biologie und Medizin beruhen bildgebende Verfahren oft auf speziellen Farbstoffen oder auf natürlich vorhandenen Molekülen in Geweben, die in kurzwelligem Licht – zum Beispiel Violett – fluoreszieren. Dies geschieht, indem ein Molekül ein einzelnes Lichtquant – ein Photon – absorbiert und dafür ein anderes emittiert.

Bildgebende Verfahren


Es hätte viele Vorteile, zur Anregung langwelligeres Licht zu verwenden, aber dessen Photonen haben so wenig Energie, dass zwei oder mehr synchron zusammenwirken müssen, um ein Molekül anzuregen. Diese Multiphoton-Anregung tritt in ausreichendem Maß nur bei sehr hohen Intensitäten auf. Femtosekunden-Pulse sind genügend intensiv – doch andererseits ist ihre mittlere Leistung so schwach, dass sie das Gewebe nicht schädigen. Außerdem werden langwellige Strahlen im Gewebe weniger gestreut als kurzwellige und richten auch deshalb in den Zellen weniger Schaden an. Die Intensität lässt sich so einstellen, dass die Fluoreszenz fast nur im Brennpunkt des Strahls auftritt; das steigert die Auflösung. Diese durch Watt W. Webb von der Cornell University eingeführte Technik liefert dreidimensionale Bilder lebender Gewebe von ungeahnter Schärfe und Deutlichkeit. Eine verwandte Methode bildet Silicium-Mikrochips durch deren Kunststoffhülle hindurch ab, indem sie die durch Multiphoton-Anregung induzierten elektrischen Ströme aufzeichnet.

Wie ultrakurze Pulse entstehen


Eine andere Form der Abbildung nutzt das ferne Infrarot mit Wellenlängen von 15 Mikrometer bis 1 Millimeter. Weil die Frequenz solcher Strahlen im Terahertz-Bereich (Billionen Hertz) liegt, spricht man von T-Strahlen. Sie vermögen tief in viele Materialien einzudringen, die für kürzere Wellenlängen – etwa sichtbares Licht – undurchsichtig wären. In der Tat sind viele gebräuchliche Materialien für Terahertz-Strahlung relativ transparent. Andererseits ermöglichen T-Strahlen höhere Auflösungen als Mikrowellen, deren Wellenlängen im Zentimeterbereich liegen.

In den achtziger Jahren gelang David Auston an der Columbia University das Erzeugen von Terahertz-Strahlen, indem er ultrakurze Pulse auf speziell maßgeschneiderte Halbleiter-Strukturen schoss: Die Pulse induzierten Elektronenbewegungen, die wiederum die T-Strahlen erzeugten. Durch Laserpulse produzierte T-Strahlen lassen sich leicht von Hintergrundstrahlung und Rauschen trennen; sie können Schichten sehr ähnlichen Materials voneinander unterscheiden, etwa verbranntes Gewebe von gesundem. Bildgebende Verfahren mit Terahertz-Pulsen wurden erstmals 1995 von Martin Nuss an den AT&T Bell Laboratories (jetzt Lucent Technologies) demonstriert und stecken noch immer in den Kinderschuhen. Bisher sind damit elektronische Komponenten untersucht und beginnende Karies sowie andere erkrankte Gewebe nachgewiesen worden. Auf Flughäfen könnten Terahertz-Strahlen Waffen aus keramischen Werkstoffen aufspüren, die den herkömmlichen Röntgenanlagen entgehen.

In der Industrie sind Femtosekunden-Laser von unschätzbarem Wert, um während der Herstellung hochkomplexer Mikrochips genaue Messungen durchzuführen. Sie überwachen die Dicke von Metall- und Halbleiterschichten, ohne den Fabrikationsprozess zu stören (siehe "Ultrakurze Ultraschallpulse" von Humphrey Maris, Spektrum der Wissenschaft 3/1998, S. 62). Eine mögliche kommerzielle Anwendung bietet sich für die Telekommunikation an: 1997 zeigte Nuss, wie eine einzige Glasfaser mittels Femtosekunden-Pulsen mehr als 200 Datenkanäle zu übertragen vermag.

Solche Anwendungen waren noch vor zehn Jahren undenkbar, denn die damaligen Femtosekunden-Laser waren unhandlich, leistungsschwach und unzuverlässig. Heute haben revolutionäre Fortschritte zu zuverlässigen und platzsparenden Geräten geführt, die ohne weiteres in tragbare Abbildungs- oder Diagnose-Apparate eingebaut werden können. Diese Umwälzung ist eine Geschichte für sich.

Jeder Laser beruht auf optischer Verstärkung und Rückkopplung. In den späten sechziger Jahren verblüffte Rock-Star Jimi Hendrix seine Fans, indem er die elektrische Gitarre knapp vor den Verstärker hielt und durch akustische Rückkopplung lang gezogene Heultöne erschallen ließ. Etwas früher hatte Theodore H. Maiman von den Hughes-Forschungslaboratorien in Malibu (Kalifornien) etwas Ähnliches mit Licht getan: Er zeigte, dass ein angeregter Rubinstab in einem optischen Resonator durch Rückkopplung einen intensiven Laserstrahl hervorbringt. Den optischen Hohlraumresonator bilden einfach zwei Spiegel; der Stab wirkt als optisches Verstärkermedium. Während das Licht im Hohlraum hin und her reflektiert wird, gewinnt es immer mehr Intensität. Einer der beiden Spiegel ist teilweise durchlässig, wodurch ein Teil des Lichts entweichen und den eigentlichen Laserstrahl bilden kann. Der Hohlraum lässt nur bestimmte Schwingungsmoden zu: Zwischen die Spiegel müssen ganzzahlige Vielfache der Wellenlängen passen. Sie sind das optische Äquivalent der harmonischen Obertöne auf den Saiten der Gitarre von Jimi Hendrix.

Ein gewöhnlicher Laser emittiert einen kontinuierlichen Lichtstrahl in einer Farbe, die der Frequenz einer dieser Moden entspricht. Doch ein kurzer Laserpuls muss ein breiteres Frequenzspektrum enthalten – gleichsam einen Akkord aus vielen Noten. Dies folgt aus der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: Je kürzer der Puls, desto größer seine Bandbreite, genau wie bei einem Teilchen mit eng festgelegtem Ort, das dafür eine breite Geschwindigkeitsverteilung haben muss. Zu einem 10-Femtosekunden-Puls gehört ein ungefähr 100 Nanometer breites Spektrum. Das ist ein riesiger Bereich: Im Optischen würde er ein Drittel aller sichtbaren Wellenlängen umfassen – sämtliche Farben von Cyanblau bis Orange. Hingegen hat der rote Strahl eines normalen Diodenlasers eine Bandbreite von weniger als einem Nanometer.

Um einen ultrakurzen Puls zu erzeugen, müssen all die vielen Tausenden von Moden in Phase schwingen. Man stelle sich eine Reihe unterschiedlicher Glocken in einem Turm vor. Wenn sie zufällig läuten, ist das Ergebnis eine fortwährende Kakophonie. Doch wenn sie synchron in regelmäßigen Intervallen schwingen, erzeugen sie eine Folge gleichmäßiger Akkorde. Analog dazu ist in der so genannten modengekoppelten Betriebsart das gesamte Licht im optischen Hohlraum des Lasers auf einen diskreten ultrakurzen Puls beschränkt, der zwischen den Spiegeln hin und her läuft. Der Laser emittiert durch seinen teildurchlässigen Spiegel eine periodische Folge von Lichtpulsen.

Gefährliche Mischung von Farbstoff und Lösungsmittel


Um ein breites Frequenzspektrum zu verstärken, braucht man ein speziell dafür geeignetes Medium. In den ersten abstimmbaren Femtosekunden-Lasern – das heißt in solchen mit veränderlicher Ausgangsfrequenz – dienten als Breitband-Verstärkungsmedium organische Färbemittel, die in viskosen Flüssigkeiten gelöst waren. Solche Farbstofflaser sind meist groß, kompliziert und wartungsaufwendig. Sie fressen viel Strom, liefern aber nur einen mittleren Output von ein paar Milliwatt.

Bei Pulslängen unter 20 bis 30 Femtosekunden stoßen Farbstofflaser an ihre Grenzen. Auch sind sie für viele Anwendungen nicht zuverlässig genug. Die Kombination von Farbstoff und Lösungsmittel ist nicht ungefährlich – vor allem, wenn sie unter hohem Druck durch enge Düsen gepresst wird. Die Farbstoffe werden nämlich bei jedem Puls optisch ausgelaugt und müssen sofort erneuert werden. Manche Laserforscher erinnern sich noch, wie sie bei ihrem Eintritt ins Gebiet der ultrakurzen Pulse buchstäblich getauft wurden, und zeigen stolz auf die Farbspritzer auf dem Laborboden und an der Decke.

Den ersten großen Fortschritt brachte die Entdeckung moderner Breitband-Kristalle, die Wellenlängen vom Sichtbaren bis hin zum mittleren Infrarot – rund 3000 Nanometer – emittieren und verstärken können. Das beliebteste dieser Materialien, mit Titan dotierter Saphir, entwickelte Peter Moulton am Lincoln-Laboratorium des Massachusetts Institute of Technology. Es kann Wellenlängen von 700 bis 1100 Nanometer verstärken und ermöglicht Pulse von weniger als vier Femtosekunden Dauer.

Damit der Laser anstelle eines kontinuierlichen Strahls eine periodische Folge von Pulsen produziert, muss er viele Millionen Moden exakt in Phase koppeln. Anfangs verwendete man dafür zwei gekoppelte und exakt gleich lange optische Hohlräume. Aber während Forscher an der Universität St. Andrews (Schottland) 1989 versuchten, einen solchen modengekoppelten Laser zu optimieren, entdeckten sie zu ihrer großen Überraschung, dass auch ein einziger Hohlraumresonator Pulse zu erzeugen vermag.

Bald stellte sich heraus, dass diese selbsttätige Modenkopplung auf dem so genannten optischen Kerr-Effekt im Innern des Titan-Saphir-Kristalls beruht. Das Phänomen tritt auf, weil in einem transparenten Material – wie Glas oder Titan-Saphir – sehr intensives Licht sich langsamer fortbewegt als weniger intensives. Da ein Laserstrahl in seiner Mitte am intensivsten ist, pflanzt sich das Licht an seinem Rand schneller fort. Dadurch wirkt der Kerr-Effekt auf den Laserstrahl wie eine Konvexlinse.

Diese Selbstfokussierung kann eine aktive Modenkopplung des Lasers bewirken, wenn man – durch eine einfache Lochblende im Hohlraum – dafür sorgt, dass ein kontinuierlicher Strahl weniger verstärkt wird als ein hin und her reflektierter Lichtpuls. Weil der geschwächte kontinuierliche Strahl sich über die gesamte Länge des Hohlraums verteilt, vermag seine geringe Intensität keine Kerr-Fokussierung auszulösen. Ein Puls entwickelt sich, wenn das optische Rauschen im Hohlraum eine momentane große Intensitätsschwankung erzeugt, die durch den Kerr-Effekt fokussiert und somit kräftig verstärkt wird. Der resultierende Puls verschlingt praktisch die gesamte zur Verstärkung verfügbare Energie. Der Laser zieht es gleichsam vor, seine Energie in den Puls zu stecken, und koppelt daher prompt die Moden in Phase. Bei den ersten Versuchen zur Kerr-Modenkopplung lösten die Forscher an der Universität St. Andrews die Pulsentwicklung aus, indem sie einfach auf einen der beiden Hohlraumspiegel klopften und dadurch einen kleinen Ausbruch optischen Rauschens verursachten.

Neuartige Spiegel und Pumpen


Der Kerr-Effekt erweitert zudem die Bandbreite eines entstehenden Pulses, was weitere Vorteile bringt. Die Kerr-Modenkopplung lieferte erstmals ultrakurze Pulse von zuvor unerreichter Leistung, die sich über einen breiten Frequenzbereich abstimmen ließen. Diese Technik hat sich als die bislang einfachste und eleganteste Methode für Femtosekunden-Pulse bewährt.

Eine bedeutsame Neuerung ist ein raffinierter Absorptionsspiegel aus Halbleitern. Die absorbierende Komponente in diesen Spiegeln mindert das Reflexionsvermögen bei geringer Lichtstärke; doch bei genügend hohen Intensitäten wird der Absorber gesättigt, und das Reflexionsvermögen des Spiegels nimmt zu. Dadurch begünstigen die Spiegel die Pulsentstehung im Hohlraum gegenüber dem kontinuierlichem Output – ähnlich wie die Kerr-Modenkopplung. Außerdem können sie die Entwicklung eines Pulses aus sehr geringem Hohlraum-Rauschen anregen. Solche Laser wurden 1991 zum ersten Mal von Forschern der AT&T-Bell-Laboratorien entwickelt.

Weitere wichtige Verbesserungen betreffen die Anregungsquellen – die so genannten Pumpen – der Titan-Saphir-Laser. So wie ein Gitarrenverstärker elektrischen Strom benötigt, braucht ein Laser Energie, um seinen Strahl zu verstärken. Beim Titan-Saphir-Kristall liefert ein kontinuierlicher Laser diese Pumpenergie: Der Pumpstrahl dringt in den Kristall ein und regt Atome an, die gleich wieder in ihren Grundzustand zurückkehren und so zu dem gepulsten Laserstrahl noch mehr Licht beisteuern. Anfangs wurden die Titan-Saphir-Laser von Argon-Ionen-Lasern gepumpt; diese großen Anlagen verschlingen 10 und mehr Kilowatt elektrischer Leistung, um nur 10 bis 20 Watt blau-grünen Lichts zu erzeugen. Die hohen Kosten für Betrieb und Wartung machten solche Pumplaser noch unattraktiver.

Heutzutage lassen sich Titan-Saphir und verwandte Materialien mit effizienten Festkörperlasern pumpen, die ihrerseits von kompakten Diodenlasern hoher Leistung gespeist werden. Die diodengepumpten Festkörperlaser übertreffen ihre Argon-Ionen-Vorgänger in fast je-der Hinsicht: Sie liefern bis zu 10 Watt grünen Lichts, beanspruchen zehnmal weniger Platz, beziehen ihren Strom aus der Steckdose und sind wesentlich billiger im Betrieb.

Der nächste Schritt liegt auf der Hand: Der zwischengeschaltete Festkörperlaser soll entfallen und der Femtosekunden-Laser direkt mit einem Diodenlaser gepumpt werden. Die Reduzierung von drei auf zwei Stufen wird die Geräte verkleinern und den Wirkungsgrad erhöhen. Leider gibt es noch keine Diodenlaser der erforderlichen Wellenlänge und Ausgangsleistung. Doch Dioden haben schon einige andere Kristalle gepumpt, deren Pulse den Vergleich mit Titan-Saphir-Lasern nicht zu scheuen brauchen – zum Beispiel Colquiriit-Kristalle, die nach ihrem Entdeckungsort, der bolivianischen Zinn-Mine Colquiri, benannt sind. Mit Chrom dotierte Colquiriiten sind eine hervorragende Alternative zu Titan-Saphir, da sie in einem ähnlichen Wellenlängenbereich oszillieren, aber mit kommerziell erhältlichen roten Diodenlasern gepumpt werden können. Optisch brauchbare Colquiriiten wurden erstmals am Lawrence Livermore Laboratory synthetisiert und haben zur Entwicklung besserer optischer Resonatoren für ultrakurze Pulse geführt.

An der Universität St. Andrews haben wir den Wirkungsgrad von direkt diodengepumpten Femtosekunden-Lasern wesentlich verbessert, indem wir die zur Modenkopplung erforderliche Pumpleistung reduzierten: Wir verwenden als Pumpen ähnlich energiesparende Dioden wie die in DVD-Spielern gebräuchlichen. Auch galt es, die Verluste im Laser-Hohlraum zu minimieren. Wir haben Femtosekunden-Laser gebaut, die von gewöhnlichen Taschenlampenbatterien mit Strom versorgt werden und weniger Platz brauchen als eine Seite dieses Hefts.

Ein Laser dieses Typs erzeugt 100-Femtosekunden-Pulse mit einer mittleren Leistung von 10 Milliwatt. Er verbraucht nur ein Watt Strom – ein enormer Fortschritt gegenüber den 100 Kilowatt, die ein modengekoppelter Farbstoff-Laser gleicher Ausgangsleistung verschlingt.

Auch dünne Glasfasern können Femtosekunden-Pulse erzeugen, sofern keine Abstimmung – variables Einstellen der Lichtfrequenz – verlangt wird. Solche Laser nutzen kurze Stücke dotierter Glasfaser als Verstärkungsmedium. Sie sind eine handliche Quelle für Femtosekunden-Pulse und eignen sich ideal für industrielle Anwendungen. Anfang des Jahres bauten Forscher der Firma IMRA America in Ann Arbor (Michigan) einen Femtosekunden-Glasfaserlaser mit mittleren Ausgangsleistungen von mehr als 10 Watt.

Optimale Kompaktheit wäre erreicht, wenn ultrakurze Pulse direkt von speziellen Laserdioden erzeugt würden. Soweit sind wir noch nicht, doch schon die heutigen Festkörper-Femtosekunden-Laser haben den Schritt aus dem Speziallabor in die praktische Anwendung geschafft.

Bei hohen Energien kann die Intensitätsspitze eines ultrakurzen Pulses die herkömmliche Laseroptik beschädigen sowie die Eigenschaften des Verstärkungsmediums verändern oder es gar zerstören; immerhin wurde schon vorgeschlagen, mit Femtosekunden-Pulsen hoher Leistung auf Gewitterwolken zu zielen, um diese durch Ionisieren der durchstrahlten Luft zu entladen. Lange Zeit beschränkte dieser Umstand die Intensität eines gebündelten Laserstrahls auf rund 1015 Watt pro Quadratzentimeter. Im Jahre 1985 entwickelten Gérard A. Mourou und Donna Strickland an der Universität von Rochester eine spezielle Technik, um mit solchen Problemen fertig zu werden: Die Pulse werden gestreckt, wodurch sie an Intensität verlieren und mit einem herkömmlichen Lasermedium verstärkt werden können. Die verstärkten gestreckten Pulse werden anschließend durch ein robustes Beugungsgitter in Vakuum wieder komprimiert.

Anfänglich brauchte man viele Verstärkungsschritte und war deshalb auf große Laboranlagen angewiesen. Heute gibt es tischgroße Terawatt-Laser (10E12 Watt Eingangsleistung), deren Strahlen auf extrem große Intensitäten – bis zu 10E18 Watt pro Quadratzentimeter – fokussiert werden können. Mit ihnen wurde bereits Plasma hergestellt, das wiederum ultrakurze Pulse weicher Röntgenstrahlung für Mikroskopie und Lithographie erzeugt hat. In diesen Plasmen herrschen so starke elektrische Felder, dass die Elektronen sich relativistisch verhalten und Experimente zur speziellen Relativitätstheorie und zur Quantenmechanik ermöglichen. Kürzlich wurde im Brennpunkt eines tischgroßen Systems, das Terawatt-Pulse von nur 35 Femtosekunden Dauer liefert, sogar die Kernfusion von Deuterium vorgeführt.

Höchste Leistung


Große Laser-Anlagen erreichen im Target Intensitäten bis zu 2 x 10E21 Watt pro Quadratzentimeter sowie Puls-Spitzenleistungen im Petawatt-Bereich (10E15 Watt) – tausendmal mehr als ein Blitzschlag. Solche Laser können durch den erzeugten Strahlungsdruck und andere Effekte Materie mit dem 10E22fachen der Erdanziehung beschleunigen; das ist viel mehr als in der Nähe eines Schwarzen Lochs von der Masse der Sonne. Kurzzeitig entstehen Temperaturen und Druckverhältnisse wie im Innern eines Sterns.

Mit gebündelten Intensitäten von 10E30 Watt pro Quadratzentimeter werden die Physiker Materie-Antimaterie-Teilchenpaare erzeugen können. Solche Kunststücke werden die Erforschung der Quantenelektrodynamik, die das quantenmechanische Verhalten geladener Partikel bis in die feinsten Details beschreibt, noch weiter voranbringen.

Auch die Pulsdauer nimmt weiter ab. Die enorme Bandbreite von Pulsen, die kürzer als 10 Femtosekunden sind, lässt sich nutzen, um optische Frequenzen genauestens zu messen. Die Frequenzen eines modengekoppelten Lasers sind so regelmäßig verteilt wie die Zähne eines Kamms. Dieser "Kamm" kann als Standardmaß zur Frequenzmessung dienen – etwa dazu, optische Energieübergänge zwischen Atomzuständen tausendmal genauer zu bestimmen, als dies früher möglich war, oder dazu, die Feinstrukturkonstante, welche die Stärke der elektromagnetischen Kraft charakterisiert, mit nie da gewesener Exaktheit nachzumessen.

Der Rekord für kurze Pulse wurde mit Titan-Saphir-Lasern erzielt und liegt derzeit bei 4,5 Femtosekunden. Bisher werden ultrakurze Pulse durch eine Theorie beschrieben, in der die Hülle des Pulses – seine hügelförmige Amplitudenverteilung – viel langsamer variiert als die Oszillationen des Lichts innerhalb dieser Hülle. Doch Pulse, die weniger als fünf Femtosekunden dauern, enthalten nur noch wenige optische Zyklen; hier stößt die herkömmliche Theorie an ihre Grenzen, und wir dringen in physikalisches Neuland vor.

Während Femtosekunden-Pulse bereits heute das Beobachten molekularer Prozesse und atomarer Bewegungsvorgänge ermöglichen, werden mit künftigen, in Attosekunden (tausendstel Femtosekunden) messbaren Laserpulsen sogar die Bewegungen von Elektronen, Protonen und Neutronen direkt zu beobachten sein. Die ultraschnellen Laser werden es unter anderem der pharmazeutischen Forschung erlauben, die chemische Funktionsweise von Medikamenten im Detail zu klären. Sie könnten die Ströme in Halbleitergeräten und in Glasfaser-Netzwerken zur digitalen Datenübertragung im Femtosekunden-Takt steuern.

Heute sind herkömmliche Laser allgegenwärtig – vom CD-Spieler zu Hause bis zur automatischen Registrierkasse im Supermarkt. Einen ähnlichen Siegeszug aus dem Labor in die tägliche Anwendung treten nun auch die ultrakurz gepulsten Laser an.

Literaturhinweise

Terahertz Imaging Comes into View. Von Don Arnone, Craig Ciesla und Michael Pepper in: Physics World, Bd. 13, Nr. 4, S. 35, April 2000.

Ultrashort Light Pulses: Life in the Fast Lane. Von Henry Kapteyn und Margaret Murnane in: Physics World, Bd. 12, Nr. 1, S. 31, Januar 1999.

Laser. Von Fritz K. Kneubühl und Markus W. Sigrist. Teubner Studienbücher, 5. Auflage 1999

Ultrahigh-Intensity Lasers: Physics of the Extreme on a Tabletop. Von Gérard A. Mourou, Christopher P. J. Barty und Michael D. Perry in: Physics Today, Bd. 51, Nr. 1, S. 22, Januar 1998.

Laser in neuen Anwendungen. Spektrum der Wissenschaft, Dossier 2/1998.


Glossar


Laser erzeugen durch Rückkopplung und Verstärkung in einem optischen Resonator kohärente elektromagnetische Strahlung, das heißt solche mit konstanter Wellenlänge und Schwingungsphase.

Pulslaser erzeugen statt kontinuierlicher Laserstrahlen eine Folge kurzer Strahlungsstöße.

Ultrakurze Laserpulse dauern nur einige wenige Femtosekunden (10E-15 Sekunden) und sind dadurch besonders präzise und leistungsstark. Damit lassen sich exakter als mit jedem Skalpell Augenlinsen schneiden oder extrem scharfe Fluoreszenz-Aufnahmen von biologischem Gewebe herstellen.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 2000, Seite 66
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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