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Umarmungen: Auf Tuchfühlung

Wir umarmen uns himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt – und manchmal auch ganz nebenbei zur Begrüßung. Obwohl ­Umarmungen im Alltag vieler Menschen eine wichtige Rolle spielen, beginnen Psychologen erst jetzt, dieses Verhalten zu verstehen.
Große Schwester umarmt kleinen Bruder

Während einer Ausgrabung in Val­daro nahe der norditalienischen Stadt Mantua machte Elena ­Maria Menotti im Februar 2007 eine spektakuläre Entdeckung. Die Archäologin stieß auf zwei Skelette aus der Jungsteinzeit. Vor etwa 5000 bis 6000 Jahren waren ein Mann und eine Frau eng umschlungen begraben worden. Ein Sensationsfund! Die Presse überschlug sich mit Nachrichten. Ein Name war schnell gefunden: »Die Liebenden von Valdaro«. Ob die beiden wirklich in einer romantischen Beziehung gewesen waren und weshalb ihre Hinterbliebenen sie in dieser Pose beerdigt hatten, wird wohl für immer ungeklärt bleiben. Eines jedoch ist seither sicher: Menschen umarmen sich bereits seit Tausenden von Jahren.

Umso erstaunlicher ist es, dass Umarmungen erst seit Kurzem in den Fokus der Forschung gerieten. Dabei spielen sie im Leben vieler Menschen eine wichtige Rolle. Nach dem Jawort auf der Hochzeit, beim Geburts­tag der besten Freundin oder wenn man das ­Abitur geschafft hat – in den glücklichsten Momenten unseres Lebens nehmen wir andere in den Arm. Die Geste ist aber auch in besonders tragischen Zeiten bedeutsam. Auf einer Beerdigung, nach einer Krebsdiagnose oder wenn man aus heiterem Himmel ein Kündigungsschreiben bekommt: Hat man das Gefühl, die Welt bricht auseinander, drückt eine Umarmung besser als tausend Worte aus: »Ich bin für dich da.« Doch wir umarmen uns nicht nur in sehr emotionalen Momenten, sondern manchmal ganz nebenbei, zum Beispiel zur Begrüßung, wenn wir mit Bekannten einen Kaffee trinken gehen. Umarmungen sind ein Multifunktionswerkzeug nonverbaler Kommunikation…

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Gehirn&Geist – Selbstüberschätzung: Wie Unwissenheit zu falschem Selbstvertrauen führt

Laut dem Dunning-Kruger-Effekt führt Unwissenheit zur Selbstüberschätzung, weil die Kompetenz fehlt, seine Grenzen zu erkennen. Andere Fachleute bezweifeln die psychologische Erklärung, manche halten den Effekt sogar für ein reines statistisches Artefakt. Ist dem wirklich so? Daneben geht David Dunning im Interview auf seine Studien über Selbstüberschätzung, Wunschdenken und leichtfertiges Vertrauen ein. Darüber hinaus erfahren Sie in dieser Ausgabe, wie künstliche Intelligenz die Analyse von Hirnaktivitäten auf ein neues Niveau hebt und damit neue Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Gehirns ermöglicht. Lähmungen oder Zittern ohne erkennbare Ursache galten lange als rätselhaft, doch langsam werden funktionelle Bewegungsstörungen immer besser verstanden und wirksame Therapien entwickelt. Im Rahmen der Serie »Die Sprache der Wale« stellen wir die komplexe Sprache der Delfine und Wale vor und wie diese mit künstlicher Intelligenz entschlüsselt wird. Zudem berichtet der Biologe Lars Chittka über seine Forschungen an Bienen und andere Insekten, die weitaus komplexere kognitive Fähigkeiten besitzen als bislang gedacht.

Spektrum - Die Woche – Wer inkompetent ist, überschätzt sich gern

Wer in Tübingen lebt, kommt kaum am Stocherkahn vorbei – charmant wie eine Gondel, aber mit Muskelkraft betrieben. Was einfach aussieht, entpuppt sich als schweißtreibend. Warum wir uns oft überschätzen und was der Dunning-Kruger-Effekt wirklich erklärt, lesen Sie in unserer Titelgeschichte.

Gehirn&Geist – Die Facetten unserer Persönlichkeit

Was formt die Persönlichkeit? In dieser Ausgabe erfahren Sie, wie Charakterzüge entstehen, welche psychologischen Modelle überzeugen und was für einen Einfluss etwa die Darmflora auf unser Verhalten hat. Außerdem werfen wir einen Blick auf die dunkleren Seiten des Ichs und mehr.

  • Quellen

Cohen, S. et al.: Does hugging provide stress-buffering social support? A study of susceptibility to upper respiratory infection and illness. Psychological Science 26, 2015

Dueren, A. L. et al.: The influence of duration, arm crossing style, gender, and emotional closeness on hugging behaviour. Acta Psychologica 221, 2021

Ocklenburg, S. et al.: Social touch in the age of computational ethology: Embracing as a multidimensional and complex behaviour. Online unter: https://psycnet.apa.org/record/2022-50524-001

Packheiser, J. et al.: Embracing your emotions: Affective state impacts lateralisation of human embraces. Psychological Research 83, 2019

Packheiser, J. et al.: The association of embracing with daily mood and general life satisfaction: An ecological momentary assessment study. Journal of Nonverbal Behavior 46, 2022

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