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Und er fliegt doch – Leonardos Fallschirm



Zu den vielen teils visionären me-chanischen Entwürfen des Universalgenies Leonardo da Vinci zählte außer diversen Fluggeräten auch der erste Fallschirm. Experten hielten die relativ schlichte pyramidenförmige Konstruktion bisher allerdings nicht für flugtauglich. Doch nun hat der Brite Adrian Nicholas sie eines Besseren belehrt: Obwohl Fallschirmkonstrukteure ihn gewarnt hatten, dass Leonardos Pyramide im Flug nicht stabil sei, riskierte er mit einem Nachbau den Absprung – und kam heil am Boden an.

Nicholas zählt zu den weltbesten Fallschirmspringern und hält den Rekord für den längsten freien Fall – über fast 16 Kilometer. Der Nachweis der Flugtauglichkeit von Leonardos Fallschirm war der Lebenstraum des 38-jährigen Londoners. Für den Nachbau benutzte er nur Materialien, die in Norditalien zur Zeit der Renaissance erhältlich waren: Segeltuch für die vier Pyramidenseiten und Holz für den Rahmen der quadratischen Basis. Allerdings umwickelte er die Ecken mit modernen Klebstreifen, um sicher zu gehen, dass der Schirm beim Ruck des Abhebens an diesen kritischen Stellen hielt.

Da sich der sperrige Schirm nicht wie seine heutigen Nachfolger erst in der Luft entfaltet, war der Absprung von einem Flugzeug ausgeschlossen. Nicholas benutzte bei seinem riskanten Versuch in Südafrika deshalb einen Heißluftballon als Träger. Vor dem Ausstieg in 3500 Metern Höhe ließ er den Ballon in den Sinkflug übergehen, damit sich die Leinwand aufblähte.

Dann segelte Nicholas fünf Minuten lang an der Pyramide mit Luftloch an der Spitze abwärts. In einer Höhe von 500 Metern klinkte er sich schließlich aus und brachte den Sprung mit einem konventionellen Schirm zu Ende – er wollte nicht riskieren, von dem immerhin 85 Kilogramm schweren Ungetüm bei der Landung erschlagen zu werden.

Anschließend zeigte sich Nicholas begeistert über das Flugverhalten der Leonardoschen Konstruktion. Er habe das Gefühl gehabt, ganz sanft unter einem Ballon zu schweben.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 8 / 2000, Seite 26
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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