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Vollautomatisches Parkhaus


In diesem Monat geht in Augsburg eine Tiefgarage in Betrieb, die dem Kunden minutenlange Fahrten auf schummrigen Rampen und Decks, die Suche nach einem freien Platz und den Rückmarsch zum Ausgang durch schlechte Luft erspart: Er fährt einfach seinen Wagen in eine Box auf Straßenniveau, zieht einen Parkschein und kann seiner Wege gehen. Ein computergesteuertes Fördergerät stellt das Auto ab und liefert es auch wieder an.

Von ähnlichen Einrichtungen in anderen Städten unterscheidet sich die Parkanlage des Münchener Bauunternehmens Maurer Söhne durch das Transportsystem. Es wurde aus der Lager- und Fördertechnik für die spezielle Anwendung modifiziert: Die 200 Stellplätze sind entlang einer wendelförmigen Schiene angeordnet, auf der ein Tender auf und ab fährt wie eine Schraube im Gewinde der Mutter (Bild). Für den maximalen Weg benötigt es 2,5 Minuten.

Dieser von vier Elektromotoren angetriebene Transporter verfügt in der Augsburger Anlage über vier Arme, so daß er ebenso viele Fahrzeuge gleichzeitig bewegen kann. Ein Übersetzgerät auf jedem Arm fährt unter das Automobil, hebt die Vorderräder an und bewegt es auf den Tender oder auf den Parkplatz; bei blockierten Hinterrädern werden auch diese angehoben.

Die gesamte Anlage wird von einer speicherprogrammierbaren Steuerung, wie sie bei Fertigungsanlagen üblich ist, kontrolliert. Pro Stunde sollen maximal 50 Fahrzeuge ein- und ausparken können. Um Wartezeiten zu minimieren, verfügt die Steuerung über Algorithmen zur Wegeoptimierung und Vorgangssynchronisation; so kann der Tender während einer Fahrt sowohl be- als auch entladen werden, um alle vier Arme auszulasten. Zusätzliche Sonderfunktionen sind etwa das Wiederfinden von Automobilen, wenn der Kunde sein Ticket verloren hat, oder Maßnahmen zur Branderkennung und -bekämpfung.

Weil im Parkhaus selbst kein Auto fährt, entfällt der Aufwand für Belüftungs-, Beleuchtungs- und Sprinkleranlagen; und da kaum Personal gebraucht wird, sollen die Betriebs- und Wartungskosten des Augsburger Parkhauses unter 500 Mark pro Platz und Jahr liegen, während herkömmliche Tiefgaragen mehr als das Doppelte erfordern. Allerdings sind deren Kosten konstant, während sie bei dem neuen System von der Zahl der Ein- und Ausparkvorgänge und dem damit verbundenen Energieverbrauch abhängen. Die für das Augsburger Projekt zugrunde gelegte Kalkulation nimmt eine Mischung von Dauer- und Kurzparkern an und veranschlagt vier komplette Zyklen pro Tag und Parkplatz mit Energiekosten von jeweils 10 Pfennig. Dies sind 40 Prozent der von Paternoster- und 60 Prozent der von Hochregallager-Anlagen.

Weil Zu- und Abfahrtswege weitgehend entfallen, läßt sich die umbaute Fläche auch besser nutzen als mit herkömmlichen Tiefgaragen. Ein weiterer Vorteil ist die zylindrische Bauweise, die Druck besser aufnehmen kann als eine rechteckige. Dies war im Augsburger Baugebiet von Vorteil, weil dort der Grundwasserspiegel sehr hoch liegt.

(K.-D. L.)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 5 / 1995, Seite 122
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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