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Von der Idee zum Projekterfolg



as wesentliche Ziel der europäischen Forschungs- und Technologiepolitik ist die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und die Stärkung der dafür notwendigen wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen. Diesem Ziel sind die europäischen Forschungsprogramme verpflichtet, und es sollte bei einer Antragstellung nicht aus dem Auge verloren werden. Dabei wird gemäß dem Subsidiaritätsprinzip nur das gefördert, was auf nationaler Ebene nicht erreicht werden kann.

Wie geht man vor, was muß man beachten, was bedenken, wenn man sich um die Förderung eines Forschungsvorhabens in Brüssel bewerben will? Zunächst einmal ist zu klären, ob ein geplantes Vorhaben inhaltlich in die Zuständigkeit europäischer Förderprogramme fällt und ob die in diesen Programmen vorgesehenen Fördermaßnahmen für die Durchführung des konkreten Vorhabens in Frage kommen. Neben einer Klärung dieser grundsätzlichen Frage empfiehlt es sich, einige prinzipiellen Gepflogenheiten zu beachten, wie wir sie in unseren Antworten zu den am häufigsten gestellten Fragen erläutern.


Wann ist dienächste Ausschreibung?


In der Regel werden die einzelnen Fördermaßnahmen zeitlich begrenzt ausgeschrieben. Dazu dient eine "Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen", die im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wird. Um laufend informiert zu sein, kann sich ein Interessent von den Beratungsstellen auf diese Termine hinweisen lassen.


Stehen aktuelle Informations- und Antragsunterlagen zur Verfügung?


Anträge werden in einer Mischung aus Formblättern und frei zu erstellendem Text gestellt. Zu jedem Programm gibt es ein sogenanntes Informationspaket, das neben einer Beschreibung der Programmziele und -inhalte sowie der vorgesehenen Förderinstrumente, die notwendigen Antragsformulare und Anweisungen enthält. Häufig werden diese Informationspakete zu jeder Ausschreibung aktualisiert – ältere Ausgaben mögen zwar noch gültig sein, ihnen fehlen aber vielleicht entscheidende Hinweise oder Präzisierungen! Sie können dieses Informationspaket bei der in der Ausschreibung angegebenen Adresse oder der zutreffenden Beratungsstelle anfordern. Voraussichtlich werden sie von der Europäischen Kommission auch im Internet bereitgestellt.


Haben Sie genügendausländische Partner?


Mit ganz wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel kleinere Studien oder Veranstaltungen, fordern die europäischen Forschungsprogramme die Bildung von internationalen Konsortien zur Durchführung der beantragten Projekte. Die Mindestzahl an Partnern aus den teilnahmeberechtigten Ländern kann je nach Programm oder Fördermaßnahme variieren, oft liegt die durchschnittliche Partneranzahl geförderter Projekte jedoch über dieser Zahl.


Fehlen noch spezielle Partner?


Manche Programme schreiben die Teilnahme von Industrie- oder kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vor, manche fordern die Teilnahme von Partnern aus bestimmten Regionen. Die Beratungsstellen können über die jeweils gültigen speziellen Bedingungen aufklären und bei der Partnersuche helfen. Ein wesentliches Interesse der europäischen Forschungsförderung besteht darin, die erzielten Ergebnisse in marktfähige Produkte oder Verfahren umzusetzen. Wenn ein geplantes Vorhaben einen solchen Anwendungsbezug aufweist, so sollten Partner in das Konsortium eingebunden sein, die diese Umsetzung garantieren.


Wie ist die Rollenverteilungim Konsortium?


In die Planung für ein Projekt sollten rechtzeitig Überlegungen zu dessen Management einfließen. Oft tragen nicht alle Partner in einem Konsortium gleichermaßen zu den Forschungsarbeiten bei, manche Arbeiten können an Dienstleister vergeben werden. Auf jeden Fall zwingend ist es, daß ein Partner koordinierende Funktion übernimmt. Dieser Koordinator ist der verantwortliche Ansprech- und Vertragspartner für die Europäische Kommission.


Apropos Geld – wieviel ist davon erforderlich?


Auch wenn die Finanzmittel der Europäischen Kommission, erst einmal bewilligt, erstaunlich flexibel eingesetzt werden können, sollten vorher einige grundlegende Überlegungen für ein plausibles Budget angestellt werden. Dabei hängt viel davon ab, welches Förderinstrument man beanspruchen möchte. Reichen etwa Mittel für einen Postdoc, der gerne aus dem europäischen Ausland kommen darf, aus (Stipendium), werden vor allem Reisemittel benötigt, weil man sich mit Kollegen abstimmen muß (Konzertierte Aktion, Thematisches Netzwerk), soll ein Workshop oder eine Konferenz zu einem bestimmten Thema durchgeführt werden (Begleitmaßnahmen), oder benötigt man Forschungsmittel in größerem Umfang (etwa für ein FTE-Projekt)?


Wie den Antrag gestalten?



Ist nun das geeignete Programm und die gewünschte Fördermaßnahme ausgewählt, kann der eigentliche Antrag gestellt werden. Wie bereits erwähnt, sind dafür eine Reihe Formblätter mit Angaben zu den jeweiligen Partnern beziehungsweise teilnehmenden Einrichtungen auszufüllen. Diese müssen bei der Einreichung mit Unterschriften aus den Verwaltungen aller Partner vorliegen – eine möglicherweise zeitraubende Angelegenheit, die in der Planung mit berücksichtigt werden sollte.

Ein Antrag sollte klar und deutlich die Ziele des gemeinschaftlichen Vorhabens beschreiben und Auskunft darüber geben, wie diese von den Partnern mit den gewählten Methoden erreicht werden können. Um die notwendige Fokussierung und Kohärenz zu erzielen, empfiehlt es sich, daß der erste Entwurf eines Antrages vom Koordinator vorbereitet und erst dann mit den Partnern abgestimmt wird. Die frei formulierbaren Teile des Antrages umfassen die Beschreibung des Projektes und der Methoden, den Zeitplan sowie wichtige angepeilte Zwischen- und Endergebnisse (milestones). Daneben gibt es, offen oder zwischen den Zeilen, die eher ungewohnten, für die europäischen Förderprogramme spezifischen Fragestellungen, zum Beispiel nach der Subsidiarität, dem europäischen Mehrwert, den Planungen zur Verwertung der Ergebnisse, der Rolle der einzelnen Partner, Ausbildungsmaßnahmen oder ähnliches. Je nach Programm gibt es unterschiedliche Strategien, diese Fragen sinnvoll zu beantworten. Hilfestellung geben auch in diesem Falle die einschlägigen Beratungseinrichtungen.


Was geschieht dann?



Sind alle Antragsunterlagen zusammengestellt, kann der Antrag bei der Europäischen Kommission eingereicht werden. Dies muß unbedingt rechtzeitig geschehen, also spätestens zu dem in der Ausschreibung angegebenen Abgabetermin erfolgen. In der Europäischen Kommission eingetroffen, wird der Antrag formal geprüft, dann durchläuft er eine wissenschaftlich-technische Evaluierung. Die Details dieses Evaluierungsverfahrens variieren von Programm zu Programm ein wenig. Grundsätzlich gilt, daß mehrere unabhängige Experten der jeweiligen Disziplin, meist aus Wissenschaft und Industrie, die Anträge beurteilen. Sie legen gemeinschaftlich eine Bewertung (Klassifikation) nach vorher genau festgelegten und dem Antragsteller bekannten Kriterien fest, die sodann im consensus report festgehalten wird. Auf der Grundlage dieser wissenschaftlichen Klassifikationen wird eine Rangfolge der Projekte erstellt, die zur Förderung vorgeschlagen werden. Diese Liste muß, bevor die Europäische Kommission die endgültige Entscheidung über die Förderung trifft, dem Programmausschuß zur Beratung und Zustimmung vorgelegt werden. Dies ist ein Gremium aus Vertretern der Mitgliedstaaten, das die Europäische Kommission bei der Durchführung der jeweiligen Programme unterstützt.

Ist ein Antrag bewilligt worden, so erhält der Koordinator eine entsprechende Mitteilung und die Aufforderung, die für die Vorbereitung der Verträge notwendigen Angaben mit den Vertragsverhandlungsformularen einzureichen. Diese sind die Grundlage für die Ausarbeitung der für jedes Förderinstrument typischen Verträge. Diese enthalten genaue Regelungen zur Durchführung des Projektes mit den entsprechenden Rechten und Pflichten aller Vertragspartner. Mitunter hält es die Kommission für notwendig, vertragliche Regelungen direkt mit den Projektpartnern zu diskutieren. Dann bittet sie eine Delegation, nach Brüssel zu reisen. Soweit gekommen, sollte ein Antragsteller unbedingt die angebotenen Beratungsmöglichkeiten nutzen und nicht unvorbereitet zu einem solch wichtigen Gespräch reisen.

Sind alle notwendigen Unterschriften unter den Verträgen, kann das Projekt starten. Dabei sollte nicht vergessen werden, daß die Europäische Kommission über die Durchführung der Forschungsarbeiten in regelmäßigen Abständen informiert werden möchte (in der Regel jedes Jahr). Vertraglich geregelt sind auch die Zahlungen der Kommission. Üblich ist eine Vorschußzahlung, die einen raschen Projektbeginn mit den erforderlichen Investitionen ermöglichen soll. Dieser folgen mehrere Zwischenzahlungen sowie eine Abschlußzahlung. Voraussetzung für die Erstattung der entstandenen Kosten, die mit entsprechenden Kostenaufstellungen nachgewiesen werden müssen, ist die Vorlage und Genehmigung der Fortschrittsberichte beziehungsweise des Abschlußberichtes. Eine Besonderheit ist hierbei, daß die Europäische Kommission einen Anteil (bisher 10 Prozent) der genehmigten Projektmittel bis zur Genehmigung des Abschlußberichtes und der abschließenden Kostenaufstellung einbehält.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 2 / 1999, Seite 970
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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