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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1944

Die "Therapeutic Research Corporation of Great Britain" erklärte erhebliche Summen für die Forschung zur Verfügung stellen zu wollen, seit man erkannt habe, daß die Penicillin-Behandlung die Bekämpfung von Meningitis, Gehirnabszessen und anderen eitrigen Erkrankungen des Zentralnervensystems ermögliche. Weiterhin führte Dr. H. A. Harkness vor dem "Royal Institute of Public Hygiene" in London aus, daß das Penicillin bei der Behandlung der Syphilis eine bedeutsame Stellung einnehmen dürfte. Auch dieser Arzt erkannte, daß Patienten, welche auf die Sulfonamide nicht reagieren, in ihrem Krankheitszustande durch Penicillin günstig beeinflußt wurden. Die Forschung ist gegenwärtig damit beschäftigt, die Natur des Penicillins zu ergründen, seine Molekularstruktur und die Ursachen seiner Heilwirkung zu ermitteln. Der nächste Schritt in der Forschung dürfte darin bestehen, das Produkt auf synthetischem Wege herzustellen. Es kann erwartet werden, daß mit dem Penicillin ein weiteres Heilmittel gewonnen wird, das neben den bisherigen wirksamen Produkten den Kampf gegen die Wundkrankheiten erfolgreich zu führen gestattet. (Schweizer Chemiker-Zeitung und Technik-Industrie, Nr. 11/12, Juni 1944, Seiten 134 bis 135)

Doppelstock-Liegewagen für Personen-Fernverkehr. Auf langen Fahrstrecken, wie sie besonders im Osten vorliegen, ist es dringend wünschbar, auch Reisenden 3. Klasse einen Liegeplatz zu bieten; anderseits sind ausgesprochene Schlafwagen hierfür zu teuer. Die Kürze der Arbeiterurlaube verlangte auch möglichst geringe Ermüdung an Reisetagen. Entsprechend den 1935/36 für den Schnellverkehr Hamburg-Lübeck-Travemünde gebauten und erfolgreich betriebenen Doppelstockwagen ist der neue Liegewagen der Linke-Hofmann-Werke in Breslau zwischen den Drehgestellen doppelstöckig, über diesen aber nur einstöckig ausgeführt. Der obere und untere Personenraum ist in offene Abteile mit einem Mittelgang aufgeteilt und bietet 90 Sitz- oder Liegeplätze, diese übereinander und versetzt. Das untere Liegelager wird aus den umgeklappten Sitzen gebildet, das mittlere am Tage an die Seitenwand unter das Fenster geklappt und das obere an die Abteildecke hochgezogen. Ein Schiebevorhang trennt die Abteile vom Gangverkehr. In den einstöckigen Wagenteilen sind Waschräume, Aborte, Gepäck, auch Teeküche untergebracht. Geheizt werden die Wagen mit Dampfröhren an der Seitenwand oder unter den Sitzen. (Schweizerische Bauzeitung, Januar bis Juni 1944, Band 123, 17. Juni 1944, Seite 305)

1894

Das reinste Wasser, welches Herr F. Kohlrausch bisher jemals hatte darstellen können, besass eine elektrische Leitfähigkeit von 0,25 x 10-10 bei 18° (Quecksilber als Einheit genommen). Das Destillat änderte jedoch rasch sein Leitvermögen in Folge von Verunreinigungen, welche aus den Glaswänden oder den Elektroden stammten. Nachdem nun die Destillirvorrichtungen fast 10 Jahre mit Wasser gefüllt gestanden hatten, wurden sie von den Herren F. Kohlrausch und Ad. Heydweiller zu neuen Versuchen benutzt, und es wurde nun ein Wasser gewonnen, welches bei 18° nur noch ein Leitvermögen von 0,0404 x 10-10 besass. 1 mm dieses Wassers hat bei 0° einen Widerstand wie ein 40 Millionen Kilometer langer Kupferdraht von gleichem Querschnitt, den man also 1000mal um die Erde legen könnte. Wahrscheinlich ist dieses Wasser das reinste, welches jemals existiert hat, sei es künstlich bereitetes oder in der Natur vorhandenes. Die blosse Berührung mit der Luft steigerte seine Leitfähigkeit in kurzer Zeit auf das Zehnfache. Die noch vorhandenen Verunreinigungen kann man auf einige Tausendstel Milligramm im Liter schätzen. (Naturwissenschaftliche Rundschau. IX. Jg., Nr. 24, Seite 311)

Ueber das Fliegen der Fische. In einem in der physiologischen Gesellschaft zu Berlin am 9. März gehaltenen Vortrage zeigte nun Herr Rene du Bois Reymond wie der Flug der Fische im Lichte der neuen Lilienthal'schen Untersuchungen eine sehr einfache Erklärung findet, wenn man denselben als "Segelflug" dem Segeln der Vögel und den Experimenten Lilienthal's an die Seite stellt. Da jetzt erwiesen ist, dass gewölbte Flügelflächen im Verein mit der verticalen Komponente des Windes einen schweren Körper in der Luft zu tragen vermögen, so genügt, wie der Vortragende ausführt, bei einer Pfeilhöhe der Flosse des Exocoeten von 3 bis 4 mm eine Geschwindigkeit von 9 m (pro Sekunde), um den 60 g schweren Fisch, dessen Flügelfläche 60 cm2 beträgt, zu tragen. Nach den Beobachtungen scheint übrigens die Geschwindigkeit des fliegenden Fisches 15 m zu erreichen. (Naturwissenschaftliche Rundschau, IX. Jg., Nr. 22, Seite 288)

Neue Versuche über die Fortpflanzungs-Geschwindigkeit der Elektrizität wurden der Pariser Akademie am 23. Oktober mitgetheilt. Maxwell hatte aus theoretischen Betrachtungen eine derjenigen des Lichtes gleiche Fortpflanzungsgeschwindigkeit (300000 km in der Sekunde) abgeleitet, Fizeau dage-gen bei directer Messung (1850) nur 177700 km gefunden. R. Blondlot hat nunmehr neue Messungen angestellt und bei Anwendung eines Kupferdrahtes von 9 km Länge 298000 km erhalten. Die Uebereinstimmung dieser beiden Ergebnisse und ihre Annäherung an die Maxwellsche Zahl ist um so bemerkenswerther, wenn man die Schwierigkeit des Experiments erwägt; auch vermochte Blondlot leicht die Fehlerquelle der Fizeauschen Bestimmung nachzuweisen. (Prometheus, V. Jg., Nr. 227, Seite 303)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 6 / 1994, Seite 132
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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