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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1945

Bis vor kurzem kannte man Silizium enthaltende Werkstoffe nur in der Keramik, wo sie eine bedeutende Rolle spielen. Es sind dies alles harte, spröde, hitzebeständige, zum Teil hochhitzebeständige Stoffe. In neuester Zeit gelang es nun, auf der Basis von Silizium ähnlich aufgebaute Verbindungen zu entwickeln wie in der organischen Chemie und damit einen ganz neuen, großen Zweig der Chemie sprießen zu lassen. Silizium ist wie Kohlenstoff vierwertig und bietet daher wie dieser zahlreiche Bindungsmöglichkeiten mit anderen Elementen wie Wasserstoff, Sauerstoff, Chlor usw. Die so zunächst gebildeten einfachen Moleküle lassen sich analog wie diejenigen des Kohlenstoffes zu Ketten verbinden, wodurch sich Makromoleküle bilden, die nun, im Gegensatz zu denjenigen des Kohlenstoffes, erheblich größere Hit-zebeständigkeit erreichen. (Schweizer technische Zeitschrift, 20. Jg., No. 34/35, 23. August 1945, Seite 451)

Kugelschreiber. Ein neues Schreibgerät, das viskose Tinte mit einem Miniaturball am Ende auf die Oberfläche rollt, statt sie naß mit einer Federspitze aufzutragen, wurde gerade angekündigt. Es nutzt Kapillarkräfte. Mit ihm schreibt es sich leichter als selbst mit dem weichesten Bleistift – und selbst unter Wasser auf Stoff oder Papier und beim Parabelflug eines Stratosphärenfliegers am Punkt der Bahnumkehr (also unter Schwerelosigkeit) ... Seine Tinte trocknet sofort beim Auftragen ... Sie kann angeblich weder tropfen, auslaufen noch herausgeschnickt werden. Die Patrone dafür läßt sich groß genug gestalten zur Aufnahme eines Jahresvorrats – für 257 Schreibstunden – und gegen eine andere binnen 20 Sekunden auswechseln, ohne daß man sich die Finger beschmutzt. (Scientific American, Band 173, No. 2, Seite 114, August 1945)

1895

Man ist durch einen neuen Blitzapparat in die Lage gesetzt, jeden Moment ohne besondere Vorbereitungen einen Magnesiumblitz erzeugen zu können, und der Erfinder, Herr Martin Bösl, Telegraphenexpeditor in München, hat es verstanden, die Vorrichtung so mit einer Handcamera in Verbindung zu bringen, dass man dieselbe wie eine Schusswaffe handhaben und in der Dunkelheit oder Nacht auf Momentabbildungen förmlich Jagd machen kann ... In kurzem Moment, nach Messungen bis zu 1/50 Sekunde, wird die Umgebung in der Dunkelheit intensiv beleuchtet und alles auf der empfindlichen Platte abgebildet, was eben im Strahlenbruch des Objektivs gelegen war. Der Drücker der Zündvorrichtung wird nun losgelassen; dadurch schliesst sich zunächst der Objektivverschluss, und das Uhrwerk geht wieder in seine ursprüngliche Lage zurück ... es bedarf nur des Plattenwechsels, Einlegens einer neuen Patrone und Spannen des Objektivverschlusses und es kann in jedem dunklen Raum, ob bei Tag oder Nacht eine zweite und dritte etc. photographische Momentaufnahme in kurzen Zeitintervallen gemacht werden, wobei die Zündung im Gegensatz zu Percussionszündungen ganz geräuschlos vor sich geht, ein nicht zu unterschätzender Vortheil für den Zweck der Vorrichtung ... Für die Wissenschaft dürfte der Apparat sehr zweckdienlich sein zur Erforschung des Thierlebens bei der Nacht, zu Höhlenforschungen und zur Erforschung unterirdischer Räume, da man die Munition in Form von Patronen überallhin bequem mit sich führen kann. (Central-Zeitung für Optik und Mechanik, XVI. Jg., No. 16, Seite 176, 1895)

Sonnenhelium. Die Entscheidung darüber, ob eines der aus Clevëit gewonnenen Gase mit dem "Helium" der Sonne identisch ist, hing zuletzt von der Frage ab, ob die Heliumlinie D3 doppelt ist, wie die entsprechende Clevëitgaslinie nach den Spectralbeobachtungen von Runge und Paschen. Nun melden gleichzeitig Hale und Huggins, dass sie in der That neben D3 bei reiner Luft eine schwächere und schmälere Begleitlinie sahen, freilich nur bei sehr starker Dispersion und an den höheren Partien von Protuberanzen. An ihrer Basis sind diese zu hell und die D3-Linie meist zu breit, als dass die Nebenlinie getrennt zu sehen wäre. (Naturwissenschaftliche Rundschau, X. Jg., No. 31, Seite 400)

Zur Fertigstellung des Nordostseekanals. Zur Herstellung des Kanalprofils sind gegen 80 Millionen cbm Boden auszuheben gewesen. Nachdem im Oktober 1886 mit den Vorarbeiten, 1887 mit dem Grunderwerb vorgegangen war, konnten 1888 die Verträge bezüglich der Ausführung der Erdarbeiten abgeschlossen werden. Im März 1888 wurden in dem westlichen Niederungsgebiet die ersten Ausschachtungen begonnen und im Herbst 1888 die Erdarbeiten sodann mit voller Energie in Angriff genommen ... Von den auszuschachtenden Bodenmassen waren Ende Juli 1890 bereits 18,78 Millionen cbm gefördert, davon allein im Juni und Juli 5,35 Millionen. Am 1. April 1893 waren 60 Millionen cbm ausgehoben. Die durchschnittliche Monatsleistung betrug zur Zeit des flotten Betriebs rund 1,5 Millionen cbm. (Polytechnisches Zentralblatt, 56. Jg., Nr. 20, Seite 248)

Stations- und Haltestellen-Anzeiger. Eine sehr praktische und zeitgemäße Neuerung wird unzweifelhaft von allen Fahrgästen auf Straßenbahnen, Eisenbahnen und Dampfschiffen mit Freuden begrüßt werden. Es ist dies ein Rad mit einer Anzahl drehbarer und herabhängender Klappen, von denen jede auf beiden Seiten den Namen einer Station oder Haltestelle trägt. Das Klappenrad ist in einem Kasten so angebracht, daß nur die unterste Klappe durch einen Spalt herabreicht und so sichtbar wird. Das Rad wird vom Kutscher, Locomotivführer oder Steuermann mittels eines Knopfes von seinem Standpunkt aus um eine Theilung verdreht, worauf die Klappe verschwindet und die nächstfolgende zum Vorschein kommt. Der patentierte Anzeiger wird in Straßenbahnwagen in der Mitte, in Eisenbahnwagen an der Decke jedes Abtheils und auf Dampfschiffen an jeder Seite des Deckhauses angebracht und ist also allen Fahrgästen sichtbar. (Illustrirte Zeitung, Bd. 105, No. 2722, Seite 266, 1895)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 8 / 1995, Seite 83
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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