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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1945

Die Technik war es, die den Krieg entschied. Der Begriff Grossmacht ist heute identisch mit dem der technischen Ueberlegenheit. Und nun hat in den letzten Jahren das Wort von der Grossmacht Technik nochmals, sprunghaft wie vor 200 Jahren durch die Erfindung der Dampfmaschine, sein Gewicht potenziert, durch die Verfügbarmachung der Atom-Energien. Die Atombombe hat dem Weltkrieg ein unerwartet rasches Ende gesetzt; das war das Erfreuliche. Sie hat aber gleichzeitig in der gesamten Menschheit ein Gefühl des Grauens erweckt; denn plötzlich sieht sie sich der Möglichkeit gegenüber, mit technischen Mitteln, ohne den ganzen Aufwand, den man bisher Krieg genannt hat, in kurzer Zeit sich selbst, die gesamte Kultur und Zivilisation zu vernichten. Hat schon der erste und dann vor allem der zweite Weltkrieg Zerstörungen in einem vorher nie gekannten Ausmasse mit sich gebracht, so ist durch die vieltausendfache Steigerung der verfügbaren Energien, die bereits ausprobiert ist, jenes geradezu apokalyptische Endziel in greifbare Nähe gerückt. (Schweizerische Bauzeitung, Band 126, Nr. 14, Seite 153)

Eine internationale Luftkriegsordnung. Nach den tragischen Erfahrungen des zweiten Weltkrieges geht nun an die Menschheit der Ruf, durch das Zustandebringen einer internationalen Luftkriegs-Regelung eine Wiederholung des totalen Luftkrieges zu verunmöglichen. Das Luftkriegs-Problem bildet somit eine der vordringlichsten Nachkriegs-Aufgaben, welche im Zuge des materiellen, ethischen und rechtlichen Wiederaufbaus auf ihre Lösung harrt. Es wäre daher an der Zeit, an die Erörterung dieses komplizierten Problems heranzutreten, um zu versuchen, die Hauptlinien einer zeitgemäßen Luftkriegsordnung aufzustellen. Den Idealen und Zielen der Schöpfer der Haager Konventionen nachlebend, hätte eine solche Luftkriegsordnung den Begriff der "friedlichen Bevölkerung" im Einklang mit den Realitäten des modernen Waffenganges zu bestimmen, die Rechte dieser Bevölkerung zu sichern und ein entsprechendes Schutzsystem festzulegen. (Schweizerische Hochschulzeitung, XIX Jg., Seite 98, Oktober 1945)

Himmelsgebundenes Fernsehen. Nur scheinbar das Hirngespinst eines wilden Träumers ist der jüngste Vorschlag, Fernsehübertragungseinrichtungen per Flugzeug auf eine Höhe von sechs Meilen zu bringen und Programme von dort auszustrahlen... Ultrakurzwellen erreichen den Empfänger nur in Sichtweite des Senders. Diesen auf eine Höhe von 600 Meilen zu bringen, würde den Empfangsbereich nicht nur auf 400 Meilen ausdehnen, sondern auch die dafür erforderliche Leistung vergleichsweise klein halten. Mit nur jeweils acht "Stratovisions-Stationen" in Betrieb könnte man in den USA ein küstenverbindendes Fernsehnetz etablieren, für das sonst mehr als 100 Relaisstationen am Boden nötig wären. Die Fernsehprogramme würden von Bodenstationen zu den Flugzeugen abgestrahlt, und jedes Flugzeug würde gleichzeitig mehrere Fernseh- und auch UKW-Programme senden. (Scientific American, Oktober 1945, Seite 196)

1895

Mehrere hervorragende Bakteriologen, u. A. auch Professor Behring, haben festgestellt, dass gewisse Metalle eine eigenthümliche Wirkung auf Mikroorganismen ausüben, ohne dass es jedoch gelungen wäre, die Ursache dieser Erscheinung aufzufinden... Bolton inficirte Röhrchen mit Nährgallerte mit bestimmten Mikroben, schüttete dann den Inhalt auf sterilisierte Glasplatten und brachte mit diesen das zu prüfende Metall in Berührung. Uebte das betreffende Metall eine hemmende Wirkung auf die Entwickelung der Mikroben aus, so bildete sich eine klare Zone um dasselbe, während die anderen Theile der Gallerte trübe wurden. Die Audehnung dieser Zone war verschieden je nach der Gattung der Mikroben und dem angewandten Metall; so erzeugte gereinigtes Silber bei Cholerabacillen eine helle Zone von 5 mm Breite, während der Typhoidbacillus nur eine 1 mm breite Zone zeigte, Nickel, Platindraht, Platinschwarz und Aluminium keine Einwirkung erkennen liessen. Dass die lokale Angreifbarkeit der Metalle die Stärke und Schnelligkeit der Wirkung bestimmte, zeigte der Eiterbacillus, in dessen Kultur Cadmium schon nach einer Minute eine Zone von 1 mm zeigte, die sich in 3 bis 4 Minuten auf 3 mm ausdehnte, während Kupfer und Bronze erst nach 36 bis 50 Minuten eine Einwirkung erkennen liessen. (Eisen-Zeitung, XIV Jg., No. 44, Seite 716)

Elektrische Leuchtflasche. Sie besteht aus zwei durch eine Dichtung voneinander geschiedenen Theilen, der eigentlichen Flasche, die, aus bestem Hartgummi bestehend, zur Aufnahme der von der Firma mitgelieferten (gleichfalls patentirten) Erregungsflüssigkeiten dient, und der auf die Flasche luftdicht aufgeschraubten Batterie, wegen ihrer Aehnlichkeit mit einer Revolvertrommel Revolverbatterie genannt... Soll die Flasche in Funktion treten, so füllt man sie nach Abschrauben der Batterie, jedoch nicht höher als bis zur Hälfte, mit der erwähnten contactverbindenden Flüssigkeit, schraubt sie wieder fest zu und neigt sie ein wenig, wodurch die Flüssigkeit durch eigene Schwere in die Batterie eindringt und den Strom schließt. Sofort erstrahlt die Glühlampe in glänzend weißem Licht, das jedoch ebenso schnell wieder erlischt, sobald die Flasche in die aufrechte Lage zurückgebracht wird, da die Flüssigkeit in demselben Moment aus der Batterie in ihren Behälter zurücktritt. Es findet daher auch, solange die Flasche aufrecht steht oder gehalten wird, kein Materialverbrauch statt, und die Brennzeit einer Füllung läßt sich ganz nach Belieben eintheilen. (Illustrirte Zeitung, Band 105, No. 2730, Seite 516, 26. Oktober 1895)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 1995, Seite 123
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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