Direkt zum Inhalt

Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1945

Was wir aber in Zukunft dringend brauchen, das sind Könner auf Sondergebieten, die zugleich offene Augen und wachen Sinn haben für das, was um sie her geschieht, Forscher, die zwar nicht das Wissen, wohl aber die Sprache der anderen beherrschen, also deren Art zu denken, zu experimentieren, ihr Erkenntnisziel zu sehen. Diese Sprache ist verschieden genug schon innerhalb der Naturwissenschaften, wenn wir z. B. an Physik und Biologie denken. Sie wird weltenverschieden etwa bei Natur- und Geisteswissenschaft, weswegen hier Gespräche über gemeinsam Interessierendes nur zu leicht ein ebenso betrübliches wie ergötzliches Bild totalen wechselseitigen Mißverstehens bieten. Nicht das Wissen des Nachbargebietes, allein das Verstehen seiner Sprache ist Voraussetzung jeder fruchtbaren Diskussion und Zusammenarbeit. (Göttinger Universitäts- Zeitung, 1. Jahrgang, Nr. 2, Seite 5) Radar Einen kolossalen Eindruck macht das Radar-System (=Radio-Location), eine Art Radio-Fernsehen, beruhend auf der Sichtbarmachung einer reflektierten Radiowelle. Radar erlaubt mit einiger Übung das deutliche Sehen bei Nacht und Nebel. In hügeligem Gelände ist das englische System nicht brauchbar, wohl aber dann das amerikanische, das mit 3-Zentimeter-Wellen arbeitet. Man sendet ein Bündel von Radiowellen von einer 6 x 8 Meter großen Antenne aus und tastet das Feld ab wie mit einem Fernsehbild. Es war eine besonders schwierige Aufgabe, die nötigen sehr kurzen Wellen in intensiver Strahlung zu erzeugen. Ein neuartiges Magnetron von nur etwa 20 Zentimeter Länge gibt die fast unglaubliche Leistung von 30 000 Kilowatt. Es ist dies eine ungewöhnliche technische Errungenschaft. Um über den Krieg die feindliche Welt irrezuführen, wurde in der US-Hauptstadt Washington ein Verschleierungs-Service eingerichtet, der viel Lärm machte mit einem sogenannten Kleistron für 100 und 200 Watt Kurzwellenleistung. So hat sich dann die europäische Forschung überall an die Entwicklung dieses Kleistrons gemacht, das in Amerika gar nicht existierte. (Schweizerische Technische Zeitschrift, No 52, 27. Dezember 1945)

1845

Im Dezember vorigen Jahres stieß man in Pompeji nicht weit von der ausgedehnten Casa del Fauno auf ein herrschaftliches Haus. Als ich Pompeji am 28. und 29. April dieses Jahres besuchte, war das Gebäude größtentheils schon aufgedeckt, doch wurde noch weiter gearbeitet. Noch war der Haupteingang an der Nordseite verschüttet, das Vestibulum aber schon frei gelegt, sodaß man von dort in das Atrium eintreten konnte. Aus diesem gelangt man unmittelbar, ohne daß ein Tablinum dazwischenläge, in das Peri-styl (Säulenhof), den schönsten und größten Raum des Hauses, ein Rechteck, das mit der Langseite nach dem Atrium zu steht, von sieben weißen korinthischen Stucksäulen an der Langseite, vier Säulen an der Schmalseite umgeben und ungewöhnlich decorirt. Denn in der Mitte liegt eine Marmorfontäne, und ringsum stehen acht zierliche viereckige Marmorbecken, acht Statuetten aus Marmor (Brunnenfiguren: ein Bacchus, ein Silen, ein Jäger und andere mehr) und zwei kleinere, ganz übereinstimmende, aus Bronze einander gerade gegenüber (Knaben mit der Gans). Zwei Doppelbüsten auf zierlichen, mit Weinlaub umwundenen Postamenten und ein paar schöne, runde Marmortische auf Löwenfüßen vollenden den Schmuck des Raumes, und das alles ist so frisch und tadellos erhalten, als ob es erst aus der Werkstätte des Bildhauers hervorgegangen wäre. (Illustrirte Zeitung, Band 105, No 2739, Seite 825, 28. Dezember 1895) Photographieen alter verblasster handschriftlicher Dokumente. Solche bieten oft der Entzifferung große Schwierigkeiten. Es giebt ja chemische Mittel, solche verblasste Tinten wieder erscheinen zu lassen, sie sind aber nicht in allen Fällen anwendbar und verändern oder verderben oft gänzlich die mitunter so wertvollen Originale. Einen anderen Weg schlägt daher ein Amerikaner ein, der das Original ganz unberührt lässt. Er nimmt das Dokument photographisch auf, und nimmt von dem erhaltenen, kaum eine Spur von Schrift erkennen lassendem Negativ eine ganze Anzahl von Positiven, die als Material dünne, durchsichtige Häutchen haben. Diese werden mit den entsprechenden Punkten alle übereinander gelegt und zusammengepresst, so dass die auf jedem einzelnen Positiv befindlichen schwachen Schriftzeichen beim Durchfallen des Lichtes durch die aufeinander liegenden Schichten entsprechend ihrer Anzahl dunkler erscheinen und beim abermaligen Kopieren des ganzen Satzes ein deutliches Negativ ergeben, von dem dann schliesslich völlig lesbare Positivkopieen genommen werden können. (Photographische Mitteilungen, 32. Jg., Heft 17, Seite 279)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 1995, Seite 116
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.