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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1946

Die Schlachtfelder von Weltkrieg III werden keine Heimlichkeiten kennen. Fliegende Fernsehgeräte werden beobachten, wie sich Städte auflösen, und sie werden die Kampfhandlungen den Generälen in tiefe Bunker auf die Leuchtschirme projizieren. Selbst Bomben werden ihren eigenen Sturz bis zum Ziel mit ungerührten Elektronenaugen beobachten, bis Bericht und Bombe gleichzeitig verschwinden. Ausgewählte Gäste der Flotte erhielten letzte Woche eine Vorschau auf diese neue Technik der Schlachtbeobachtung. Sie saßen in einem verdunkelten Raum in Washington, während drei mit Kamera ausgerüstete Flugzeuge auf nahen Plätzen starteten. Auf den Schirmen der Fernsehgeräte sah man all das, was von den Flugzeugen aus gesehen werden konnte. Von den beiden Typen, welche die amerikanische Flotte zusammen mit der RCA entwickelt hat, kann die größere ihre Bilder rund 300 km weit senden. (Neue physikalische Blätter, 2. Jg., März 1946, Seite 71)

Tierversuche mit der Einatmung kalter Luft wurden während 20 bis 133 Minuten an Hunden unternommen. Die zugeführte Luft hatte eine Temperatur zwischen -50 und -28ž C; an der Bifurkation der Trachea (der Luftröhrengabelung) wurde aber nie eine Temperatur unter 18ž C beobachtet. Für die Messung der Temperatur bediente man sich ei-nes entsprechend plazierten Thermoelements. (Schweizerische Medizinische Wochenschrift, 76 Jg., Nr. 10, Seite 209)

Radioaktive Isotope durch Neutronenbeschuß. Glenn T. Seaborg, der Mitentdecker des Plutoniums sagte: "Es ist noch nicht sicher, ob der größte Gewinn, den die Menschheit aus der Entwicklung der Atomenergie ziehen wird, nicht aus dem weitverbreiteten Gebrauch von Indikatoren resultieren wird." Radioaktive Kohle z. B. begleitet die gewöhnliche Kohle durch die kompliziertesten chemischen Reaktionen hindurch, wobei die Wanderung mit Hilfe des radioaktiven Zerfalls verfolgt werden kann. Man kann deshalb, wenn etwa in Zucker ein verschwindend kleiner Bruchteil des Kohlenstoffes radioaktiv ist, in einem Lebewesen verfolgen, wie der Kohlenstoff durch die Verdauungsorgane, in das Blut, in die Muskeln und schließlich als Kohlendioxyd durch die Lunge hinauswandert. Jedes Element und jede Verbindung kann auf diese Weise markiert werden. (Neue physikalische Blätter, 2. Jg., März 1946, Heft 3, Seite 71)

1896

Neue farbige Photographien realisirt Herr Joly Dublin in der Weise, dass er auf die gewöhnliche, orthochromatische Platte einen Farbenschirm legt, der in seiner ganzen Ausdehnung aus 1/8 mm breiten Strichen besteht, die ohne Zwischenraum in derselben Reihenfolge: roth, grün, blau, neben einander liegen und nach Ton und Helligkeit so abgestimmt sind, dass der Schirm in weiter Entfernung weiss aussieht. Das Negativ wird entwickelt und auf Glas copirt; wenn man dann den Farbenschirm auf das Positiv legt und die Streifen richtig übereinander schiebt, so erscheint in der Durchsicht das Bild in seinen natürlichen Farben. (Naturwissenschaftliche Rundschau, XI. Jg., Nr. 11, Seite 144)

Mimicry. Bei Kallima inachis, jenem Schmetterlinge, der mit zusammengelegten Flügeln einem trockenen Blatte täuschend ähnlich sieht, ist nach einer Mittheilung des Herrn W. G. Farlow die Mimicry noch viel weiter getrieben, als gewöhnlich angenommen wird. Auf der Unterseite der Flügel treten nämlich Flecken auf, die, unregelmässig vertheilt und bei den einzelnen Individuen verschieden angeordnet, vollständig den Flecken gleichen, die in der Heimath der Kallima von den Schmarotzerpilzen Meliola und Strigula auf Blättern hervorgerufen werden. Das Vorhandensein dieser Flecken und ihre variierende Anordnung war den Entomologen schon bekannt; die Feststellung der Thatsache, dass durch ihr Vorhandensein die Mimicry zum höchsten Grade der Vervollkommnung getrieben ist, musste einem Mykologen vorbehalten bleiben. (Naturwissenschaftliche Rundschau, XI. Jg., Nr. 12, Seite 156)

Ausgrabungen in Nippur. Unter den Bauten Sargon's und Narâm-Sin's lohnte einer der größten und folgeschwersten Funde die aufgewandte Mühe. Ein prächtig erhaltener Bogen aus Backsteinen von derselben Form, die von den über 3000 Jahre jüngeren Denkmälern des neuassyrischen Reichs bekannt geworden ist, wurde bloßgelegt. Damit ist die in der Geschichte der Architektonik vielventilirte Frage nach dem Ursprung des Bogens in ein neues Stadium getreten und dessen Existenz in Babylonien um die Wende des 5. und 4. vorchristlichen Jahrtausends nachgewiesen. Aber noch immer ist man, obwol bereits 8 Mtr. unterhalb der Plattform Königs Ur-Gur (etwa 2800 v. Chr.), noch nicht auf den eigentlichen Urgrund dieses ehrwürdigen Heiligthums gestoßen, dessen Einfluß 4000 Jahre lang in allen Schichten der babylonischen Bevölkerung sich fühlbar machte. Die meisten der oft nur dem Namen nach bekannt gewesenen babylonischen Herrscher haben uns in Nippur beschriebene Tafeln hinterlassen, und neun, bisher verschollene Könige sind erst von der Expedition der Geschichte wiedergegeben worden. Durch die Fülle der ausgegrabenen Texte der ältesten semitischen Herrscher hat unsere Vorstellung von der Macht und Ausdehnung des Semitenthums um 3800 v. Chr. eine wesentliche Aenderung erfahren müssen. (Illustrirte Zeitung, Bd 106, No 2751, Seiten 350 bis 351)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 3 / 1996, Seite 125
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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