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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1946

Das Mißverhältnis zwischen dem, was in USA in den Jahren 1943/44 tatsächlich aufgebaut wurde, und dem, was bei uns geschah, mögen ein paar Zahlen illustrieren. In Deutschland arbeiteten an dem gesamten Problemkreis der Kernphysik im ganzen vielleicht 50 bis 100 Physiker, mit den Hilfskräften an Laboranten, Mechanikern usw. sicher nicht mehr als 500 Menschen. Diese Menschen gegen die Eingriffe der Wehrbehörden zusammenzuhalten, erforderte fortwährende Kämpfe, die einen erheblichen Teil der Arbeitskraft vor allem der leitenden Physiker kosteten. In den USA wurden etwa 100 000 Menschen direkt in den "Atombombenfabriken" beschäftigt. In Deutschland gab es zwei Institute, in denen ein Massenspektrograph stand. Es bedurfte schwerer Kämpfe, daß beide Massenspektrographen weiterlaufen durften, und erst ganz am Kriegsende wurde der Bau einer Serie von acht Exemplaren genehmigt, ohne noch zustande zu kommen. In USA liefen etwa 10 000 bis 20 000 Massenspektrographen. Diese Vergleiche ließen sich beliebig fortsetzen; sie zeigen eindringlich, daß die Arbeiten in Deutschland nie das Stadium eines durch ständige Eingriffe sachunverständiger Behörden erschwerten physikalischen Experimentierens überschritten haben, während in USA von 1943 ab eine Großindustrie aufgebaut wurde. (Göttinger Universitäts-Zeitung, 1. Jahrgang, Nr. 8, Seiten 9 bis 10)

Das Synchrotron. Ein gewaltiger Neuling auf dem Gebiete der Atomzertrümmerung wurde von Dr. E. O. Lawrence, Nobelpreisträger und Physiker an der Universität von Kalifornien, angekündigt. Die Maschine, die zur Zeit in Berkeley gebaut wird, soll Anfang 1947 fertig werden. Das Synchrotron wird Elektronen auf 300 Millionen Volt beschleunigen, das ist dreimal mehr als die Energie des großen Betatrons von General Electric. Das Gerät wurde von dem 38jährigen kalifornischen Physiker Dr. Edwin M. McMillan, einem der Mitentdecker des Neptuniums, entwickelt. Das Synchrotron beruht auf dem Prinzip der Phasenstabilität, ein Prinzip, mit dem man die relativistischen Effekte sozusagen überlistet. (Neue Physikalische Blätter, I. Jg, Heft 4, Seite 93)

1896

Das gewöhnliche phosphorescirende Schwefelcalcium sendet Strahlen aus, welche undurchsichtige Körper durchsetzen. Diese Eigenschaft des Phosphorescenzlichtes ist nach Herrn Henry Becquerel sehr verbreitet und ist namentlich den Uransalzen eigen, mit welchen er folgenden Versuch angestellt hat: Eine photographische Bromgelatine-Platte wird mit zwei sehr dicken Blättern schwarzen Papiers umwickelt. Man legt dann aussen auf das Papierblatt eine Platte phosphorescirender Substanz und exponirt das ganze mehrere Stunden der Sonne. Entwickelt man dann die photographische Platte, so erscheint die Silhouette der phosphorescirenden Substanz schwarz auf dem Cliché. Schaltet man zwischen den phosphorescirenden Körper und das umhüllende Papier eine Münze oder einen von einer Zeichnung durchbrochenen Metallschirm, so sieht man das Bild dieser Objecte auf dem Cliché erscheinen. Man muss daher aus diesen Versuchen schliessen, dass die betreffende Substanz (krystallinisches Urankaliumsulfat) Strahlen aussendet, die das für Licht undurchlässige Papier durchsetzen und die Silbersalze reduciren. (Naturwissenschaftliche Rundschau, XI. Jg., Nr. 14, Seite 183)

Röntgenschirm. Das directe Beobachten von Objecten wurde bisher deswegen vernachlässigt, weil es noch nicht gelungen war, fluorescirende Schirme von solcher Empfindlichkeit herzustellen, um die Schatten der dahinter liegenden Objecte klar und deutlich zur Anschauung zu bringen. In dem physikalischen Kabinet des Realgymnasiums zu Charlottenburg ist es nun Herrn Prof. Dr. Buka gelungen, einen solchen Schirm derart herzustellen, dass er die fluorescirende Substanz, Baryumplatincyanür, in einen flächenartigen Raum, begrenzt einerseits von einer Glasplatte, andererseits von einem Carton, bringt. Die Substanz bedeckt demnach den Schirm gleichmässig in gewünschter Stärke. Der Schirm leuchtet noch in einer Entfernung von mehreren Metern von der Crookes'schen Röhre hell auf. Das Resultat des so angestellten Experiments war ein überraschendes. Man konnte nicht blos die Knochen der Hand, der Handwurzel, des Unter- und Oberarmes, des Fusses durch den Schuh hindurch unterscheiden, sondern es wurden auch – was bisher noch nicht gesehen wurde – die Rippen, das Schulterblatt und die Wirbelsäule sofort als solche erkannt. Diese Methode des directen Sehens hat gegenüber dem photographischen Verfahren insofern bedeutende Vortheile, als dadurch die Möglichkeit gegeben ist, in kurzer Zeit grosse Gebiete zu untersuchen, was namentlich bei Fremdkörpern, welche zu wandern neigen, wichtig ist. (Central-Zeitung für Optik und Mechanik, XVIII. Jg., No. 8, Seite 78)

Transportable Miniatur-Telephonstation. Der Apparat ist für den telephonischen Hausbetrieb bestimmt und dazu äußerst bequem, indem er sich infolge der Aufhängung an Leitungsschnüren zur Anbringung an Speisetafeln, Schreibtischen, in Schlafzimmern, Krankenzimmern und überall eignet, wo eine bequeme telephonische Verbindung erwünscht ist. Der gesetzlich geschützte Apparat besteht aus einem cylindrischen Gehäuse a, in das oben die Tülle b zur Einführung der Leitungsdrähte c beweglich eingeschoben ist... Das Dosentelephon wird mittels zweier Stifte s in einer unten am Gehäuse angebrachten Blechhülse r gehalten. Die Stifte gleiten in Schlitzen, sodaß das Telephon leicht aus der Hülse herauszunehmen ist und ebenso leicht nach dem Gebrauch sich wieder darin aufbewahren läßt. Auf den Rand stützen sich zwei Knöpfe, die an der Unterseite des Mikrophons m auf die Schraubenstifte aufgeschraubt sind, die den Mikrophonbügel n tragen. Nimmt man das Mikrophon heraus, so sinkt das Telephon herunter und wird dadurch eingeschaltet. (Illustrirte Zeitung, Bd. 106, No. 2753, Seite 409)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 1996, Seite 117
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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