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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1946

Die Sensation der Physiker-Tagung an der Universität von Kalifornien im Mai war ein Gerät, welches verspricht, das Zyklotron in den Schatten zu stellen. Dieser lineare Beschleuniger besteht (wie die Time vom 22. 6. 46 berichtet) aus einer langen Röhre, in der die Kerngeschosse geradeaus und nicht in einem Kreis geschossen werden. Die Idee stammt von zwei jungen Physikern, Julius Halpern vom M. I. T. und Luis W. Alvarez von Berkeley, die verschiedene Versionen des Geräts entwickelt haben. Das Prinzip sieht kräftige Impulse von Zentimeterwellen vor, durch die die Geschosse in den aufeinanderfolgenden Abschnitten beschleunigt werden, wenn sie durch das Rohr laufen. Im Unterschied vom Zyklotron und seinen Spielarten braucht der lineare Beschleuniger keine schweren Magnete: seine Leistung wird einfach dadurch vergrößert, daß die Röhre mehr Abschnitte erhält. Alvarez kündigte Pläne für ein Versuchsmodell von 85 m Länge in Californien an, das Protonen mit einer Energie von 280 Millionen eV schießen soll. Halpern errechnete, daß seine Maschine, die Elektronen als Geschosse verwendet, mit einem Gerät von 90 m Länge eine Milliarde eV erreichen wird. (Neue physikalische Blätter, 2. Jg., Heft 5, Seite 127, Mai 1946; ausgeliefert nach Zensur Anfang September)

Orkanwarnung durch Radar. Der Südosten der Vereinigten Staaten, besonders Florida, wird häufig von Tornados heimgesucht, die in der Karibischen See entstehen und mit zerstörender Wucht das unvorbereitete Land überfallen. Vor einigen Wochen konnte ein solcher Tornado in allen Einzelheiten von einer RADAR-Station des Heeres bei Orlo Vista aufgenommen und gemessen werden, wobei die Beobachtungsstation selbst beinahe weggeblasen wurde. Es zeigte sich, daß die schweren Regenschleppen, die den Tornado begleiten, konzentrische Bogenstücke um das Zentrum bilden und sich auf dem Leuchtschirm deutlich abzeichnen. Das Sturmzentrum wanderte mit 14 km/h; das Niederdruckgebiet hatte einen Durchmesser von rund 20 km; der RADAR-Höhenmesser stellte fest, daß die Wolkendecke über der Station eine Stärke von 5400 m hatte. (Neue physikalische Blätter, 2. Jg., Seite 159, Juni 1946; ausgeliefert Anfang Oktober)

Konstruktionsprinzipien bei Schuppen von Schmetterlingen. Je größer die Schuppen werden, desto mehr sind die Versteifungsstrukturen ausgebildet. In ihren Einzelheiten sind sie erst durch das Elektronenmikroskop erkennbar geworden (Bild). Einen einfachen Grundplan, von dem sich verschiedene differenziertere Schuppentypen ableiten lassen, zeigen die kleinen Tiefenschuppen, welche bei Geometriden (Spannern) und Tineoiden (Motten) die tiefste Schicht der mehrschichtig dachziegelartig angeordneten Beschuppung bilden. Zwischen den 0,1 bis 0,2 µ dicken Längsrippen verlaufen in der leicht eingebogenen Oberseitenlamelle dünne Querbälkchen. Zwischen diesen ist die Chitinlamelle jeweils von einem kleinen Loch durchbrochen. Die Trabekeln treffen teils auf die Rippen, teils auf die Lamelle zwischen den Rippen auf. Nach ihrem oberen Ende zu sind sie manchmal verzweigt. (Zeitschrift für Naturforschung, Band 1, Heft 6, Seiten 348 bis 350)

1896

Die gebräuchlichen Strassenkehrmaschinen bestehen aus einer gegen die Richtung des Weges schief angeordneten Bürstenwalze, welche den Kehricht an der Seite des Weges anhäuft, von wo derselbe dann in die Kehrichtwagen geschaufelt und abgeführt wird. Nachstehend beschriebene, in Amerika verwendete Maschine, hat den Zweck, sowohl die zum Verladen des Kehrichts erforderlichen Schaufler entbehrlich zu machen, als auch die zur Strassenreinigung nötige Zeit zu verkürzen. Diesselbe besteht aus einem eisernen Rahmen, welcher eine schief angeordnete Bürstenwalze von 660 mm Durchmesser und eine zweite, hinter der ersten befindliche und zu der Wagenachse parallele Walze von 787 mm Durchmesser und 609 mm Länge trägt... Bei der Arbeit wird der Kehricht von der schiefen Walze der zweiten Walze zugekehrt, von derselben erfasst und in eine Kammer geworfen, von wo er von einem kleinen Elevator, in einen grossen auf dem Rahmen montierten Behälter befördert wird. Letzterer ist drehbar angeordnet, so dass er, wenn er voll ist, mittels einer Kurbel gedreht werden kann, um seinen Inhalt in einen Kehrichtwagen zu entleeren. Unmittelbar vor der Kehrichtmaschine, welche von drei Pferden gezogen wird, wird die Strasse besprengt, um Staub zu vermeiden. (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 82. Jg., No. 26, Seite 206, 1896)

Photographische Wirksamkeit der X-Strahlen. Für verschiedene Farben sensibilisirte Platten verhalten sich den Röntgen'schen Strahlen gegenüber ganz gleichartig; Platten, die für weisses Licht verschiedene Empfindlichkeit besitzen, ergaben dieselben Differenzen bei Bestrahlung durch die Vakuumröhre. Um zu untersuchen, wie stark die neuen Strahlen durch die empfindliche Schicht der Platten absorbirt werden, machten die Verfasser ein gegen Lichtzutritt geschütztes Packet von 250 Blatt Bromsilbergelatine-Papier, das mit einer Schablone aus dünnem Kupferblech bedeckt und mittels einer Vakuumröhre bestrahlt wurde. Nach einer Expositionszeit von 10 Minuten zeigte noch das 150. Blatt eine Einwirkung; bei längerer Belichtung konnte man leicht durch das ganze Packet photographiren. Es zeigte sich, dass die Papiermasse jedes Blattes etwa gerade so stark absorbirt, wie die empfindliche Schicht. Sehr starke Lichtquellen wirken bei der nämlichen Versuchsanordung nur durch sehr wenige Blätter hindurch. (Zeitschrift für Instrumentenkunde, 16. Jg., Seite 189, Juni 1896)



Aus: Spektrum der Wissenschaft 6 / 1996, Seite 97
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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