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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1947

Das ständig anwachsende fossile Material ließ zwar in immer größerer Zahl kontinuierliche Entwicklungsreihen mit allmählicher Merkmalsumprägung in aller nur wünschenswerten Geschlossenheit nachweisen, jedoch immer nur aus dem Rahmen der einzelnen Baupläne und Organisationstypen. Die Bindeglieder aber, die geforderten langen Reihen von Übergangsformen, die zwischen ihnen vermitteln sollten, blieben aus... Man ist daher paläontologischerseits zu der Vorstellung gelangt, daß die Stammesentwicklung sich nicht in einem gleichmäßigen, ruhigen Flusse abgespielt hat, sondern eine ausgesprochene Periodizität aufweist, so daß Zeiten rascherer und nahezu explosiver Formbildung mit Perioden langsamen, allmählichen Formenwandels abwechselten. Die Einleitung einer neuen stammesgeschichtlichen Entwicklungsrichtung, die Herausgestaltung durchgreifend neuer Organisationsmerkmale spielte sich in einer verhältnismäßig kurzen Spanne und wahrscheinlich in größeren, unvermittelten Einzelschritten ab, und auf diese Frühphase des Stammes folgte jeweils eine langwährende Periode sehr langsamer allmählicher Umbildung. (Forschungen und Fortschritte, 21./23. Jg., Heft 10/11/12, Juli 1947, Seite 120)

Deutsche Akademie der Wissenschaften. Die Mitglieder der Akademie werden nicht berufen, sondern von den Akademiemitgliedern selbst gewählt. Die Wahl bedarf jedoch derzeit der Zustimmung des Oberbefehlshabers der sowjetischen Besatzungszone für Deutschland. Die meisten ausländischen Gelehrten, die korrespondierende Mitglieder der Akademie waren, haben die Beziehung nicht abgebrochen. Nur Prof. Einstein machte eine Ausnahme und schlug kürzlich eine Bitte um Mitarbeit ab. Die Akademie sieht ihre Hauptaufgabe darin, die internationalen wissenschaftlichen Beziehungen zu pflegen. Die Arbeit wird von einer Reihe von Kommissionen und Instituten wahrgenommen. (Universitas, Jg. II, Heft 7, Juli 1947, Seite 884)

Penicillin-Resistenz. Es ist weiter bekannt, daß viele Bakterien eine Resistenz, eine Widerstandsfähigkeit gegen verschiedene chemische Substanzen erwerben können. In USA konnte vor kurzem nachgewiesen werden, daß diese Resistenz nicht auf eine physiologische Anpassung aller Bakterien einer Kultur zurückgeht, sondern auf vereinzelte Mutationen und die sich anschließende Selektion der Gruppe, bei der die Mutation aufgetreten ist. Bei einer Bakterienart haben wiederholte Mutationen eine Widerstandsfähigkeit gegen Penicillinkonzentrationen herangezüchtet, die um ein Vielfaches stärker als die normale für dieses Bakterium tödliche Dosis sein können. (Orion, 2. Jg., Heft 7, 15. Juli 1947, Seite 314)

1897

Das neue Bruchstück der parischen Marmorchronik bietet in 33 Zeilen die chronologische Übersicht über die Jahre 336 bis 299 vor Chr., es setzt ein mit dem Tode Philipps II. von Makedonien und erzählt die Siege Alexanders und die Ereignisse der ersten Diadochenzeit. Leider ist die untere Hälfte des Steines abgerieben und deshalb hier nur Anfang und Ende der Zeilen erhalten. Es ist das um so bedauerlicher, als gerade die geschichtliche Überlieferung der betreffenden Jahre recht lückenhaft ist, während die besser erhaltenen Teile Zeilen betreffen über die wir anderweitig gut unterrichtet sind. Aber trotzdem bedeutet der Fund eine erfreuliche Bereicherung unseres Wissens. Vor allem wird die kritische Beurteilung dieser durchaus nicht fehlerfreien Chronik erleichtert... Auch Naturereignisse sind verzeichnet, wie in dem schon bekannten Teile der Ausbruch des Ätna 480 und der Fall eines Meteorsteins 469 in Aigospotamoi, so in dem neuen Bruchstück eine schon aus Diodor bekannte Sonnenfinsternis (310), Erdbeben in Jonien (304) und die Erscheinung eines Kometen (303). Letztere ist schon bekannt, nicht allerdings aus klassischer, sondern aus chinesischer Überlieferung. (Die Umschau, 1. Jg., No. 28, 1897, Seite 522)

Telegraphie ohne Drähte. Seit einiger Zeit macht eine Erfindung des italienischen Ingenieurs Marconi von sich reden, welche nach dessen Angaben ermöglichen soll, das Problem der Telegraphie ohne fortlaufenden Draht einer befriedigenden Lösung entgegenzuführen ... Um über grosse Entfernungen zu telegraphieren, war es nötig, einen Pol des Empfängers hoch in der Luft anzubringen. Zu diesem Behufe wurde eine von einem Maste getragene Metallfläche mit einem Pole des Coherers und der andere Pol ebenso wie ein Pol des Undulators mit der Erde verbunden. Für kürzere Entfernungen sind statt dessen kleine Flügel aus Kupfer angebracht, deren Länge zu dem betreffenden Undulator abgestimmt werden muss. Die Empfindlichkeit des Empfangsapparates geht soweit, dass er auch Signale giebt, wenn die Luftlinie zwischen ihm und dem Sender durch Mauerwerk oder Hügel unterbrochen ist. Herr Preece ist der Ansicht, dass die Wellen nicht durch den Hügel dringen, sondern an seiner Oberfläche entlang gehen. Es ist demselben gelungen, 13 km über den Bristol-Kanal mit dem Marconi'schen Apparat zu telegraphieren, und man beabsichtigt nun, das System nicht allein für Leuchtschiffe, sondern auch für den regelmässigen telegraphischen Verkehr zwischen den Inseln Sark und Guernsey zur Anwendung zu bringen. (Schweizerische Bauzeitung, XXX. Band, Nr. 2, 10. Juli 1897, Seiten 14 und 15)

Geschlossenes Dreirad. Eine besondere Neuheit in der Konstruktion der Fahrräder zeigt die Abbildung. Hierbei ist der Radler gegen die Unbill der Witterung geschützt, jedoch auf Kosten der Leichtigkeit des Fuhrwerks, denn dasselbe ist nur zu langsamer Fahrt geeignet und dürfte deshalb bei Radlern nur geringen Anklang finden, zumal seine Bewegung unzweifelhaft große Anstrengung erfordert. (Der Stein der Weisen, 18. Band, 1897, Seite 332)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 1997, Seite 87
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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