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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1947

Das Versuchsschiff "Carnegie" hat, wie dem Jahresbericht der Carnegie Institution of Washington zu entnehmen ist, auf ausgedehnten Kreuzfahrten durch systematische Messungen der Kondensationskerne in der Luft und der Luftelektrizität festgestellt, daß die untere Atmosphäre in steigendem Maße verunreinigt wird durch gasfömige Fremdkörper, die zum Teil vulkanischen Ursprungs sind, hauptsächlich aber von der Industrie herrühren. Selbst über kaum befahrenen Meeresteilen und über unbewohnten Landgebieten wurde diese zunehmende Verunreinigung festgestellt. Die Ursachen sieht man vor allem in dem mit der Vorbereitung des letzten Krieges einsetzenden Wachsen der Industrie und darin, daß infolge der Kriegstätigkeit große Gasmengen frei wurden. (Kosmos, 43. Jg., Heft 10, Oktober 1947, Seite 349)

Elektrische Ströme im menschlichen Körper. In der Zeitschrift Nature weisen T. Cunliefe Barnes und R. Beutner vom Hahnemann Medical College and Hospital in Philadelphia auf eine bisher übersehene Rolle hin, die das Azetylcholin innerhalb des lebenden Organismus spielt. Danach kommt ein elektrisches Potential und damit ein Stromfluß in einem cholinergischen Nerven dadurch zustande, daß das Azetylcholin, ein quaternäres Amin, in Kontakt mit der Lipoidschicht der Nervenfaser kommt. Aus dieser Berührung entsteht ein Grenzphasenpotential. Diese Annahme wurde experimentell durch die Feststellung bestätigt, daß Azetylcholin, auf die Haut eines lebenden Frosches gebracht, ein negatives elektrisches Potential erzeugt. Die Verminderung des elektrischen Widerstandes der Nervenbahnen während ihrer Tätigkeit wird mit einer Verminderung des Widerstands der Lipoidschicht der Nervenfaser erklärt, einer Erhöhung ihrer elektrischen Leitfähigkeit also, indem Azetylcholin in diese Lipoidschicht eindringt. Die nach Beendigung der Nerventätigkeit wieder auftretende Verminderung der elektrischen Leitfähigkeit entsteht dadurch, daß das dann wirksame Ferment Cholinesterase das Azetylcholin abbaut. Auch diese Annahme wurde durch experimentelle Messungen bewiesen. (Orion, 2. Jg., Heft 10, 15. Oktober 1947, Seite 496)

Über Bakteriophagen. Bakteriophagen sind Viren, die Bakterien angreifen und rasch zerstören... Ursprünglich betrachtete man sie als Hilfstruppen im Kampf gegen krankheitserregende Bakterien und trachtete nach Methoden, die die Wirkung dieser Hilfstruppen erhöhen sollten. Die neuere Richtung betrachtet die Phagen als Modellviren, um an ihnen vielleicht etwas über die Grundeigenschaften aller Viren zu lernen und aus solchen Studien Mittel zur Bekämpfung aller Viren zu gewinnen. In dieser Richtung liegen z. B. größere Forschungsprojekte, die die Auffindung von natürlichen Produkten mit Antiviruswirkung zum Ziel haben, analog zum Penicillin und zum Streptomycin. Von mehreren Laboratorien werden da Phagen als Testviren benutzt. Uns scheint diese Suche nach Antivirusdrogen ohne gewisse Verfeinerungen in der Zielsetzung nicht vielversprechend. Die Verkoppelung des intrazellulären Virusstoffwechsels mit dem des Wirtsorganismus ist doch wohl zu eng, als daß man den einen blockiern könnte, ohne den anderen zu stören. (Die Naturwissenschaften, 34. Jg., Heft 10, 1947, Seiten 301 und 302

1897

Zu Berlin fanden vor kurzem in der Sachse'schen Badeanstalt Tauchversuche mit elektrischem Licht statt. Hr. Eugen Sachse hat eine Anzahl von Glühlampen zum Gebrauch unter Wasser construirt, die vor allem dazu dienen sollen, zur Nachtzeit den Boden des Wassers abzusuchen. Solche Nothwendigkeit kann eintreten, wenn z. B. während dieser Zeit auf irgendeinem Flußlauf ein Schiffsunglück passirt ist und man im Wasser nach Verunglückten suchen muß. Die Sachse'schen Glühlichter sind mit einem Glascylinder umgeben und durch einen Drahtkorb gegen Beschädigungen von außen geschützt. Sie brennen aber auch ohne allen Schutz. (Illustrirte Zeitung, No. 2835, Bd. 109, 28. Oktober 1897, Seite 583)

Zur Erforschung der Korallen-Inseln, deren Entstehung eine der wichtigsten Fragen der Geographie und Geologie ist, hatte die Geographische Gesellschaft von Australien eine Expedition unter Leitung von Professor David aus Sidney nach dem Korallenatoll Funafati der Ellice-Gruppe gesandt, die inzwischen ihre Arbeiten beendet hat. Nach den bisherigen Mitteilungen darüber sind die vorgenommenen Tiefbohrungen, für welche eine besondere, 500 Zentner schwere, vorzügliche Bohrmaschine mit Diamantbohrer zur Verfügung stand, von Erfolg begleitet gewesen. Der Bohrer drang 557 Fuss (170 Meter) tief in die Koralle ein, ohne eine Grundlage aus anderem Gestein zu erreichen... Der Befund jedoch scheint jedenfalls eine vollkommene Bestätigung der Theorie von Charles Darwin über die Entstehung der Koralleninseln beizubringen. Bekanntlich stellte Darwin nach seiner berühmten Reise auf der "Beagle" um die Erde die Theorie auf, dass die Korallen sich zunächst an seichten Stellen ansiedeln, während dann der Boden sich unter ihnen senkt, werden die neuen Generationen gezwungen, um im warmen und klaren Wasser zu bleiben, auf den oberen Rändern des Korallenriffes weiter zu bauen. (Die Umschau, 1. Jg., No. 44, 30. Oktober 1897, Seite 793)

Das Mikro-Kinetoskop. Namentlich die von Dr. Watkins besonders bevorzugten mikrophotographischen Aufnahmen der in natürlicher Bewegung in den Adern dahineilend erscheinenden Blutkörperchen haben hohes Interesse in wissenschaftlichen Kreisen erregt, indem dadurch die Diagnose kranker Säfte bedeutend erleichtert wird, überhaupt Krankheiten und Entmischungen des Blutes direkt zur Erkenntnis gebracht werden können. (Central-Zeitung für Optik und Mechanik, XVIII. Jg., No. 19, 1. Oktober 1897, Seite 189


Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 1997, Seite 133
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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