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Fake News: Es fühlt sich so wahr an

Emotionen, so heißt es, hätten einen immer größeren ­Einfluss auf politische Meinungen. Doch dass unser Denken zahlreichen Verzerrungen unterliegt, wissen Psychologen schon lange. Warum ­beschäftigen uns die "gefühlten Wahrheiten" gerade jetzt so sehr?
Auf einer Tastatur sind zwei besonders markierte Tasten: Eine für die Wahrheit und eine für Fake News.

Nachdem die CDU bei der Berlin-Wahl im September 2016 eine bittere Niederlage einstecken musste, hielt Angela Merkel eine ziemlich nachdenkliche Rede. "Es heißt ja neuerdings, wir lebten in postfaktischen Zeiten", so die Bundeskanzlerin. "Das soll wohl heißen, die Menschen interessieren sich nicht mehr für Fakten, sondern folgen allein den Gefühlen." Danach tauchte dieser rätselhafte Begriff plötzlich überall auf. Die Gesellschaft für deutsche Sprache kürte "postfaktisch" einstimmig zum Wort des Jahres 2016. Die Redaktion des "Oxford English Dictionary" traf mit "post-truth" eine ganz ähnliche Entscheidung. Offenbar passt der Begriff perfekt in eine Zeit, in der Wahrheiten ebenso verhandelbar scheinen wie Weltanschauungen oder politische Agenden.

Niemand illustriert das zurzeit besser als Donald Trump. Allein seine Amtseinführung war von einem bemerkenswerten Hickhack um das Faktische geprägt: Viele Medien berichteten übereinstimmend, die Zeremonie sei von viel weniger Menschen besucht worden als die seines Vorgängers Barack Obama. Trumps Pressesprecher Sean Spicer setzte dem kühn entgegen: "Es war das größte Publikum, das jemals bei einer Vereidigung dabei war." Diese offenkundige Falschbehauptung verteidigte Trumps Beraterin Kellyanne Conway später mit einer inzwischen legendär gewordenen Formulierung: Spicer hätte lediglich "alternative Fakten" genannt. In den folgenden Monaten lieferten Trump und sein Team noch zahlreiche weitere Beispiele für ihren recht sorglosen Umgang mit der Wahrheit ...

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  • Quellen

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