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Forensik : »Gewalt ist ein Teil unserer Natur«

Der Psychiater Hans-Ludwig Kröber über die Hintergründe schwerer Gewalttaten und die Normalität des »Bösen«.
Hans-Ludwig Kröber

Herr Professor Kröber, meine dreijährige Tochter fragte mich letztens unvermittelt: »Papa, gibt es eigentlich böse Menschen?« Was würden Sie darauf antworten?

Da kommt es natürlich auf eine kindgerechte Antwort an. Aber wenn Sie mich so fragen: Sicher begehen Menschen immer wieder Taten, die wir als »böse« bezeichnen. Das beinhaltet eine starke Wertung. Der Ausdruck »böser Mensch« suggeriert, dass die Quelle des Übels in der betreffenden Person selbst liegt und dass er grundsätzlich so ist. Wir verurteilen damit den ganzen Menschen und nicht nur seine Tat. Als forensischer Psychiater betrachte ich Tat und Person jedoch gesondert. Es geht mir darum, die Funktion der jeweiligen Straftat zu verstehen, ihr Motiv, ihr Ziel. Sie hat immer etwas mit der Person zu tun, mit deren Geschichte und den da­raus entstandenen Denk- und Gefühlsmustern, aber auch mit der Situation, in der diese Person sich befand. Selbst der »böseste« Mensch wird kaum straffällig, wenn es dazu keinen Anlass gibt und die Situation ungünstig ist. Andererseits wissen wir spätestens seit der Nazizeit, dass sich oft auch moralisch gefestigte Menschen mitunter bereitfinden, furchtbare Dinge zu tun …

Kennen Sie schon …

Spektrum der Wissenschaft – Stumme Zeugen

Der genetische Fingerabdruck ist längst eine Standardmethode in der Ermittlungsarbeit. Doch die Kriminaltechnik nutzt dafür nicht nur Spuren von Verdächtigen. So genügten Forensikern des BKA in Wiesbaden vertrocknete Laubblätter, um den Täter eines ungelösten Falls aus den 1990er Jahren aufzuklären. In unserer Titelgeschichte geben sie einen spannenden Einblick in ihre Arbeit. Weitere Themen dieses Heftes: Scheitert in der Quantengravitation die Suche nach einer Weltformel an der gödelschen Unvollständigkeit? Um den Ressourcen- und Energieverbrauch für künstliche Intelligenz zu senken, entwickeln Forscherinnen und Forscher optische neuromorphe Computer, die Licht als Speicher- und Informationsträger nutzen. Außerdem berichten wir über einen Geoengineering-Ansatz, bei dem zerkleinertes Basaltgestein auf Ackerflächen klimaschädliches Kohlendioxid aus der Luft binden und gleichzeitig die Fruchtbarkeit der Böden steigern soll, und über die wachsende Bedrohung der Raumfahrt durch Weltraumschrott.

Spektrum - Die Woche – Wenn das Stromnetz aus dem Takt gerät

Mit Solarmodulen, Hochspannungsleitungen und Batterien sind wir vertraut. Phasenschieber, Stromrichter und Schwungmasse könnten bald ebenso wichtig sein. Nach dem Blackout in Spanien und Portugal analysiert unser Autor die Ursachen und Lösungen für die Stabilität des europäischen Stromsystems.

Spektrum - Die Woche – Wie wird die Deutsche Bahn wieder zuverlässiger?

Unpünktlich, überlastet, veraltet – die Deutsche Bahn macht keine gute Figur. Woran das liegt und warum nun selbst Tricksereien nicht mehr helfen, erklärt Verkehrswissenschaftler Ullrich Martin. Außerdem in dieser Ausgabe: eine neue Theorie zu Schwarzen Löchern und Therapien gegen Katzencovid.

  • Literaturtipps und Quelle

Literaturtipps

Kröber, H.-L.: Mord im Rückfall. 45 Fallgeschichten über das Töten. MWV, 2019.

Was Wiederholungstäter antreibt – eine Sammlung von realen Fällen, spannend nacherzählt

Stangneth, B.: Böses Denken. Rowohlt, 2016.

Philosophisch-historischer Essay über die Grundlagen des Bösen

Quelle

Kröber, H.-L. et al.: Erfahrungswissenschaftliche Empfehlungen für kriminalprognostische Gutachten. In: Dahle, K.-P. et al.: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 4, 2019

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