Kommunikation: Was einen Schrei zum Schrei macht
Ein gekreischter Hilfeschrei macht uns hellwach und zieht sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Aber warum? Ein Team um David Poeppel vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt hat nun festgestellt: Schreie weisen starke Amplitudenmodulationen zwischen 30 und 150 Hertz auf, weshalb wir sie als rau empfinden. Eine normale Sprechstimme dagegen ist mit unter 20 Hertz amplitudenmoduliert, und auch im Klang von Musikinstrumenten lässt sich das 30- bis 150-Hertz Modulationsmuster kaum nachweisen.
Laut den Ergebnissen der Forscher bestimmt die "Rauigkeit" darüber, wie alarmierend Laute auf uns wirken. Das Team setzte Versuchsteilnehmer verschiedenen Klängen aus und befragte sie nach ihren Eindrücken. Die Probanden schätzten einen Klang als umso furchteinflößender ein – und gelangten umso schneller zu diesem Urteil –, je stärker er zwischen 30 und 150 Hertz amplitudenmoduliert war. Zudem konnten sie entsprechende Laute genauer lokalisieren als eine normale Sprechstimme. Künstliche Alarmgeräte wie Sirenen erzeugen den Forschern zufolge ebenfalls Amplitudenmodulationen zwischen 30 und 150 Hertz und nutzen damit quasi das gleiche kommunikative Band wie Schreie.
Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) untersuchte das Team auch, was beim Hören "rauer" Klänge im Gehirn von Probanden geschieht. Dabei zeigte sich, dass besonders die Amygdala, das "Angstzentrum", auf 30- bis 150-Hertz-Amplitudenmodulationen reagiert. Filterte das Team diese Modulationen aus einem aufgezeichneten Schrei heraus, wirkte er auf die Teilnehmer nicht mehr so alarmierend. Dieser Mechanismus erklärt vielleicht sogar, warum manche musikalischen Intervalle als "dissonant" empfunden werden: Laut den Analysen zeichnen sie sich durch Amplitudenmodulationen zwischen 30 und 80 Hertz aus.
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