Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Methoden: Der Studien-TÜV

"Forscher haben gezeigt ..." – solche pauschalen ­Aussagen sind mit Vorsicht zu genießen. Sieben Dinge, auf die man achten muss, um den Wert psychologischer Studien zu beurteilen.
An einen Stapel Dokumente ist eine Lupe gelehnt.

Die Psychologie ist ins Gerede gekommen. Nicht nur, weil das Fach in den letzten Jahren durch einige handfeste Betrugsfälle erschüttert wurde – etwa die des niederländischen Sozialpsychologen Diederik Stapel oder des Evolutionspsychologen Marc Hauser, die offenbar ganze Datensätze erfunden hatten. Nein, es mehrten sich auch grundsätzliche Zweifel an der Vorgehensweise der psychologischen Forschung. Dass viele ihrer Befunde Zufallsprodukte seien, zeigt sich laut Kritikern etwa darin, wie schlecht sie sich wiederholen lassen. So brachte es das Reproducibility Project des US-Psychologen ­Brian Nosek, das 100 in renommierten Fachjournalen publizierte Studien nachstellte, auf eine Erfolgsquote von 36 Prozent. Knapp zwei Drittel der Replizierungsversuche schlugen demnach fehl!

Sind geistige Phänomene wie Gefühle oder Denkweisen einfach nur schwer messbar? Oder werden sie von so vielen Faktoren beeinflusst, dass eindeutige Kausalitäten nach dem Muster "wenn X, dann y" kaum zu erwarten sind? Sicher ist: Psychologie basiert auf Statis­tik. Statt fester Wenn-dann-Beziehungen beschreibt sie Wahrscheinlichkeiten, und die lassen naturgemäß stets Ausnahmen zu. Insofern kann auch jedes Ergebnis eines Experiments theoretisch in die Irre leiten, die dahinterstehende Hypothese also nur scheinbar bestätigen. Aber das ist in anderen Wissenschaften wie der Medizin oder der Biologie genauso. Die Frage lautet nicht, ob psychologische Studien etwas taugen, sondern, wann sie verlässliche Aussagen erlauben ...

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Verbrechen: Die Psychologie des Bösen

Warum faszinieren wahre Verbrechen? True Crime ist ein Spiegel unserer psychologischen Neugier: Was macht Menschen zu Tätern – und wie gelingt es Ermittlern, die Wahrheit ans Licht zu bringen? In dieser Ausgabe geht es um die Kräfte, die Menschen in den Abgrund treiben oder zurückholen. Wir zeigen, warum Rache selten Frieden bringt, wie gefährliche Häftlinge in Sicherungsverwahrung leben, was das Stockholm-Syndrom über Überlebensstrategien verrät und mehr.

Gehirn&Geist – Multiple Persönlichkeit: Was hinter der dissoziativen Identitätsstörung steckt

Manche Menschen scheinen verschiedene Ichs in sich zu tragen, die im Wechsel die Kontrolle über den Körper übernehmen – mit jeweils eigenem Alter, Namen und Geschlecht. Unsere Experten, die zu dissoziativen Phänomenen forschen, stellen die wichtigsten Fakten zur »Multiplen Persönlichkeit« vor. Ergänzend dazu geht die Psychologin Amelie Möhring-Geisler der Frage nach, ob rituelle Gewalt in der Kindheit gezielt Persönlichkeitsspaltungen herbeiführt. In dieser Ausgabe beginnt zudem eine neue Artikelserie zum Thema »Long Covid und ME/CFS«. Im Interview spricht Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité über Ursachen von ME/CFS, den Versorgungsmangel in Deutschland und Hoffnung auf Medikamente. Darüber hinaus berichten wir über das Glücksparadox, das besagt: Je mehr wir dem Glück hinterherjagen, desto weiter entfernt es sich. Wir stellen das Thema psychotherapeutische Patientenverfügung vor, die im psychischen Krisenfall eine große Hilfe sein kann, sowie die noch immer rätselhafte Schmerzerkrankung Fibromyalgie, über deren Ursachen noch viel spekuliert wird.

Spektrum - Die Woche – Die radikale Lösung für die Plastikkrise

Plastik war einst eine Revolution – heute ist es ein Umweltproblem. Forschende in Deutschland wollen das ändern: mit neuen Kunststoffen, die vollständig recycelbar sind. Außerdem: Warum der Urknall vielleicht ganz anders war, was Männer bei einer Vasektomie erwartet und mehr.

  • Quellen

Arditte, K. A. et al.: The Importance of Assessing Clinical Phenomena in Mechanical Turk Research. In: Psychological Assessment 28, S. 684–691, 2016

Button, K. S. et al.: Power Failure: Why Small Sample Size Undermines the Reliability of Neuroscience. In: Nature Reviews Neuroscience 14, S. 365–376, 2013

Elson, M., Przybylski, A. K.: The Science of Technology and Human Behavior: Standards, Old and New. In: Journal of Media Psychology 29, S. 1–7, 2017

Gifford, R.: Environmental Psychology Matters. In: Annual Review of Psychology 65, S. 541–579, 2014

Klein, R. A. et al.: Investigating Variation in Replicability: A "Many Labs" Replication Project. In: Social Psychology 45, S. 142–152, 2014

Nelson, L.D. et al.: Psychology‘s Renaissance. In: Annual Review of Psychology 69, S. 511-534, 2018

Simmons, J. P. et al.: Life after P-Hacking. In: Meeting of the Society for Personality and Social Psychology, New Orleans, S. 1-38, 2013

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.