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Titelthema: Zügle deine Neugier!

Offenheit und Entdeckerfreude beflügeln unser Denken. Doch zu viel davon birgt die Gefahr, dass man sich verzettelt oder auf billige Verlockungen hereinfällt. Wann brauchen wir mentale Scheuklappen?
Neugier kann die Entscheidungsfindung beeinflussen – selbst wenn das Ergebnis schadet.

An einem eisigen Apriltag im Jahr 1626 reitet der englische Philosoph und Naturforscher Francis Bacon (1561–1626) durch das verschneite London. Plötzlich geht ihm eine Frage durch den Kopf: Verwest ein totes Huhn bei Kälte eigentlich langsamer als im Warmen? Kurz entschlossen kauft Bacon ein frisch geschlachtetes Tier und beginnt den Kadaver mit Eis und Schnee zu stopfen. Vor lauter Eifer zieht er sich dabei eine Erkältung zu, der bald darauf eine Lungenentzündung folgt. Wenige Wochen später ist der Meisterdenker tot.

Mit dieser (allerdings fiktiven) Anekdote illustrierte einst der schottische Philosoph Thomas Hobbes (1588–1679) die zwiespältige Natur der Neugier: Er sah in ihr eine Tugend und eine Gefahr zugleich. Neugier ist eine treibende Kraft hinter vielen wissenschaftlichen Entdeckungen und technischen Innovationen und für den Erfolg der Spezies Mensch damit wohl ebenso wichtig wie Intelligenz. Die »Leidenschaft des Geistes«, wie Hobbes die Neugier nannte, kann aber auch zur Falle werden, etwa wenn sie uns dazu verleitet, viel Zeit im Internet zu verschwenden und auf die dort ausgelegten Neugier­köder (»clickbait«) oder Fake News hereinzufallen. Oder wenn wir halsbrecherische Aktionen wagen, bloß um herauszufinden, wie es ist, einen Achttausender zu besteigen oder im freien Fall durch die Luft zu wirbeln. Zu viel Neugier, das weiß jedes Kind, kann böse enden.

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  • Quellen

Gruber, M. et al.: States of curiosity modulate hippocampus-dependent learning via the dopaminergic circuit. Neuron 84, 2014

Kang, M. J., et al.: The wick in the candle of learning: Epistemic curiosity activates reward circuitry and enhances memory. Psychological Science 20, 2009

Kashdan, T. B. et al.: Curiosity has comprehensive benefits in the workplace: Developing and validating a multidimensional workplace curiosity scale in United States and German employees. Personality and Individual Differences 155, 2020

Kidd, C,. et al.: The goldilocks effect: Human infants allocate attention to visual sequences that are neither too simple nor too complex. PLoS ONE 7, 2012

Shengyi, W. et al.: Macaques preferentially attend to intermediately surprising information. Biology Letters 18, 2022

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