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Schmerzwahrnehmung: Bloß nicht hinschauen!

Unser Schmerzempfinden wird von dem beeinflusst, was wir im selben Augenblick um uns herum wahrnehmen. Eröffnet das neue Therapiewege?
Piks!

"Nicht hinschauen, dann tut es weniger weh!" Wenn Ärzte eine Spritze geben oder Blut abnehmen, raten sie gern zum Wegschauen – sie gehen davon aus, dass es den Schmerz verstärkt, wenn man dabei zusieht. Stimmt das? Und hilft beruhigende Musik im Hintergrund, etwa beim Zahnarzt, um zu entspannen und weniger Schmerz zu empfinden?

Hinter derartigen Strategien steht eine Annahme: nämlich dass Sinnesreize unsere Aufmerksamkeit und unser emotionales Befinden beeinflussen und sich folglich darauf auswirken können, wie wir Schmerzen erleben. Wenn diese Annahme stimmt, sollten sich daraus auch neue Ansätze zur Behandlung von Schmerzen entwickeln lassen.

Tatsächlich wäre dies mit der Vorstellung ­vereinbar, die Wissenschaftler davon haben, wie unsere Sinneswahrnehmung funktioniert: Um unsere Umwelt ganzheitlich zu erfassen, kombiniert unser Gehirn Informationen aus ver­schie­denen Sinneskanälen zu einem Gesamtbild – Fachleute nennen das multisensorische Inte­gration. Dabei kann sich das Ganze durchaus von der Summe seiner Teile unterscheiden. Ein klassisches Beispiel ist der McGurk-Effekt: Sehen Probanden auf einem Video, wie eine Person die Silben "ga-ga" sagt, hören jedoch ein aufgenommenes "ba-ba", so geben sie hinterher an, die Person hätte "da-da" gesagt. Ohne dass sich die Versuchsteilnehmer dessen bewusst geworden wären, hat also das Gehirn den bestehenden ­Konflikt zwischen visuellem und akustischem Eindruck aufgelöst und eine einheitliche Wahrnehmung daraus gemacht. ...

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  • Quellen

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Hauck, M. et al.: The Influence of Music and Music Therapy on Pain-Induced Neuronal Oscillations Measured by Magnetencephalography. In: Pain 154, S. 539–547, 2013

Höfle, M. et al.: Spectral Signatures of Viewing a Needle Approaching One’s Body When Anticipating Pain. In: European Journal of Neuroscience 38, S. 3089–3098, 2013

Höfle, M. et al.: Viewing a Needle Pricking a Hand That You Perceive as Yours Enhances Unpleasantness of Pain. In: Pain 153, S. 1074–1081, 2012

Inui, K. et al.: Temporal Analysis of Cortical Mechanisms for Pain Relief by Tactile Stimuli in Humans. In: Cerebral Cortex 16, S. 355–365, 2006

Longo, M. R. et al.: Visually Induced Analgesia: Seeing the Body Reduces Pain. In: The Journal of Neuroscience 29, S. 12125–12130, 2009

Mancini, F. et al.: Changes in Cortical Oscillations Linked to Multisensory Modulation of Nociception. In: European Journal of Neuroscience 37, S. 768–776, 2013

Ortiz-Catalan, M. et al.: Treatment of Phantom Limb Pain (PLP) Based on Augmented Reality and Gaming Controlled by Myoelectric Pattern Recognition: A Case Study of a Chronic PLP Patient. In: Frontiers in Neuroscience 8, Nr. 24, 2014

Ploner, M. et al.: Flexible Cerebral Connectivity Patterns Subserved Contextual Modulations of Pain. In: Cerebral Cortex 21, S. 719-726, 2011

Pomper, U. et al.: Crossmodal Bias of Visual Input on Pain Perception and Pain-Induced Beta Activity. In: Neuroimage 66, S. 469–478, 2013

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Schmalzl, L. et al.: An Alternative to Traditional Mirror Therapy: Illusory Touch Can Reduce Phantom Pain When Illusory Movement Does Not. In: The Clinical Journal of Pain 29, e10-e18, 2013

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