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Wissenschaft im Alltag: Die Festplatte

Das Gedächtnis der Computer wächst und wächst und wächst ...?


Um Computerdaten zu speichern, brachte das amerikanische Unternehmen IBM 1956 das erste Festplattenlaufwerk auf den Markt. Es bestand aus insgesamt 50 Aluminiumplatten, jede 60 Zentimeter groß und auf beiden Seiten mit magnetischem Eisenoxid beschichtet. Mit einer Speicherkapazität von fünf Millionen Zeichen wog dieses Laufwerk fast eine Tonne und vereinnahmte so viel Platz wie zwei moderne Kühlschränke. In den achtziger Jahren nahm das Aufnahmevermögen jährlich um 25 bis 30 Prozent zu, in den Neunzigern bereits um 60 Prozent und gegenwärtig um 100 Prozent – eine glatte Verdopplung pro Jahr. Moderne PCs verfügen bereits über 70 Gigabyte (Milliarden Byte) an Speicherplatz und mehr.

Heutige Platten bestehen aus Aluminiumlegierung oder einem Glassubstrat. Schreib- Lese-Köpfe auf beiden Seiten einer jeden Platte speichern Daten auf konzentrischen Spuren der magnetischen Beschichtung und lesen sie wieder aus. Servogesteuerte Tragarme positionieren die Köpfe, wobei sie ein Luftkissen in Mikrometer-Abständen über der Platte in der Schwebe hält. Ein Motor dreht die Platten mit 3600 bis 10000 Umdrehungen pro Minute. Schreib-Lese-Köpfe bestanden zunächst aus ferritischen Materialien. Sie schrieben Folgen von Nullen und Einsen durch Änderung magnetischen Polarität kleinster Domä- nen des Speichermediums. Beim Lesen induzierten umgekehrt die unterschiedlich polarisierten magnetischen Bereiche elektrische Signale, aus denen die Bit-folge zu deuten war.

Ab 1979 wurden die Köpfe in Dünnschichttechnik gefertigt und damit ihre Präzision erhöht. Seit den neunziger Jahren wird der "Magnetowiderstandseffekt", kurz MR-Effekt, genutzt. Ein heutiger Schreib-Lese-Kopf erkennt Information anhand von magnetischen Streufeldern, die aus der Platte austreten und den elektrischen Widerstand des Lese-Elements ändern. Die nun größere Empfindlichkeit erlaubte ein weiteres Schrumpfen der magnetisierten Domänen.

Im Jahr 1997 präsentierte IBM zudem die nächste Generation: den GMR-Lesekopf (giant magneto-resistance, Riesen-Magnetowiderstand). In ihm sind magnetische und nichtmagnetische Materialien geschichtet, was seine Empfindlichkeit verdoppelt bis verdreifacht. Diese Technologie soll Speicherdichten von 100 Gigabit pro Quadratzoll und mehr möglich machen. Entdeckt wurde der GMR-Effekt 1988 von Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich.

Doch die herkömmliche Festplatte stößt bald an ihre Entwicklungsgrenzen. Da immer weniger Atome verwendet werden, um einzelne Bits zu speichern, kann sich der superparamagnetische Effekt (SPE) bemerkbar machen: Wird das zur Aufrechterhaltung des magnetischen Moments eines Atoms (Spin) – also zur Speicherung einer Null oder Eins – erforderliche Energieniveau dem der thermischen Energie des umgebenden Mediums vergleichbar, können Spins zufällig umkippen, und die von ihnen repräsentierten Daten sind zerstört.

Der SPE begrenzt das Zusammendrängen von mehr und mehr Bits auf engstem Raum auf 100 bis 150 Gigabit pro Quadratzoll. In etwa fünf Jahren dürfte die herkömmliche Technologie an ihre Grenzen stoßen, doch die meisten Alternativen (siehe Kasten links) sind noch nicht marktreif. Dennoch glauben Experten nicht, dass sich die Entwicklung der Informationstechnologie dadurch verlangsamen wird.




Alternative Techniken für noch mehr Kapazität


Die Bits senkrecht zur Plattenfläche zu orientieren, anstatt waagrecht in Spuren abzulegen, verhindert Spinflips und erlaubt höhere Packungsdichten.

Es gibt "magnetisch harte" Materialien wie Eisen-Platin oder Kobalt-Samarium-Legierungen für die eigentlichen Speicherschichten, bei denen der superparamagnetische Effekt nicht auftritt. Man muss sie aber vor dem Beschreiben erhitzen, um sie "aufzuweichen".

In das Speichermedium wird ein Relief mit mikroskopisch kleinen Barrieren zwischen den einzelnen Bits geätzt.

Man verwendet radikal neue Speichertechniken und -materialen, etwa holographische Kristalle.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 2000, Seite 116
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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