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Wissenschaft im Alltag: Sonnenschutzmittel



Die Haut schützt den Körper vor schädlichen Einflüssen der Umwelt, darunter auch vor der ultravioletten (UV-)Strahlung der Sonne. Dringen deren energiereiche Photonen ungehindert in die Haut, können sie ihre Zellen schädigen – das Gewebe entzündet sich. Dabei erweitern sich Blutgefäße in den tieferen Schichten und die Haut rötet sich. Wer sich häufiger einem solchen Sonnenbrand aussetzt, läuft Gefahr, an Hautkrebs zu erkranken, denn die Strahlung schadet auch der Erbsubstanz (DNA) in den Zellen. Zudem lässt ultraviolette Strahlung das Gewebe schneller altern.

Um sich zu schützen, bildet die Oberhaut (Epidermis) das Pigment Melanin, das UV-Licht absorbiert. Es verleiht eine bräunliche Farbe. Dunkelhäutige Menschen haben genetisch bedingt mehr Melanin als hellhäutige und bekommen daher nicht so leicht einen Sonnenbrand, während Menschen mit roten Haaren meist eine helle, sehr empfindliche Haut haben.

Sonnenschutzmittel enthalten UV-Licht-filternde Substanzen. Diese verlängern die Zeit, die man unbeschadet in der Sonne bleiben kann, um den so genannten Lichtschutzfaktor (LSF). Die Messung dieser Werte wurde in Europa in den 1990er Jahren durch die European Cosmetic, Toiletry and Perfumery Association (COLIPA) standardisiert. Tritt bei unbehandelter Haut zum Beispiel nach zehn Minuten eine Rötung auf, so ist die Entzündung bei einer Sonnenschutzcreme mit LSF 15 erst nach 150 Minuten zu sehen. Die Angaben gelten aber nur für den als UV-B bezeichneten Anteil der Strahlung mit einer Wellenlänge von 280 bis 320 Nanometer (millionstel Millimeter) – der auch die Melanin-Bildung anregt – und zudem nur für einen dicken Auftrag des Mittels von zwei Milligramm pro Quadratzentimeter.

Für so genannte UV-A-Strahlen (Wellenlänge 320 bis 400 Nanometer) verlangt ein australischer Standard, dass mindestens neunzig Prozent davon absorbiert werden müssen; viele handelsübliche Sonnenschutzmittel erfüllen diese Anforderung.

Neuere Entwicklungen bringen Mikropigmente aus Titandi-oxid oder Zinkoxid in die Lotion ein. Sie sollen wie winzige Spiegel beide Anteile des ultravioletten Spektrums reflektieren, also einen Breitbandschutz bieten. Bislang aber gilt: Einen wirklichen Sunblocker gibt es nicht.

Übertriebene Hoffnungen setzen manche auf Zusätze von Vitamin C, E und Beta-Carotin. In der besonnten Haut entstehen nämlich auch Sauerstoff-Radikale, die chemische Bindungen aufbrechen und so Schaden anrichten können. Die genannten Vitamine sind Anti-Oxidanzien, können also die Schädlinge abfangen. Was UV-Strahlung anrichtet, beruht aber nur zu einem geringen Prozentsatz auf Radikalbildung. Zu-dem fehlen Beweise dafür, dass die Vitamine in aktiver Form in die Haut gelangen.

Wie soll man sich wirkungsvoll vor der Sonne schützen? Am besten durch Vermeiden der Exposition, auf Rang zwei steht ein lichtdichtes Hemd (in Australien wird Kleidung ein Lichtschutzfaktor zugewiesen, für Europa soll eine Prüfnorm geschaffen werden). Da sich die Zellschäden akkumulieren – viele kurze Strandgänge haben einen vergleichbaren Effekt wie ein entsprechend längerer –, wird empfohlen, Hände und Gesicht täglich mit einem Sonnenschutzmittel oder einer Feuchtigkeitscreme mit Sonnenschutz einzureiben.

Sonnenanbeter und Solarienfetischisten dürften derlei nicht gerne hören. Für sie sei noch angemerkt, dass langwelliges UV-A-Licht, das Solarienröhren verstärkt emittieren, tiefer in die Haut eindringt und dort die elastischen Bindegewebsfasern zerstört – die Haut altert schneller. Zudem lässt sich ein Krebsrisiko dieser Komponente bislang keineswegs ausschließen.


Wussten Sie schon ... ?


- Die Varianten des Pigments Melanin absorbieren auch sichtbares Licht. Je mehr man von dem braunen Eumelanin hat, umso dunkler erscheint deshalb die Hautfarbe. Rothaarige produzieren mehr rotes und gelbes Phäomelanin. Weil es das UV-Licht weniger gut absorbiert, bekommen sie eher einen Sonnenbrand und bräunen weniger. Kinder haben in der Regel noch sehr dünne Haut und sind daher ohne Schutz in der Sonne stärker gefährdet als Erwachsene.

- Ein weißes T-Shirt bietet einen Lichtschutzfaktor (LSF) von etwa vier. Der Weichspüler Exelia Suncare umhüllt die Fasern laut Werbung mit einem UV-Licht absorbierenden Film, der nach zehnmaliger Anwendung einen LSF von 30 ereicht.

- Bräunungssprays und -lotionen enthalten Dihydroxyaceton (DHA), das sich auf der äußersten Hautschicht mit Aminosäuren verbindet und so, ganz ohne Sonne, eine synthetische Bräune hervorruft. Solche Selbstbräuner machen ebenso wie Après-Lotion zum Auftragen nach dem Sonnenbad etwa zwanzig Prozent des Marktes aus, Tendenz steigend. Doch Achtung: Die Mittel bieten keinen UV-Schutz!

- "Meine Damen und Herren der Abschlussklasse 1997, benutzt Sonnenschutz", begann Kolumnistin Mary Schmich eine Rede, die in der Chicago Tribune erschien und sogar vertont wurde. "Die langfristigen Vorteile sind durch Wissenschaftler bewiesen. Meine restlichen Vorschläge beruhen lediglich auf Erfahrung." Es folgen nette Weisheiten wie "Hebt Eure alten Liebesbriefe auf, schmeißt die Kontoauszüge weg." "Schont Eure Kniegelenke, Ihr werdet sie vermissen, wenn sie kaputt sind." Sie schloss: "Seid vorsichtig, wessen Ratschläge Ihr annehmt. ... Doch den einen nehmt an: Sonnenschutz!"

Die ganze Rede plus Vertonungen gibt es unter http://www.thesunscreenman.com/

Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 2002, Seite 86
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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