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Pro-Laser Weco GmbH: Wissenschaft in Unternehmen: Besser sehen im Alter



Wer diese Zeilen liest, stellt seine Augen unwillkürlich so ein, dass das Abbild der Buchstaben auf einen kleinen Teil der Netzhaut fällt – die Makula. Dort ist die Dichte der Sinneszellen besonders hoch, deshalb verantwortet dieser im Durchmesser gerade einmal zwei Millimeter große Bereich der Retina hauptamtlich die Sehschärfe. Mit zunehmendem Alter kann jedoch die Makula degenerieren, und die Sehkraft lässt oft rapide nach.

Neben grauem und grünem Star ist diese Makuladegeneration (age related macula degeneration, kurz AMD) mit etwa 60000 Neuerkrankungen jährlich allein in Deutschland ein Hauptgrund für altersbedingten Sehverlust. Ihre Ursachen werden noch erforscht, vermutlich sind es Blockaden der Nährstoffdiffusion im Gewebe. In Ausnahmefällen können Randbereiche des erkrankten Gewebes mit dem Laser koaguliert werden, ansonsten gibt es derzeit keine Heilungsmöglichkeiten.

Die Düsseldorfer Pro-Laser Weco GmbH, früher als Rodenstock Instrumente bekannt, entwickelt und produziert Lasersysteme für die Augenheilkunde, insbesondere für die Diagnostik. Nun versuchen ihre Wissenschaftler die noch junge photodynamische Therapie (PDT) für die AMD-Behandlung einzusetzen: Verteporfin, ein primär nicht toxischer, photosensibilisierender Farbstoff, in die Blutbahn injiziert, reichert sich vorzugsweise in dem gut durchbluteten kranken Gewebe der Makula an. Bestrahlt man nun mit schwachem Laserlicht, wird das Gewebe zwar nicht koaguliert, aber lokal begrenzte Oxidationsprozesse angeregt. In der Folge veröden Blutgefäße und das erkrankte Gewebe stirbt. Studien belegen, dass der Mehrzahl der so behandelten AMD-Patienten die Sehkraft erhalten blieb. Die Novartis-Tochter Ciba Vision vertreibt Verteporfin, ein Porphyrinderivat, seit 1999 unter dem Handelsnamen Visudyne.

Zur Durchführung der Therapie verwendet der Arzt eine so genannte Spaltlampe, das ist ein für die Beobachtung des Auges optimiertes Mikroskop. In dessen Strahlengang wird der Therapielaser eingekoppelt. Während der Behandlung bedient der Arzt nicht nur dieses Instrument, sondern hält auch noch eine Kontaktlinse vor den Augapfel des Patienten, um Ablenkungen des Lichtstrahls im Auge auf Grund von Sehfehlern zu kompensieren. Zudem muss er auf einem Monitor ein Bild vom erkrankten Areal der Retina betrachten, um dessen genaue Lage zu identifizieren.

Um dem Arzt das Schielen beziehungsweise Hin- und Herblicken abzunehmen, modifizieren die Forscher das Scanning-Laser-Ophthalmoskop (SLO) aus der Produktpalette des Unternehmens, ein in der Augendiagnostik viel genutztes Gerät. Es verwendet Laser verschiedener Farbe, um die Retina abzutasten und als Videobild, also in Echtzeit, auf einem Monitor darzustellen. Für die photodynamische Therapie soll ein weiterer Laserstrahl eingekoppelt werden, der die Makula bestrahlt.

Doch das ist nur der Anfang, denn auch die PDT lässt sich verbessern. Sie erfordert zwar verhältnismäßig geringe Laserleistungen von rund 600 Milliwatt pro Quadratzentimeter, dennoch zerstört die Therapie mitunter auch Sehschärfe. Der Grund: Der runde Lichtkegel des Strahls aktiviert auch Verteporfin in gesundem Gewebe.

Die Forscher wollen deshalb die Form der beleuchteten Fläche dem tatsächlich erkrankten Makulabereich anpassen. Eine Möglichkeit dazu bieten mikromechanische Spiegelarrays: Eine Vielzahl verstellbarer Mikrospiegel aus Aluminium wird auf einer Silizium-Matrix aufgebracht, in der eine Steuerelektronik integriert ist, die jeden Spiegel einzeln ausrichtet. Das Vorhaben wurde im Rahmen eines Innovationswettbewerbs in der Medizintechnik prämiert.

Gelingt es, die erkrankte Makula passgenau auszuleuchten, fehlt noch eine halb- oder gar vollautomatische Nachführung des Strahls, um unwillkürliche Augenbewegungen während der etwa achtzig Sekunden langen Behandlung auszugleichen. Eine große Herausforderung, denn bei einer zu behandelnden Fläche von maximal sechs Millimeter Größe, aber sehr unregelmäßiger Form, muss die Kantenschärfe des Lichtfeldes besser als 200 Mikrometer sein, um eine optimale therapeutische Wirkung mit gleichzeitiger Schonung des gesunden Gewebes zu verbinden. Innerhalb der bestrahlten Fläche dürfen die Intensitätsschwankungen zehn Prozent nicht überschreiten.

Anhand der Bilder einer Angiographie soll deshalb zunächst mit einem SLO das pathologische Retinaareal in Form und Position genau erkundet und vermessen werden. Auf der Fläche der Mikrospiegel würde diese Form exakt nachgebildet, mit dem SLO auf den Hintergrund des Auges projiziert und dort mit der erkrankten Fläche der Makula zur Deckung gebracht. Eine Elektronik wertet ein Videobild aus und führt Laserlicht und Mikrospiegel den Augenbewegungen nach. Das Unternehmen hofft, einen Prototypen 2003 im klinischen Experiment zu erproben.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 2001, Seite 82
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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