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Rezension: Zuses Muse

Raúl Rojas über "Die Frau, für die ich den Computer erfand" von Friedrich Christian Delius
Kurz bevor wir am 22. Juni dieses Jahres den 100. Geburtstag von Konrad Zuse feiern, erscheint ein Roman von Friedrich Christian Delius, der aus einem 280 Seiten starken, polternden, nächtlichen Monolog des Erfinders besteht – eine ungewöhnliche und zweifellos bemerkenswerte literarische Form, die im Feuilleton bereits große Aufmerksamkeit gefunden hat.

Über diese Freiheit in der Form hinaus darf ein historischer Roman selbstverständlich auch mit den Fakten kreativ umgehen. Es ist durchaus reizvoll, auszuspinnen, was gewesen wäre, wenn gewisse Ereignisse anders als in der Realität stattgefunden hätten. Eine solide Recherche ist aber immer unabdingbar, vor allem wenn es um weltbekannte Persönlichkeiten und ihre Wirkungsgeschichte geht. An der Stelle enttäuscht das vorliegende Werk, da es nur Legenden, Mythen, Altbekanntes und dazu leider viel Falsches wiederholt oder erneut aufwärmt.

Gleich am Anfang des Buchs verrät der fiktive Zuse, dass er während des Baus seiner Rechenmaschinen Ada Lovelace heimlich zu seiner Muse gemacht hat – rein in Gedanken natürlich, wie Don Quijote seine Dulcinea, denn Ada lebte von 1815 bis 1852. Dies ist eine hübsche Fiktion und eine schöne Metapher. Nur hat Zuse in Vorträgen und Schriften wiederholt darauf hingewiesen, dass er die Arbeiten von Charles Babbage, dem Erfinder der Differenz- und der Analytischen Maschine, bis 1945 und darüber hinaus nicht kannte. Wie hätte ihn dann Ada Lovelace inspirieren können, die der wissenschaftlichen Nachwelt nur ihren Kommentar zur nie gebauten Analytischen Maschine Babbages hinterlassen hat?...

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