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Geistesblitze: Zweifelhafte Befunde

Die Ergebnisse vieler psychologischer Studien lassen sich offenbar nicht gut reproduzieren. Das berichtet ein internationales Team aus mehr als 270 Forschern, die 100 Experimente und Korrelationsstudien aus den drei renommierten Fachzeitschriften "Psychological Science", "Journal of Personality and Social Psychology" und "Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition" noch einmal wiederholten. Dabei wurden die ursprünglichen Untersuchungsbedingungen möglichst genau nachgestellt und die gleichen Methoden wie in den Originalarbeiten verwendet. Dennoch konnte nicht einmal die Hälfte der Ergebnisse repliziert werden: 64 der 100 Arbeiten fielen im Nachtest durch. Zudem schmolz die Effektstärke, ein Maß für die Verlässlichkeit eines Resultats, im Schnitt um gut 50 Prozent.

Das muss allerdings nicht heißen, dass die Befunde falsch seien, erklären die Forscher. Womöglich habe man das methodische Vorgehen nicht genau genug adaptiert, und schon kleine Veränderungen beeinflussten die Ergebnisse. So könnte auch die Reproduktionsstudie selbst ein falsch negatives Ergebnis liefern. Die hohe Durchfallquote zeige jedoch, wie schwer es sei, die Richtigkeit psychologischer Befunde zu überprüfen.

Für die eigene wissenschaftliche Karriere der Forscher ist es wenig förderlich, fremde Studien zu reproduzieren, so dass die Nachtests zu Gusten von anderen Versuchen, die eventuell neue, bis dahin noch unbekannte Ergebnisse zu Tage fördern, oft ausblieben. Auch viele Fachzeitschriften behandelten Arbeiten, die neuen Hypothesen nachgehen, mög­licherweise bevorzugt. Hier müssen andere Anreize geschaffen werden, um sicherere Erkenntnisse zu gewinnen, fordern die Autoren. Zudem sei es unabdingbar, dass Forscher alle Details und Rohdaten ihrer Untersuchungen transparent und öffentlich zugänglich machen.

Science 349, 4716, 2015

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