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Atomarer Speicher: 10 Terabyte auf nur einem Quadratzentimeter

Diese "Festplatte" hätte eine fantastische Speicherdichte: Um digitale Daten zu speichern, arrangieren niederländische Forscher einzelne Atome um. Mit einem Kilobyte klappt das bereits.
Speicherblöcke aus Nullen und Einsen

Forscher der Universität Delft haben ein Speichermedium vorgestellt, das alle gängigen Systeme gleich um mehrere Größenordnungen übertrifft: Auf der Fläche von einem Quadratzentimeter lassen sich damit rund zehn Terabyte an Daten unterbringen. Dies gelingt dem Team um Sander Otte, indem die Wissenschaftler einzelne Chloratome auf einer Kupferfläche umarrangieren.

In einem ersten Test, von dem sie jetzt berichten, konnten sie so immerhin ein Kilobyte an Daten abspeichern und wieder auslesen, darunter Ausschnitte aus Richard Feynmans berühmter Rede "There's plenty of room at the bottom", die als ideeller Startschuss für die Nanotechnologie gilt. In ihrem Prototyp erfolgt der Lese- und Schreibvorgang bereits automatisiert.

Eine Abbildung des atomaren Speichers | In der Aufnahme mit dem Rastertunnelmikroskop wird erkennbar, wie sich durch Füllen oder Leeren der (dunklen) Fehlstellen Binärdaten aus Nullen und Einsen darstellen lassen. Jeder Block enthält zudem links oben eine spezielle Kennung, die dem System Auskunft darüber gibt, ob der Block intakt ist oder nicht.

Den Forschern war aufgefallen, dass sich Chloratome auf dem Metall zu einem sehr regelmäßigen Gittermuster anordnen und dass sich diese Eigenschaft zum Abspeichern einzelner Bits nutzen lassen könnte. Entscheidend ist dabei die Position von Fehlstellen – also Stellen, an denen im Raster ein einzelnes Chloratom fehlt. Über die hauchdünne Spitze eines Rastertunnelmikroskops können sie ein benachbartes Atom in diese Lücke bewegen, der gefüllte Rasterpunkt repräsentiert dann eine binäre Eins, die Fehlstelle findet sich nun an der Position des verschobenen Atoms. Um eine binäre Null darzustellen, belassen sie die Fehlstelle, wie sie ist, oder schieben ein eventuell dort vorhandenes Atom wieder an seinen ursprünglichen Platz. Der Speicher ist dadurch im Prinzip beliebig oft wiederbeschreibbar.

Die Speichereinheit von Otte und Team ist allerdings noch weit von einer Alltagstauglichkeit entfernt. Ein großer Hemmschuh dürfte dabei die Tatsache sein, dass das atomare Arrangement nur bei sehr tiefen Temperaturen stabil ist. Die Wissenschaftler mussten ihre Apparatur mit flüssigem Stickstoff auf minus 196 Grad Celsius abkühlen. Das ist zwar immer noch ein Fortschritt gegenüber vergleichbaren Ansätzen aus der Vergangenheit, die Temperaturen benötigten, die nur mit flüssigem Helium zu erreichen waren. Doch für den Einsatz im heimischen PC ist ein solches System nicht geeignet. Ob und wie sich die Chloratome auch bei Raumtemperatur stabilisieren lassen, erforschen die Wissenschaftler in laufenden Studien.

Ein weiterer Nachteil ergibt sich aus der durchaus beträchtlichen Zeit, die es braucht, um Bits auszulesen oder zu schreiben. Bis ihr 1-Kilobyte-Speicher gelesen ist, vergehen Stunden. Auch dies ein Fortschritt gegenüber früheren Ansätzen, die für eine vergleichbare Aufgabe Tage gebraucht hätten. Alltagstauglich wäre ein solches Gerät aber nicht. Fraglich ist auch, ob sich wenigstens prinzipiell eine Lösung für dieses Geschwindigkeitsproblem andeutet, die nicht den Raumgewinn durch die atomare Speicherung wieder zunichtemacht.

Eine vielleicht praxistauglichere Alternative für das Speichermaterial der Zukunft ist die zweckentfremdete Erbsubstanz DNA. Zwar kann sie in puncto Speicherdichte nicht ganz mithalten, arbeitet dafür jedoch bei Umgebungstemperatur und konserviert die Informationen sehr langfristig. Einem Team von IBM gelang es erst kürzlich, 200 Megabyte Daten in einer Flüssigkeitsmenge unterzubringen, die mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen ist.

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