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Sonnenforschung: 30 Jahre SOHO – eine Erfolgsgeschichte

Seit drei Jahrzehnten sammelt die Raumsonde SOHO nahezu ununterbrochen Daten von der Sonne. Die gemeinsame Mission von ESA und NASA revolutionierte die Sonnenforschung, ermöglichte Echtzeitbeobachtungen von Sonneneruptionen und trug zur Entdeckung Tausender Kometen bei.
Eine Raumsonde im Vordergrund fliegt nahe an der Sonne vorbei, die den Hintergrund dominiert. Die Sonne zeigt deutliche Oberflächenstrukturen und eine auffällige Protuberanz. Die Raumsonde ist detailliert dargestellt, mit sichtbaren Solarpaneelen und Instrumenten. Der Kontrast zwischen der dunklen Umgebung des Weltraums und der leuchtenden Sonne hebt die Szene hervor. Schlüsselwörter: Raumsonde, Sonne, Protuberanz, Weltraum.
Sonnenspäher: Seit dem Jahr 1995 hat die Sonnensonde SOHO unser Tagesgestirn fest im Blick.

Am 2. Dezember 1995 startete die Mission SOHO (Solar and Heliospheric Observatory) als gemeinsames Projekt der europäischen und US-amerikanischen Weltraumbehörden ESA und NASA ins All – geplant waren nur zwei Jahre Betriebszeit. Mittlerweile sind aus diesen 30 Jahre geworden, in denen das Weltraumobservatorium fast ohne Unterbrechung die Aktivität der Sonne aufzeichnet. Stationiert ist es am sogenannten Lagrange-Punkt L1, direkt zwischen Sonne und Erde und knapp 1,5 Millionen Kilometer von dieser entfernt. Seit Beginn seiner Mission hat SOHO die Aktivität unseres Heimatsterns über fast drei Sonnenzyklen von je elf Jahren hinweg dokumentiert.

Dass SOHO so gut funktioniert, »ist ein Verdienst der Ingenieure, Operatoren und Wissenschaftler – und ein starkes Zeichen internationaler Zusammenarbeit«, betont Carole Mundell, ESA-Direktorin der Abteilung für Wissenschaften. Auch von der Seite der NASA heißt es: »Die Mission ist ein großartiges Beispiel für eine erfolgreiche Partnerschaft. Beide Teams verdienen Anerkennung für 30 Jahre außergewöhnlich beeindruckender Leistung.«

Die drei Jahrzehnte verliefen allerdings – wie so oft – nicht ohne anfängliche Probleme: Zweieinhalb Jahre nach dem Start geriet die Raumsonde in eine unkontrollierte Rotation. Erst nach monatelanger Arbeit gelang die Rettung. Doch damit nicht genug: Wenig später, im Dezember 1998, fiel das letzte der drei Gyroskope aus – die anderen beiden waren bereits während des Starts ausgefallen. Ohne die Fähigkeit, ihre Ausrichtung akkurat zu halten, stand die gesamte Mission auf der Kippe. Ingenieure entwickelten in der Folge eine neue Software, welche die komplette Lageregelung ohne Gyroskope ermöglichte – ein Meilenstein in der Raumfahrttechnik, der SOHOs Weiterbetrieb bis heute ermöglicht.

Auf dem Weg zur Rekordmission

Die betagte Raumsonde leistete um die Jahrhundertwende Pionierarbeit und eröffnete der Sonnenforschung völlig neue Bereiche. So erlaubte sie erstmals eine hochauflösende und kontinuierliche Beobachtung der Sonne in Echtzeit – ein weiterer Meilenstein, diesmal bei der Erforschung des Weltraumwetters. Mit SOHO lassen sich koronale Massenauswürfe (englisch: CMEs) erkennen und für die Erde potenziell gefährliche Sonneneruptionen vorhersagen. Die Raumsonde spielt eine so wichtige Rolle bei der Erforschung des Weltraumwetters, dass die Sicherstellung der Funktionalität ihres LASCO-Koronografen es sogar in die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten von Amerika geschafft hat.

Auch die Helioseismologie wurde durch SOHO revolutioniert: Indem das Teleskop misst, wie sich Schallwellen durch die Sonne bewegen, gewannen Astronomen erstmals Einblick in die inneren Schichten unseres Sterns. Die Bewegungen von elektrisch geladenem Material, dem Plasma, erklärten den elfjährigen Sonnenzyklus und die Entstehung von Sonnenflecken in dessen Verlauf.

Die Sonne seit 30 Jahren im Blick | Seit dem Jahr 1995 beobachtet die europäisch-amerikanische Raumsonde SOHO die Sonne, hier im Bereich des extremen Ultravioletten. Erscheint die Sonnenscheibe dunkel, so befindet sich unser Tagesgestirn nahe eines Minimums. Ist die Scheibe hell und strukturiert, ist ein Sonnenmaximum erreicht. Die Bilder geben die Strahlung von Gas bei einer Temperatur von etwa zwei Millionen Grad Celsius wieder. Die erste Aufnahme ganz links oben stammt aus dem Jahr 1995, pro Folgejahr ist ein weiteres Bild eingefügt, die Strecke reicht bis zum Jahr 2025.

Anfänglich nicht geplant, entdeckte man mithilfe von SOHO zudem etliche sogenannte »Sungrazer-Kometen«. Diese kommen auf ihren Umlaufbahnen der Sonne so nahe, dass sie von deren intensivem Licht überstrahlt, häufig auch zerstört werden. Ohne den abschirmenden Effekt von SOHOs Koronografen ließen sich diese Objekte gar nicht beobachten. So wurde SOHO zu einem der profiliertesten Kometenjäger – im März 2024 gelang die 5000. Entdeckung.

SOHOs Erfolg ebnete den Weg für nachfolgende Missionen der ESA und NASA wie den Solar Orbiter, die Parker Solar Probe oder die erst im Jahr 2024 gestartete Mission Proba-3 der ESA. »Es ist ein rundum strahlender Erfolg – dank des Engagements der Teams, die diese unglaubliche Maschine am Laufen halten«, sagt Daniel Müller, Projektwissenschaftler bei der ESA für SOHO und Solar Orbiter. »Ich bin sicher, dass ihr Vermächtnis die Sonnenforschung noch jahrzehntelang prägen wird.«

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