3I/ATLAS: NASA veröffentlicht neue Bilder des interstellaren Besuchers

Lange hatte die Raumfahrtbehörde NASA schweigen müssen, da der mehr als sechswöchige Shutdown der US-amerikanischen Regierung jegliche Öffentlichkeitsarbeit unmöglich machte. Nun ist die NASA mit einem Feuerwerk an neuen Bildern und Erkenntnissen über den interstellaren Besucher, den Kometen 3I/ATLAS, zurück.
Gleich drei Raumsonden beobachteten den Schweifstern vom Roten Planeten aus: Es sind der Mars Reconnaissance Orbiter (MRO), die Sonde MAVEN (Mars Atmosphere and Volatile EvolutioN) und der Marsrover Perseverance. Alle drei wurden dafür genutzt, 3I/ATLAS bei seiner dichtesten Annäherung an den Mars am 4. Oktober 2025 mit den jeweiligen Bordkameras zu fotografieren. Der interstellare Komet war bis auf 30 Millionen Kilometer herangekommen, das entspricht einem Fünftel des Abstands der Erde zur Sonne. Unserem Planeten nähert sich 3I/ATLAS am 19. Dezember 2025 allerdings nur bis auf 270 Millionen Kilometer, was etwa die neunfache Distanz ist.
Die schärfsten Bilder gelangen dem Mars Reconnaissance Orbiter, der über das größte und leistungsfähigste Teleskop auf dem Mars verfügt. Es gehört zur Kamera HiRISE, dem High Resolution Imaging Science Experiment, und dient normalerweise der detaillierten Kartierung der Marsoberfläche mit einer Auflösung von wenigen Metern. Mit einem Hauptspiegeldurchmesser von 50 Zentimetern ist es sehr lichtstark, hat aber ein vergleichsweise kleines Gesichtsfeld.
Dennoch schafften es die Missionskontrolleure der NASA, MRO so exakt auszurichten, dass der Schweifstern erfasst wurde und Bilder mit einer räumlichen Auflösung von 30 Kilometern pro Bildpunkt entstanden. Sie zeigen den Kernbereich des Schweifsterns und die Ansätze der Ionen- und Staubschweife, die typisch für einen Kometen sind. Der eigentliche feste Kern oder Nukleus konnte auch mit HiRISE nicht direkt gesichtet werden. Schätzungen seines Durchmessers reichen von einigen 100 Metern bis hin zu maximal 11 Kilometern. Vom Mars aus gesehen befand sich der Schweifstern im Sternbild Nördliche Krone.
Der Komet im Ultravioletten und von der Marsoberfläche
Auch der Raumsonde MAVEN gelang es, den Kometen vom Marsorbit aus zu erfassen, und zwar im Ultravioletten. Das Instrument IUVS, der Imaging Ultraviolet Spectrograph, hat bei Weitem keine so hohe räumliche Auflösung wie die HiRISE-Kamera, dennoch konnte es den Schweifstern erfassen. Die Bilder enthüllen den dichten Bereich um den festen Kern und die Verteilung von Wasserstoff, der aus von der Sonne verdampftem Wassereis stammt.
Mit dem Rover Perseverance, der sich im Hochland beim Krater Jezero befindet, war es möglich, 3I/ATLAS von der Marsoberfläche aus am Firmament zu sichten. Dafür wurde die Mastcam eingesetzt, die sich auf dem kopfähnlichen Ausleger des Rovers befindet. Die Bilder zeigen jedoch nur ein äußerst leuchtschwaches Lichtpünktchen am Himmel, das aber keine wesentlichen Erkenntnisse bietet.
Asteroidensonden machen mit
Mit der Raumsonde Psyche, die sich auf dem langen Weg zum Asteroiden (16) Psyche befindet, konnte aus einer Entfernung von 53 Millionen Kilometern der Komet untersucht werden, der sich aus ihrer Perspektive im Sternbild Jagdhunde aufhielt. Allerdings waren die Bilder wegen der größeren Entfernung nicht detailliert genug, um mehr als einen Lichtpunkt zu erfassen.
Die Sonde Lucy, die auf der Reise zu den Trojaner-Asteroiden von Jupiter ist, fotografierte den Schweifstern aus einer Entfernung von 240 Millionen Kilometern. Sie verfügt über ein 21-Zentimeter-Spiegelteleskop, sodass sich auf den Bildern der Kernbereich und der Ansatz des Staubschweifs sichten ließen.
3I/ATLAS aus der Sicht von Sonnensonden
Im Oktober 2025 befand sich der interstellare Besucher aus der Perspektive der Erde so nahe bei der Sonne, dass er mit erdgebundenen Teleskopen nicht sichtbar war, da er im hellen Glanz des Tagesgestirns »ertrank«. Dies galt jedoch nicht für die Beobachtungssonden, welche die Sonne ständig im Blick haben. Mit ihren Spezialinstrumenten, den Koronografen, konnte der Schweifstern unmittelbar neben der ausgeblendeten Sonne als heller beweglicher Fleck gesichtet und verfolgt werden. So ließ sich mit den Sonden STEREO-A, SOHO und PUNCH beobachten, wie die Aktivität des Kometen durch den sinkenden Abstand zur Sonne und durch die steigende Einstrahlung immer mehr anstieg.
Auch das Weltraumteleskop James Webb bietet Einblicke
Mit dem James-Webb-Teleskop (JWST) wurde der interstellare Besucher im Infraroten spektroskopisch untersucht, sodass sich Aussagen über die chemische Zusammensetzung ableiten lassen. Im Gegensatz zu den einheimischen, solaren Kometen enthält die Koma, die Gashülle um den Kometenkern, sehr viel mehr Kohlendioxid. Die Gehalte sind etwa 16-mal so hoch wie bei den solaren Kometen, auch der Anteil von Kohlenmonoxid ist sehr hoch.
Das weist darauf hin, dass 3I/ATLAS vor langer Zeit weit entfernt von seinem Mutterstern entstanden sein muss, wo es ausgesprochen kalt war, sodass diese leichtflüchtigen Gase zu einem festen Körper kondensierten. Auch müssen diese Gase in der Umgebung des unbekannten Muttergestirns in sehr viel höheren Konzentrationen vorhanden gewesen sein als im Umfeld unserer Sonne.
Aus dem Chemismus des Kometen wird abgeleitet, dass dieser Himmelskörper sehr alt ist, das Mindestalter wird auf acht Milliarden Jahre geschätzt, es könnte aber auch bis zu zwölf Milliarden Jahre betragen. Zum Vergleich: Unser Sonnensystem entstand vor 4,57 Milliarden Jahren.
Wie geht es weiter mit 3I/ATLAS?
Unser dritter interstellarer Besucher ist schon dabei, sich von uns für immer zu verabschieden. Er entfernt sich nun wieder rasch von der Sonne und kommt am 19. Dezember 2025 der Erde am nächsten. Somit bieten sich im November und Dezember gute Gelegenheiten, mit erdgebundenen Teleskopen den Schweifstern am Himmel zu erhaschen. Im November hält er sich im Sternbild Jungfrau tief am östlichen Horizont am Morgenhimmel auf. Der Schweifstern vergrößert seinen Abstand zum Tagesgestirn und steigt immer höher, sodass er sich aus dem hellen Schein der Morgendämmerung befreien kann. Schauen Sie doch immer mal wieder in unsere Leserbildgalerie hinein, um die neuesten Ergebnisse unserer Astrofotografen zu bestaunen. Und wenn Ihnen selbst schöne Bilder von 3I/ATLAS gelingen, würden wir uns freuen, wenn Sie diese dort einstellen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.