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Sternentwicklung: Ab welcher Sternmasse bildet sich ein Schwarzes Loch?

Magnetar (künstlerische Darstellung)
Der Entwicklungsweg massereicher Sterne mit mehr als acht Sonnenmassen schien gut bekannt zu sein: Gegen Ende ihrer Lebensdauern blähen sich solche Sonnen zu Roten Riesen oder Roten Überriesen auf und explodieren schließlich in Supernova-Explosionen. Von Objekten mit ursprünglich 8 bis 25 Sonnenmassen sollte dann – neben einer mit schweren Elementen angereicherten expandierenden Wolke aus heißem Gas – ein Neutronenstern zurückbleiben; noch massereichere Sterne enden dagegen als Schwarzes Loch.

Magnetar (künstlerische Darstellung) | So kann man sich einen Magnetar vorstellen: Ein Neutonenstern mit einem Durchmesser von 10 bis 20 Kilometern ist von einem extrem starken Magnetfeld umgeben, das hier durch Feldlinien angedeutet wird. Wie aber Neutronensterne wirklich aus der Nähe aussehen, ist unbekannt, so dass diese künstlerische Darstellung auf wissenschaftlich begründeten Spekulationen basiert.
Nun stieß eine Forschergruppe um Ben Ritchie an der Open University in Großbritannien aber auf einen Neutronenstern, dessen Vorgängerstern eine Masse von 40 Sonnenmassen aufgewiesen haben muss. Er befindet sich rund 16 000 Lichtjahre von uns entfernt im südlichen Sternbild Altar (Ara) im offenen Sternhaufen Westerlund 1 – einem sehr massereichen Sternhaufen, der sich allerdings hinter dichten Gas- und Staubwolken verbirgt, so dass praktisch kein sichtbares Licht von ihm zu uns vordringt. Nur im Infraroten lässt sich der Sternhaufen im Detail erkunden.

Der in Westerlund 1 nun neu entdeckte Neutronenstern gehört zur seltenen Klasse der Magnetare, die von extrem starken Magnetfeldern umgeben sind. Er sollte, wie alle anderen Objekte des Sternhaufens Westerlund 1, zwischen 3,5 und 5 Millionen Jahre sein.

Der offene Sternhaufen Westerlund 1 | Nur im Infraroten lässt sich der offene Sternhaufen Westerlund 1 beobachten, im sichtbaren Licht verhindern dichte Gas- und Staubwolken in unserem Milchstraßensystem jeglichen Blick auf ihn. Im Infraroten sind die Wolken transparent und die hellsten Sterne erscheinen auf diesem Bild gerötet. Der rund 16 000 Lichtjahre von uns entfernte Sternhaufen enthält mehrere hundert sehr massereicher Sterne.
Der Vorläuferstern des Magnetars muss sich demnach aber sehr schnell entwickelt haben, um "schon jetzt" ein Neutronenstern zu sein: Die Lebensdauer eines Sterns steht in direktem Zusammenhang mit seiner Masse, je höher diese ist, desto geringer ist seine Lebenserwartung. Stellt man nun fest, wie massereich die größten derzeit noch vorhandenen Sterne im Sternhaufen sind, so lässt sich aus diesem Vergleich ableiten, welche Mindestmasse der kurzlebigere und damit massereichere Stern besessen hat.

Für ihre Untersuchungen beobachtete das Forscherteam das Doppelsternsystem W13 im Sternhaufen Westerlund 1. Die beiden Sterne bedecken sich gegenseitig, so dass sich ihre Massen direkt aus den keplerschen Gesetzen und dem Gravitationsgesetz ableiten lassen. Sie weisen Massen zwischen 30 und 40 Sonnenmassen auf. Der Vergleich der Massen von W13 zeigte, dass der Vorläuferstern des Magnetars anfangs eine Masse von mindestens 40 Sonnenmassen aufgewiesen haben muss.

Um aber einen Neutronenstern als Überbleibsel zu hinterlassen, muss der Vorläuferstern mehr als 90 Prozent seiner Masse verloren haben, denn überschreitet die Masse eines Neutronensterns einen gewissen Grenzwert, so kollabiert er unverzüglich zu einem Schwarzen Loch. Wie aber der Vorläuferstern so viel Masse loswerden konnte, lässt sich mit den gängigen Theorien der Sternentwicklung nicht erklären.

Die Forscher spekulieren, dass der Vorläuferstern ursprünglich einen Begleitstern aufwies, der ihn in geringem Abstand umkreiste. Als sich der massereichere Stern zu einem Roten Überriesen aufblähte, kam es zu Wechselwirkungen mit dem Begleitstern, der von ihm umschlungen wurde. Die Energie von dessen Bahnbewegung trug dazu bei, seine überschüssge Masse wegzuschleudern. Zwar weist der Magnetar jetzt keinen Begleiter mehr auf, er könnte ihn aber bei der Supernova-Explosion verloren haben. Verläuft diese etwas unsymmetrisch, so kann der entstehende Neutronenstern einen heftigen Impuls erhalten haben, der ihn von seinem Begleiter fortschleuderte. (ta)

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