Verhaltensforschung: Abgestimmte Zeitreise
Ohne Kompass oder Karte steuern Zugvögel zielsicher ihre Brutgebiete im hohen Norden an. Uferschnepfen-Partner beweisen auf ihrem Rückflug zudem ein verblüffendes Zeitgefühl für die Ankunft - trotz unterschiedlicher Reiseroute.
Im Frühjahr setzt in der Luft ein regelrechter "Rückreiseverkehr" ein. Unzählige Zugvögel verlassen ihr südliches Winterquartier und machen sich auf gen Norden, um an auserwählten Zielorten ihre Jungen aufzuziehen. Auch die Isländische Uferschnepfe (Limosa limosa islandica) bewältigt alljährlich derartige Langstreckenflüge: Ihr Überwinterungsgebiet erstreckt sich von Großbritannien und Irland bis zur Iberischen Halbinsel, zum Brüten pendelt sie jedoch nahezu ausschließlich nach Island. Allerdings verbringen Männchen und Weibchen eines Paares die kalte Jahreszeit nicht zusammen, sondern weit voneinander entfernt – um genau zu sein: durchschnittlich 955 Kilometer.
Wie sieht es hingegen bei der Isländischen Uferschnepfe aus? Schließlich verbringen die Partner dieser Art weder gemeinsam den Winter noch begegnen sie sich auf ihrer Wanderung Richtung Norden, wie Tomas Gunnarsson von der University of East Anglia und seine Kollegen anhand von 15 markierten Individuen in ziehenden Scharen ausschließen konnten. Um die Ankunftsmuster im Sommerquartier zu beleuchten, suchten sie in den Jahren 2002 und 2003 zweimal pro Woche 14 Parzellen in den Brutgebieten im südlichen Island ab und lokalisierten farbberingte Brutvögel. Aufgrund eines großen Netzwerkes von freiwilligen Beobachtern waren zudem die winterlichen Reiseziele von 14 Paaren bekannt.
Wie die Uferschnepfenpaare diese hohe Übereinstimmung in ihrer Ankunft selbst bei weit voneinander entfernten Winterquartieren und vermutlich lokal unterschiedlichen Umweltbedingungen für die Wanderung erzielen, bleibt vorerst rätselhaft. Möglicherweise – so spekulieren die Forscher – verbringen Weibchen und Männchen die kalte Jahreszeit trotz der geografischen Trennung in qualitativ ähnlichen Gebieten und sind somit in vergleichbarer Verfassung, um zu bestimmten Zeiten im Frühjahr anzukommen. Denkbar ist auch, dass sie einen genetischen oder physiologischen Faktor bezüglich der Reisezeit miteinander teilen. Oder die Partner vermögen unabhängig voneinander ihre Ankunft auf den optimalen Zeitpunkt für jedes spezifische Brutrevier abzustimmen, beispielsweise um Spitzen in den verfügbaren Ressourcen auszuschöpfen. Da die Individuen oftmals eine Reihe von Durchreise-Punkten auf ihrem Frühjahrs-Zug nutzen, könnten sie das Timing auch verfeinern, wenn sie sich den Sommerquartieren nähern. Die Wissenschaftler betonen daher: "Die Mechanismen, die benötigt werden, um diese Synchronie zu erreichen und eine Scheidung zu vermeiden, illustrieren die Komplexität von Wanderungssystemen."
Gewöhnlich wird Treue bei langlebigen Zugvögeln großgeschrieben, denn auch im Tierreich ist eine "Scheidung" kostenintensiv: Oftmals geht sie mit einem verminderten Fortpflanzungserfolg einher. Entscheidend für den Fortbestand der Partnerschaft ist eine zeitgleiche Ankunft in den Sommerquartieren. Wenn die Navigationskünstler beiderlei Geschlechts das ganze Jahr über zusammen bleiben, ist dies zwangsläufig gewährleistet. Bei vielen Arten bricht ein Geschlecht zwar eher aus dem Brutrevier auf, sodass Männchen und Weibchen einzeln ziehen. Aber sie stellen eine synchrone Anreise sicher, indem sie in denselben Quartieren überwintern oder sich während der Frühjahrswanderung wieder vereinen.
Wie sieht es hingegen bei der Isländischen Uferschnepfe aus? Schließlich verbringen die Partner dieser Art weder gemeinsam den Winter noch begegnen sie sich auf ihrer Wanderung Richtung Norden, wie Tomas Gunnarsson von der University of East Anglia und seine Kollegen anhand von 15 markierten Individuen in ziehenden Scharen ausschließen konnten. Um die Ankunftsmuster im Sommerquartier zu beleuchten, suchten sie in den Jahren 2002 und 2003 zweimal pro Woche 14 Parzellen in den Brutgebieten im südlichen Island ab und lokalisierten farbberingte Brutvögel. Aufgrund eines großen Netzwerkes von freiwilligen Beobachtern waren zudem die winterlichen Reiseziele von 14 Paaren bekannt.
Die brütenden Uferschnepfen trafen im Sommerquartier innerhalb eines Monats zwischen Mitte April bis Mitte Mai ein, ermittelten die Forscher. Insgesamt 20 Weibchen und Männchen, die in einer früheren Brutsaison liiert waren, zeigten aber eine erstaunliche Synchronie bei ihrer Anreise: Im zeitlichen Abstand von nur drei Tagen flogen die Individuen von 7 Paaren auf Island ein – und hielten sich weiterhin die Treue. Verspätete sich hingegen einer der beiden um mehr als acht Tage, drohte eine Scheidung: Bei zwei von drei derartig verzögert eingetroffenen Paaren wurde dem bisherigen Partner der Laufpass zu Gunsten eines neuen Artgenossen gegeben.
Wie die Uferschnepfenpaare diese hohe Übereinstimmung in ihrer Ankunft selbst bei weit voneinander entfernten Winterquartieren und vermutlich lokal unterschiedlichen Umweltbedingungen für die Wanderung erzielen, bleibt vorerst rätselhaft. Möglicherweise – so spekulieren die Forscher – verbringen Weibchen und Männchen die kalte Jahreszeit trotz der geografischen Trennung in qualitativ ähnlichen Gebieten und sind somit in vergleichbarer Verfassung, um zu bestimmten Zeiten im Frühjahr anzukommen. Denkbar ist auch, dass sie einen genetischen oder physiologischen Faktor bezüglich der Reisezeit miteinander teilen. Oder die Partner vermögen unabhängig voneinander ihre Ankunft auf den optimalen Zeitpunkt für jedes spezifische Brutrevier abzustimmen, beispielsweise um Spitzen in den verfügbaren Ressourcen auszuschöpfen. Da die Individuen oftmals eine Reihe von Durchreise-Punkten auf ihrem Frühjahrs-Zug nutzen, könnten sie das Timing auch verfeinern, wenn sie sich den Sommerquartieren nähern. Die Wissenschaftler betonen daher: "Die Mechanismen, die benötigt werden, um diese Synchronie zu erreichen und eine Scheidung zu vermeiden, illustrieren die Komplexität von Wanderungssystemen."
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