Aerogele: Elastischer Keramikschaum ist leichter als Luft

Aerogele sind Materialien, die eigentlich gar nicht so wirklich da sind – sie bestehen zu 90 Prozent oder mehr aus Luft. Mit ihren außerordentlichen Eigenschaften sind besonders Aerogele aus Keramik für Raumfahrt und Energietechnik interessant, doch bisher sind diese meist zu brüchig und spröde, um nützlich zu sein. Nun allerdings hat eine Arbeitsgruppe um Kai Pang von der Zhejiang University in Hangzhou eine Technik vorgestellt, die verspricht, die schaumartigen Werkstoffe aus ihrem Nischendasein zu befreien. In der Fachzeitschrift »Science« beschreiben die Fachleute eine auf Graphen basierende Technik, um eine ganze Familie neuer Aerogele herzustellen, die extrem stabil und elastisch sind – und das, obwohl sie aus eigentlich sehr brüchigen Keramikmaterialien bestehen. Der Trick der Werkstoffe liegt in ihrer Struktur: Sie bestehen aus abgerundeten Poren, die selbst nach 20 000 Belastungszyklen ihre Form behalten. Und diese Widerstandskraft besteht in einem enorm großen Temperaturbereich von nahe dem absoluten Nullpunkt bis 2000 Grad Celsius.
Aerogele sind deswegen so interessant, weil sie eine enorm geringe Dichte haben und Wärme so gut wie gar nicht leiten – sie bestehen nahezu ausschließlich aus Poren. Man stellt sie normalerweise her, indem man zum Beispiel ihre Bestandteile in einem Lösungsmittel ein Netzwerk bilden lässt und das Lösungsmittel anschließend entfernt. Bei konventionellen Verfahren entstehen dabei allerdings eckige Poren, die das Netzwerk sehr brüchig machen. Außerdem funktioniert dieses Verfahren, Sol-Gel-Prozess genannt, nicht mit allen Stoffen. Das Team um Pang entwickelte deshalb einen Prozess, bei dem Gasblasen eine schaumige Struktur aus gerundeten Poren erzeugen. Diese winzigen Gewölbe brechen unter Druck nicht, wie die Fachleute herausfanden, sondern bilden Runzeln, die sich bei nachlassendem Druck wieder glätten. Zusätzlich funktioniert die Technik mit praktisch allen Metallen, und je nach der weiteren Verarbeitung entstehen am Ende feine Lamellen aus Oxiden, Carbiden oder Metallen, die zusätzlich einen erheblichen Anteil Graphen enthalten können.
Das Verfahren verläuft in drei Stufen. Zuerst gibt man einen Film aus Graphenoxidschichten in ein Bad mit gelösten Metallsalzen. Diese lagern sich an die Sauerstoffatome in den Schichten an, und es entsteht eine Art Lasagne aus Graphenoxid und Metall. Anschließend erzeugt ein Schäumungsmittel feine Gasbläschen, so dass aus der Lasagne ein Schaum wird. Beim Erhitzen schließlich verbinden sich die Metallatome mit dem Sauerstoff der Luft oder dem Kohlenstoff des Graphenoxids zu Keramiken mit nahezu beliebiger Zusammensetzung, die in feinen Lamellen die kuppelförmigen Poren umschließen. Diese Keramikaerogele erwiesen sich in Tests als sehr elastisch und bruchfest, obwohl sie nach Angaben des Teams nur wenige Kilogramm pro Kubikmeter wiegen. Einige der Keramikschäume haben eine geringere Dichte als Luft und schweben nur deswegen nicht weg, weil die Poren mit Luft gefüllt sind. Außerdem isolieren sie extrem gut gegen Hitze – die Arbeitsgruppe veröffentlichte ein Video, in dem eine nur wenige Millimeter dünne Schicht Aerogel eine Rose minutenlang vor der Flamme eines Schneidbrenners schützte. Insbesondere lassen sich mit dem Verfahren auch Keramiken mit hoher Entropie erzeugen, in denen viele verschiedene Metalle zufällig im Werkstoff verteilt sind. Solche Materialien übertreffen geordnete Stoffe in manchen Eigenschaften deutlich: So hatte Yttriumtitanlanthancerneodymsamariumgadoliniumdysprosiumeuropiumhafniumoxid die bei Weitem niedrigste Wärmeleitung unter allen getesteten Stoffen.
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