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News: Akzeptierter Klon

Teufelszeug oder zukünftiger Segen - die Meinungen über das therapeutische Klonen stehen sich unversöhnlich gegenüber. Ob die Methode, bei der genetisch identische Stammzellen für Transplantationen erzeugt werden sollen, beim Menschen überhaupt funktioniert, weiß niemand. Jetzt gelang der Nachweis, dass zumindest Kühe derartige klonierte Zellen nicht abstoßen.
Sie gelten als wahre Alleskönner. Einmal wachgeküsst, so hoffen Mediziner, könnten schlummernde Stammzellen sich in nahezu jeden beliebigen Zelltyp verwandeln und so erkranktes Gewebe oder gar ganze Organe wieder regenerieren. Insbesondere die noch vollkommen undifferenzierten embryonalen Stammzellen sollen zur neuen medizinischen Wunderwaffe avancieren.

Abgesehen von den heiß diskutierten ethischen Problemen – bei der Entnahme der Stammzellen wird der Embryo getötet – ist die Transplantation solcher Zellen in den Körper eines Patienten nicht ohne weiteres möglich. Denn die Stammzellen unterscheiden sich genetisch von den Körperzellen des Patienten, sodass das sie sehr schnell vom Immunsystem vernichtet werden.

Daher tauchte die Idee auf, zum Patienten genetisch identische Stammzellen zu klonieren. Das Rezept hierzu klingt ziemlich einfach: Man nehme einer Eizelle, entferne hieraus den Zellkern und setze in diese leere Zelle den Zellkern aus einer Körperzelle eines Patienten. Mit ein paar Tricks lässt sich diese neu kreierte Zelle zur Teilung anregen, und es entsteht schließlich ein blastocystenähnliches Gebilde, aus dem Stammzellen gewonnen werden können. Diese Stammzellen unterscheiden sich genetisch nicht von den Körperzellen des Patienten, es sollten daher keine Abwehreaktionen des Immunsystems auftreten. Da der erzeugte Klon nicht zu einem vollständigen Organismus heranreifen soll, sondern nur als Stammzelllieferant dient, bezeichnen die Wissenschaftler dieses Verfahren als "therapeutisches Klonen", um es so vom reproduktiven Klonen abzugrenzen. Ein derartig erzeugter menschlicher Klon hätte jedoch vermutlich das Potenzial, sich zum Menschen zu entwickeln. Daher ist das Verfahren in den meisten Ländern – so auch in Deutschland – verboten.

Etliche Wissenschaftler zweifeln auch an, ob das therapeutische Klonen überhaupt funktioniert. Denn das Genom des Klons wäre eben nicht absolut identisch zum Erbgut des Patienten. Die entkernte Eizelle besitzt zusätzliches genetisches Material in den Mitochondrien, das beim Kerntranfer nicht verloren geht. Und diese Fremd-DNA könnte durchaus Abstoßungsreaktionen des Immunsystems auslösen.

Wissenschaftler der US-amerikanischen Firma Advanced Cell Technology – die wegen ihrer Klonierungsexperimente an menschlichen Zellen stark umstritten ist – sind zusammen mit anderen Kollegen dieser Frage nachgegangen. Unter der Leitung von Robert Lanza entkernten die Forscher Eizellen einer Kuh und setzten Zellkerne aus verschiedenen Geweben einer anderen Kuh ein. Dann ließen die Forscher die neu geschaffenen Zellen sich zu den unterschiedlichen Gewebstypen wie Haut, Muskulatur oder Nierenzellen weiterentwickeln und verpflanzten sie in die Kuh, welche die Zellkerne gespendet hatte.

Und in der Tat rührte sich das Immunsystem des Tieres nicht. Der Körper nahm die gespendeten Zellen an. Und nicht nur das: Es gelang den Forschern auch, einige ihrer Klone zu winzigen Nieren heranreifen zu lassen, die im Körper der Kuh funktionsfähig waren.

"Unsere Arbeit beweist, dass mit therapeutischem Klonen Gewebe erzeugt werden kann, das nicht abgestoßen wird", erläutert Anthony Atala aus der Arbeitsgruppe. Und Lanza ist überzeugt: "Unsere Ergebnisse verheißen Gutes für die Zukunft des therapeutischen Klonens beim Menschen. Die Herstellung immunverträglicher Zellen durch Klonierung wird eines der wichtigsten Probleme der Transplantationsmedizin lösen, nämlich das Problem der Organ- und Gewebsabstoßung."

Allerdings geben die Wissenschaftler zu, dass ihre Methode beim Menschen nicht durchgeführt werden könnte. Denn die klonierten Zellen entwickelten sich in der Kulturschale nicht weiter. Die Wissenschaftler mussten daher ihre Klone in der Gebärmutter einer Kuh verpflanzen und sie nach fünf bis sechs Wochen wieder entnehmen. Beim Menschen sei dieser Umweg jedoch nicht notwenig, betont Lanza.

Andere sind da skeptischer. So meint die Bioethikerin und Abgeordnete des britischen Oberhauses, Onora O'Neill: "Ich wäre sehr überrascht, wenn das Verfahren in irgendeinem Staat der USA – oder irgendwo sonst – erlaubt würde."

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