Alkoholkonsum: Wilde Schimpansen teilen vergorene Früchte

Erstmals haben Fachleute wilde Schimpansen in Westafrika dabei beobachtet, wie sie natürlich vergorene Früchte verspeisten und miteinander teilten. Das Verhalten, Nahrung mit Alkoholgehalt zu verzehren, zeigten die Primaten wiederholte Male, berichten Fachleute um Anna Bowland von der University of Exeter in der Zeitschrift »Current Biology«. Menschen haben vermutlich früh in ihrer Entwicklungsgeschichte begonnen, als Gruppe alkoholische Getränke zu trinken und dabei zu feiern, um die Gemeinschaft zu stärken und sich sozial aneinander zu binden. Vielleicht aus einem ähnlichen Grund, so folgern die Wissenschaftler, genießen auch Schimpansen fermentierte Früchte. Das Verhalten könnte demnach weit in die evolutionäre Geschichte der Hominiden zurückgehen.
Für ihre Studie prüften die Forscher Aufnahmen von Videokamerafallen, die sie im Cantanhez-Nationalpark im westafrikanischen Guinea-Bissau aufstellten. Die Videos zeigen, wie wilde Schimpansen (Pan troglodytes verus) reife Früchte des Okwabaums, des Afrikanischen Brotfruchtbaums (Treculia africana), verzehren. Die rundlichen, bis zu 30 Kilogramm schweren Früchte fallen vom Baum und reifen am Boden weiter. Das Fallobst, an dem sich die Primaten zu schaffen machten, enthielt je nach Reifegrad einen eher geringen Alkoholgehalt von bis zu 0,61 Volumenprozent. Allerdings geben die Fachleute zu bedenken, dass sich die Tiere zum ganz großen Teil von Früchten ernähren – mehr vergorene Früchte bedeuten demnach mehr Alkohol. Unwahrscheinlich sei aber, dass die Schimpansen sich ungebremst volllaufen ließen, da es ihre Überlebenschancen empfindlich verringern würde.
Das Team zählte insgesamt zehn Situationen, in denen sich 17 Schimpansen jeden Alters und beiden Geschlechts ein Mahl aus fermentierten Okwabaumfrüchten teilten. Weshalb sich die Affen über das vergorene Obst hermachten, ist noch unklar. Die Tiere können überreife Früchte leichter aufbrechen, zudem bieten diese einen höheren Vitamingehalt, was sie möglicherweise zu einer attraktiven Nahrung macht. Bekannt sei jedoch auch, dass Schimpansen Nahrung teilen, um soziale Bindungen zu Artgenossen zu stärken.
Alkohol fürs Glücksgefühl
»Wir wissen, dass Alkoholkonsum beim Menschen zur Ausschüttung von Dopamin und Endorphinen führt und damit Glücksgefühle und Entspannung hervorruft«, erklärt Bowland in einer Pressemitteilung ihrer Universität. Ebenso fördere das Teilen von Alkohol, soziale Bindungen zu knüpfen und zu stärken. Sind die Schimpansen deshalb so wild auf das vergorene Obst? Die Wissenschaftler halten die Erklärung für plausibel: »Schimpansen teilen nicht ständig Nahrung, daher könnte dieses Verhalten mit fermentierten Früchten wichtig sein«, sagt Koautorin Kimberley Hockings, ebenfalls von der University of Exeter. Es könne »ein frühes evolutionäres Stadium des ›Feierns‹ darstellen«.
Dass Primaten Alkohol vertragen, dürfte auf eine Anpassung eines entsprechenden Enzyms bei gemeinsamen Vorfahren vor zirka zehn Millionen Jahren zurückgehen. Vermutlich machten sich die Tiere damals vermehrt am Boden auf Beutezug und begannen, herabgefallene fermentierte Früchte zu verzehren.
Schon zuvor haben dieselben Fachleute bei den Primaten Alkoholgenuss beobachtet. Allerdings bedienten sich die Schimpansen an Getränken, die Menschen hergestellt hatten. Im Nachbarland Guinea tranken die Wildtiere vergorenen Palmsaft mit Blättern als einer Art Trinkschwamm. Im Durchschnitt hatte das fermentierte Getränk bis zu 6,9 Volumenprozent Alkohol. Ungefähr einen Liter schöpften sich die Schimpansen pro Sitzung aus den Behältern. Offenbar waren anschließend manche Tiere müde oder sogar angetrunken.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.