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Allergien: Wie Allergene uns zum Husten und Niesen bringen

Manche Allergene reizen das Immunsystem offenbar, indem sie kleine Löcher in die Zellen der Atemwege einbringen. Forscher haben bei einem Schimmelpilz nun zwei Proteine identifiziert, die dafür verantwortlich sind.
Eine Frau steht im Freien und niest in ein Taschentuch. Sie trägt eine rosa Jacke und hat lockiges, dunkles Haar. Der Hintergrund zeigt unscharfe Bäume und Pflanzen.
Ob Pollen im Freien, Pilzsporen in der Wohnung oder eine falsche Zutat im Essen: Manche Menschen reagieren so empfindlich auf bestimmte Stoffe, dass sie ständig niesen müssen.

Niesen, juckende Augen und Husten sind typische Symptome einer Allergie. Ausgelöst werden sie offenbar bei manchen Allergenen durch Proteine, die Löcher in den Zellen der Atemwege verursachen. Das berichtet ein Forschungsteam aus China im Fachmagazin »Nature«.

Die Studie stelle das Verständnis darüber infrage, wie Allergien entstehen, sagt Feargal Ryan. Er erforscht an der Flinders University in Adelaide, Australien, die Wechselwirkungen zwischen Mikroben und ihren Wirten. Bislang sei der Mechanismus, der Immunreaktionen auf Allergene auslöst, nicht wirklich gut verstanden. Wissenschaftler konzentrierten sich hauptsächlich darauf, was ein einzelnes Allergen im Körper anstellt, statt nach einem verallgemeinerbaren Mechanismus zu suchen.

Die Gruppe aus Peking identifizierte zwei Proteine im Schimmelpilz Alternaria alternata, die Entzündungsreaktionen in den Atemwegen anstoßen können. Rund fünf Prozent der Menschen reagieren auf Alternaria alternata allergisch.

Gemeinsam bilden die beiden Proteine, Aeg-S und Aeg-L, eine Pore in der Membran der Zellen, die Nase, Rachen und Lunge auskleiden. Dadurch dringen Kalziumionen in die Zellen ein und setzen Moleküle frei, die das Immunsystem auf eine Gefahr aufmerksam machen. Die Schädigung der Zellmembranen durch diese porenbildenden Proteine könnte ein »allgemeines Signal sein, das unser Körper verwendet, um etwas als Allergen zu erkennen«, berichtet Studienautor Mo Xu, der an der Tsinghua-Universität Immunreaktionen untersucht.

Doppelschlag gegen die Zellmembran

Um zu testen, wie die Proteine das Immunsystem stimulieren, behandelte das Team kultivierte Lungenzellen mit den Eiweißmolekülen. Die gleichzeitige Verabreichung von Aeg-S und Aeg-L löste eine ähnliche Reaktion aus wie die Gabe eines Schimmelpilz-Extrakts. Verabreichten die Wissenschaftler die Proteine einzeln, ließen sich hingegen keine Schäden an der Zellmembran beobachten.

Die Forscher untersuchten darüber hinaus, ob die Proteine bei Mäusen eine allergische Entzündung der Atemwege auslösen. Sechs Stunden, nachdem den Tieren die Eiweiße intranasal verabreicht worden waren, zeigten die Nager ähnliche Immunreaktionen, wie wenn sie dem Schimmelpilz ausgesetzt waren. Kamen die Mäuse über einen Zeitraum von zwei Wochen mehrfach mit den Proteinen in Kontakt, entdeckte das Team zudem Hinweise auf eine Atemwegsallergie – etwa in Form erhöhter Serumwerte von Immunglobulin E (IgE), einem Antikörper, der als Reaktion auf Allergene gebildet wird.

Als die Forscher Mäusen die porenbildenden Proteinen anderer Allergene verabreichten, etwa des Schimmelpilzes Aspergillus niger oder des Gifts der Seeanemone Actinia equina, beobachteten sie eine ähnliche Immunreaktion wie nach der Gabe von Aeg-S und Aeg-L. Laut ihren Daten wurden allergische Atemwegsentzündungen ebenso durch porenbildende Proteine des Regenwurms Eisenia fetida, des Pilzes Pleurotus eryngii, des Bakteriums Clostridium perfringens und des Pilzes Laetiporus sulphureus ausgelöst.

Die Ergebnisse deuten laut Ryan darauf hin, dass verschiedene Allergene auf die gleiche Weise allergische Reaktionen auslösen können, wenn sie porenbildende Proteine besitzen. »Das ist eine neue Art, über Allergene nachzudenken«, so der Experte. Künftige Therapien könnten sich mit der Frage befassen, ob es einen Weg gibt, diese Proteine zu blockieren oder zu inaktivieren und die Reaktionen so zu stoppen.

Xu und sein Team wollen als Nächstes untersuchen, welche Komponenten der Immunantwort nach der Zellschädigung aktiviert werden. Außerdem wollen sie herausfinden, ob Allergene mit Proteinen, die keine Poren bilden – beispielsweise von Hausstaubmilben oder Pollen – den gleichen Signalweg nutzen.

  • Quellen
Shi, K. et al., Nature 10.1038/s41586–025–09331–1, 2025

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