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News: Alles für die Schönheit

Schönheitsideale kommen und gehen, doch wenn es darum geht der natürlichen Erscheinung ein wenig nachzuhelfen, dann zeigten sich die Menschen schon immer sehr erfinderisch. So verwendeten die alten Ägypter bereits vor tausenden von Jahren Make-up für ihren markanten schwarzen Lidstrich. Dabei stand der Aufwand zur Herstellung dieser Kosmetik offenbar dem heutiger Produkte nicht sonderlich nach. Denn durch Mahlen, Sieben und Erhitzen schufen sie feinste Pulver für matte und glänzende Farbtöne.
Stolzer Blick, hoch aufragender Kopfschmuck, ein wohl geformtes Antlitz – Nofretete war offensichtlich von ganz außergewöhnlicher Schönheit, wenn wir denn den von ihr erhaltenen Büsten glauben schenken dürfen. Ihr Name, der vermutlich "Nafteta" ausgesprochen wurde, bedeutet schließlich auch "die Schöne ist gekommen". Aber auch wenn die Gemahlin des Echnatons es eigentlich nicht nötig hatte, so unterstützte selbst sie ihre natürlichen Reize noch etwas und zog in typischer Manier ihre Augen in Schwarz nach – bis in die Augenwinkel und noch etwas darüber hinaus.

Die Kosmetik, die einst im alten Ägypten verwendet wurde, ist dank reichhaltiger Grabbeigaben bis heute erhalten. Im Louvre zu Paris lagern die Jahrtausende alten Pröbchen und warten nur darauf, das Geheimnis ihrer Herstellung preiszugeben. Vielleicht spekulierten auch die heutigen Kosmetik-Hersteller auf ein besonderes, altägyptisches Schönheitsrezept und witterten hier ein vortreffliches Geschäft – jedenfalls unterstützte die Firma L'Oréal Tamas Ungár von der Eötvös Loránd University in Budapest und seine Kollegen bei ihrer Arbeit, die uralten Pülverchen zu untersuchen.

Deren Hauptbestandteil waren vor allem Bleisulfid und Bleicarbonat – besser bekannt als Bleiglanz und Cerussit. Während Bleiglanz ein graues, relativ weiches Mineral ist, das eine kubische Kristallstruktur aufweist, ist Cerussit deutlich härter und bildet eine orthorhombische Struktur aus. Da nur kleine Probenmengen zur Verfügung standen und Bleiverbindungen stark Röntgenstrahlen absorbieren, nutzten Ungár und sein Team die leistungsfähige Röntgenquelle der European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble, um die 39 Proben aus dem Louvre zu analysieren.

Wenn Röntgenstrahlen auf einen Kristall treffen, so werden sie in bestimmter Art und Weise an den Gitterebenen der Atome gebeugt, sodass ein charakteristisches Beugungsbild entsteht. Anhand dessen lässt sich beispielsweise der Atomabstand im Kristall, aber auch seine Struktur erkennen. Durch eine sorgfältige Analyse konnten die Forscher sogar Verspannungen des Materials feststellen, die beispielsweise durch Versetzungen, also Stapelfehler des Gitters entstehen.

Indem die Wissenschaftler theoretische Modelle der Kristallographie mit diesen Daten fütterten, konnten sie auch die Größenverteilung der Partikel und die Dichte der Versetzungen bestimmen. Dabei verglichen sie die Ergebnisse zu den alten Proben aus dem Mittleren und Neuen Reich auch mit denen neuer, die sie selbst im Labor aus Bleisulfid und Bleicarbonat herstellten. Die Forscher fanden heraus, dass die alten Ägypter im Wesentlichen zweierlei Pulver verwendeten – ein dunkles, mattes und ein hell glänzendes –, die sie in unterschiedlichem Verhältnis mischten, um einen bestimmten Farbton zu erzielen.

Das schwarz-matte Pulver besteht aus kleinen Partikeln, nicht größer als 130 bis 240 Nanometer und durchsetzt von einer großen Zahl an Versetzungen. Vergleiche mit dem künstlich hergestellten Pulver lassen vermuten, dass die damaligen Gelehrten dies durch bis zu einer Stunde andauerndes Mahlen der Kristalle herstellten. Das Glänzende setzt sich hingegen aus Teilchen zwischen 400 und 550 Nanometer Größe zusammen, bei denen die Zahl der Versetzungen wesentlich geringer ausfällt. Dazu wurden große Kristalle vermutlich behutsam zerdrückt und gesiebt, bis eine recht homogene Verteilung etwas kleinerer Kristalle übrig blieb.

Weiterhin fanden Ungár und seine Kollegen auch Indizien dafür, dass die alten Ägypter die Bleiverbindungen erhitzten, um so unterschiedliche Farben zu schaffen. Bleisulfid oxidiert dadurch beispielsweise und wird dabei zunächst gelblich und anschließend blau. Die Probenmengen waren jedoch zu klein, um diese Methode sicher zu belegen, und alte Schriften, die es bezeugen könnten, sind nicht bekannt. Na, vielleicht reicht ja diese Erkenntnis den Herstellern von Kosmetika auch schon. Und sie versuchen demnächst nach Cleopatra-Seife nun auch den Nofretete-Kajalstift an die Frau zu bringen.

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