Elektrochemie: Als die Tröpfchen laufen lernten
Höchste Aufmerksamkeit ist geboten, wenn Strom in die Nähe von Wasser kommt. Doch scheinen sich beide magisch anzuziehen. Das beweist nicht nur das beliebte Krimimotiv vom Föhn in der Badewanne, sondern ebenso Schulversuche, bei denen ein elektrisch geladener Glasstab einen Wasserstrahl kurzerhand um die Ecke biegt.
Wasser ist immer für eine Überraschungen gut. Das sagten sich auch Masahide Gunji und Masao Washizu vom japanischen Department of Mechanical Engineering der Universität von Tokio als sie einige Tröpfchen davon auf ein Glasplättchen träufelten. Auf diesem hatten sie zuvor zwei parallele Elektroden aufgebracht, die sie mit einem sehr dünnen und wasserabweisenden Isolator beschichteten. Warum man auf so eine Idee kommt, verraten die beiden Wissenschaftler nicht. Ihr Erstaunen verbargen sie aber keinesfalls, als sie feststellten, dass die Tröpfchen plötzlich losmarschierten, nls an die Elektroden eine Spannung anlag.
Gunji und Washizu arbeiteten aber mit ganz einfachen, parallelen Streifenelektroden und – zunächst zumindest – mit einer Gleichspannung. Da sich zwischen den Elektroden ein konstantes, gleichförmiges elektrisches Feld ausbildet, dürfte sich nach den Gesetzen der Elektrostatik eigentlich gar nichts bewegen!
Daher staunten die beiden Japaner nicht schlecht, als die Tropfen unerwartet loskullerten und erst wieder anhielten, als sie den Rand des Glasplättchens erreichten. Dort blieben sie entweder stehen oder prallten sogar ab und liefen die gleiche Strecke wieder zurück. Welche Richtung die Tröpfchen anfänglich einschlagen, ist nicht vorhersagbar – es sei denn man gibt ihnen vorher einen kleinen Schubs zur gewünschten Seite. Einmal in Bewegung laufen sie dann stur weiter, bis sie durch irgendwelche Hindernisse aufgehalten oder zurückgeworfen werden. Das ganze Spiel endet erst, wenn die Experimentatoren den Strom abschalten.
Die beiden japanischen Forscher erklären sich das Phänomen folgendermaßen: Kein Tropfen ist perfekt. Immer befindet sich vor oder hinter der Wasseransammlung ein Hauch weniger Flüssigkeit. Das elektrische Feld der Elektroden wird daher jeweils unterschiedlich stark abgeschirmt. Dadurch entsteht eine lokale, elektrostatische Asymmetrie, die – ab einer bestimmten Stärke – den Tropfen in eine Richtung zieht. So mussten die Experimentatoren beispielsweise knapp 300 Volt an die Elektroden anlegen, bevor Bewegung ins Spiel kam. Vorher tat sich gar nichts.
Unterstützt wird die Hypothese der Experimentatoren durch Vergleichsmessungen mit Wechselstrom. Bei einer angelegten Frequenz zwischen einem und zehn Schwingungen pro Sekunde wackelt die Flüssigkeit unentschlossen hin und her. Mal bewegt sich das Tröpfchen nach vorn. Dann bleibt es wieder stehen. Alsdann bewegt es sich wieder nach vorn oder zurück. Ganz wie es ihm beliebt.
Bei höheren Frequenzen des Wechselstroms ist dann fast alles wieder mit den Gleichstrom-Experimenten vergleichbar. Selbst die mittlere, effektive Spannung muss den Wert von 300 Volt erreichen, um das Rennen zu starten.
Jetzt sagen Sie wahrscheinlich: "Ganz toll!" und fragen sich: "Was soll man denn mit so einer Kullerbahn für Tröpfchen anfangen?"
Darauf gibt es zwei Antworten. Zum einen ist offenbar noch niemals zuvor beobachtet worden, dass eine Flüssigkeit derart drollig herumtollt. Das mag uns Normalsterbliche nicht sonderlich kratzen. Grundlagenforscher bringt das hingegen in höchste Verzückungen.
Zum anderen sind in vielen chemischen Versuchen Lösungen oft tröpfchenweise zu vermischen. Wenn es nun für einige Substanzen derartige Schienenwege gibt, ist manchem Chemiker sehr geholfen. Die beiden japanischen Entdecker erwarten daher künftig, Instrumente dieser Art konstruieren zu können.
Dass elektrischer Strom Flüssigkeiten zu beeinflussen vermag, deren Moleküle eine ausgeprägt asymmetrische Ladungsverteilung haben, ist nicht ungewöhnlich; Wasser sticht da besonders hervor. Dieser Effekt wird vielfach in Laboratorien auf der ganzen Welt genutzt. Um eine Flüssigkeit jedoch auf Trab zu bringen, sind normalerweise komplizierte, asymmetrische Elektrodenstrukturen notwendig oder deutliche Spannungsdifferenzen zwischen den Polen der Elektroden.
Gunji und Washizu arbeiteten aber mit ganz einfachen, parallelen Streifenelektroden und – zunächst zumindest – mit einer Gleichspannung. Da sich zwischen den Elektroden ein konstantes, gleichförmiges elektrisches Feld ausbildet, dürfte sich nach den Gesetzen der Elektrostatik eigentlich gar nichts bewegen!
Daher staunten die beiden Japaner nicht schlecht, als die Tropfen unerwartet loskullerten und erst wieder anhielten, als sie den Rand des Glasplättchens erreichten. Dort blieben sie entweder stehen oder prallten sogar ab und liefen die gleiche Strecke wieder zurück. Welche Richtung die Tröpfchen anfänglich einschlagen, ist nicht vorhersagbar – es sei denn man gibt ihnen vorher einen kleinen Schubs zur gewünschten Seite. Einmal in Bewegung laufen sie dann stur weiter, bis sie durch irgendwelche Hindernisse aufgehalten oder zurückgeworfen werden. Das ganze Spiel endet erst, wenn die Experimentatoren den Strom abschalten.
Wohl aus Spieltrieb, aber auch aus experimentellen Überlegungen heraus, bastelten Gunji und Washizu nun einen Rundkurs. Auf diese Rennstrecke brachten die Wissenschaftler sodann zwei kleine Tröpfchen und legten wiederum eine Spannung an. Nun startete zunächst eines der Wasserkügelchen. Das andere entschied sich, vorerst abzuwarten. Als sich die erste Mikro-Wasser-Walze jedoch näherte, hielt es das zweite Tröpfchen nicht mehr auf seiner Position: Es begann Reißaus zu nehmen. Ganz Gentleman stoppte die erste Wassermasse für einen Augenblick, ließ dem anderen einen kleinen Vorsprung und setzte kurze Zeit später seine Fahrt fort. Und wenn sie nicht verdunstet sind, dann drehen sie noch heute ihre Runden – oder ein Spielverderber hat zwischenzeitlich den Strom abgeschaltet.
Die beiden japanischen Forscher erklären sich das Phänomen folgendermaßen: Kein Tropfen ist perfekt. Immer befindet sich vor oder hinter der Wasseransammlung ein Hauch weniger Flüssigkeit. Das elektrische Feld der Elektroden wird daher jeweils unterschiedlich stark abgeschirmt. Dadurch entsteht eine lokale, elektrostatische Asymmetrie, die – ab einer bestimmten Stärke – den Tropfen in eine Richtung zieht. So mussten die Experimentatoren beispielsweise knapp 300 Volt an die Elektroden anlegen, bevor Bewegung ins Spiel kam. Vorher tat sich gar nichts.
Einmal in Marsch, hinterlässt der Tropfen offenbar eine extrem dünne Wasserlache, die nicht dicker ist als etwa zehn Nanometer. Sie schwächt das elektrische Feld weiter ab. Diese zurück gelassene Pfütze konnten die Wissenschaftler zwar nicht sehen, aber durchaus messen. Auf diese Weise entsteht ein sich selbst in Gang haltender Prozess, der die Tröpfchen auf eine Spitzengeschwindigkeiten von rund zehn Zentimetern pro Sekunde beschleunigt.
Unterstützt wird die Hypothese der Experimentatoren durch Vergleichsmessungen mit Wechselstrom. Bei einer angelegten Frequenz zwischen einem und zehn Schwingungen pro Sekunde wackelt die Flüssigkeit unentschlossen hin und her. Mal bewegt sich das Tröpfchen nach vorn. Dann bleibt es wieder stehen. Alsdann bewegt es sich wieder nach vorn oder zurück. Ganz wie es ihm beliebt.
Bei höheren Frequenzen des Wechselstroms ist dann fast alles wieder mit den Gleichstrom-Experimenten vergleichbar. Selbst die mittlere, effektive Spannung muss den Wert von 300 Volt erreichen, um das Rennen zu starten.
Eine Ausnahme bildet der Frequenzbereich zwischen 70 und 90 Hertz. Da scheinen die Wassermassen mit der Wechselspannung in einer Art Resonanz zu schwingen. Die normalerweise relativ gleichförmige Bewegung verwandelt sich schon bei vergleichsweise niedrigen Spannungen in ein eher raupenförmiges Gewabere.
Jetzt sagen Sie wahrscheinlich: "Ganz toll!" und fragen sich: "Was soll man denn mit so einer Kullerbahn für Tröpfchen anfangen?"
Darauf gibt es zwei Antworten. Zum einen ist offenbar noch niemals zuvor beobachtet worden, dass eine Flüssigkeit derart drollig herumtollt. Das mag uns Normalsterbliche nicht sonderlich kratzen. Grundlagenforscher bringt das hingegen in höchste Verzückungen.
Zum anderen sind in vielen chemischen Versuchen Lösungen oft tröpfchenweise zu vermischen. Wenn es nun für einige Substanzen derartige Schienenwege gibt, ist manchem Chemiker sehr geholfen. Die beiden japanischen Entdecker erwarten daher künftig, Instrumente dieser Art konstruieren zu können.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.