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News: Als Trittbrettfahrer in die Zelle

Zur Reise ins Ausland benötigt man oft einen Paß und ein gültiges Visum. Jetzt haben Wissenschaftler herausgefunden, wie man Medikamenten eine Art molekulares Visum ausstellt, so daß sie ungehindert durch Zellmembranen passieren können. Sie werden mit natürlichen Proteinen gekoppelt, die sich auf noch ungeklärte Art und Weise Zugang zum Zellinneren verschaffen und die Arznei im Huckepackverfahren mitnehmen.
Die neuen Ergebnisse werden in der September-Ausgabe von Nature Biotechnology (Abstract) beschrieben. Sie könnten es Forschern erlauben, Medikamente zu entwickeln, die präzise auf bestimmte Gene abzielen, um so Krankheiten vom Reizmagen bis zur Blindheit bei AIDS-Patienten zu behandeln.

Kleine DNA-ähnliche Moleküle, sogenannte peptide nucleic acids (PNAs), können in Zellkulturen bestimmte Gene abschalten, indem ihre Nukleinsäure-Sequenz fest an die komplementäre Ziel-DNA- oder -RNA bindet, und so die Zelle daran hindert, den Code eines Gens in ein funktionierendes Protein zu übersetzen. Aber schon in Zellkulturen ist es nicht leicht, sperrige PNAs durch Zellmembranen zu schmuggeln – im Körper ist es noch schwieriger.

Der Neurobiologe Ülo Langel von der Stockholm University in Schweden hat mit Kollegen in mehreren anderen Labors dieses Problem gelöst, indem er PNAs mit Fragmenten aus zwei anderen Proteinen – Transportan oder pAntp – kombinierte, die einen bisher nicht identifizierten Mechanismus benutzen, um leicht in die Zellen schlüpfen zu können. Die Transportproteine geben den PNAs einen Freifahrtschein für den Weg durch die Zellmembran. Die Forscher versahen damit PNAs, die dazu dienen sollten, die Expression eines Testgens – des Galanin-Rezeptorgens – zu unterdrücken. Das zugehörige Protein bindet normalerweise das Neuropeptid Galanin, welches Funktionen von der Schmerzwahrnehmung bis zur Nahrungsaufnahme steuert.

Die Wissenschaftler prüften die Fähigkeit der tragbaren PNAs der schmerzlindernden Funktion von Galanin in Ratten entgegenzuwirken. Sie gaben den Tieren leichte Elektroschocks, die eine bestimmte Schmerzreaktion auslösten – ein Zucken im Bein. Durch Gabe von Galanin konnte normalerweise das Beinzucken beenden. Bei Ratten, denen man PNA verabreicht hatte, wurde die schmerzlindernde Wirkung von Galanin um das 100fache reduziert.

"Es ist großartig, daß sie gezeigt haben, daß es nicht nur Zellen, sondern auch in Tieren funktioniert", sagt der Mikrobiologe Eric Wickstrom von der Thomas Jefferson University in Philadelphia. "Dies belegt im Prinzip, daß PNAs für die Therapie eingesetzt werden können."

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