Direkt zum Inhalt

News: Also doch nicht seltsam

Lange ging das Gerücht um, in Neutronensternen könne man auch seltsame Materie finden. Doch präzise Messungen lassen daran zweifeln.
EXO 0748-676
Sterne, die zwei- oder dreimal so massereich sind wie die Sonne, enden in einem gigantischen Spektakel und werden anschließend zu Neutronensternen. Innerhalb weniger Augenblicke leuchtet dann der sterbende Stern so hell auf, dass er alles andere überstrahlt. Finden solche Supernovae - wie es zuletzt im Fall von SN 1987A im Jahr 1987 geschah - in unserer Nähe statt, sind sie sogar am helllichten Tag am Himmel zu sehen.

Am Ende kollabiert der Sternenkern unter seiner eigenen Schwerkraft. Wird die Dichte von Atomkernen überschritten, dann lösen sich die Atomkerne auf und werden zu suprafluider Neutronenmaterie. Am Ende haben Neutronensterne eine Dichte von 1015 Gramm pro Kubikzentimeter - oder anschaulicher: Um solche Dichten zu erreichen, müsste man die Sonne auf die Größe einer Kleinstadt komprimieren. Ein Fingerhut davon würde hier auf der Erde ein paar Milliarden Tonnen wiegen.

Doch manche Forscher vermuten, dass sich in Neutronensternen auch die Bausteine der Protonen und Neutronen, die Quarks, miteinander vereinen und zu der so genannten seltsamen Materie werden. Um sie tatsächlich nachzuweisen, müsste man die Masse des Neutronensterns kennen und seinen Radius. Das Verhältnis beider Größen gäbe Aufschluss über die Druckverteilung innerhalb des Sterns und ergo die mögliche Existenz seltsamer Materie.

Doch während sich die Masse eines Sterns relativ einfach aus spektroskopischen Beobachtungen ableiten lässt, ist die Bestimmung seines Radius' ziemlich kompliziert - zumal, wenn er mehr als zehn Billiarden Kilometer von der Erde entfernt ist.

Doch es gibt einen Trick, schließlich sagt die Allgemeinen Relativitätstheorie, dass Licht in Schwerefeldern abgebremst wird. Angesichts der ungeheuren Dichte von Neutronensternen verlangsamt sich in seiner zentimeterdicken Atmosphäre also das Licht und wird im Spektrum infolge der gravitativen Rotverschiebung hin zu längeren Wellenlängen verschoben.

Allerdings ist die Sache noch komplizierter, denn das Licht im Umfeld von Neutronensternen wird auch durch deren Magnetfelder spektral verschoben, weshalb sich Forscher unter der Leitung von Jean Cottam vom NASA Goddard Space Flight Center in Greenbelt mit EXO 0748-676 einen Neutronenstern vornahmen, der über ein "schwaches" Magnetfeld von nur 103 bis 105 Tesla verfügt, eine Verfälschung des Spektrums also nicht zu erwarten ist. Zum Vergleich: Die Erde hat ein Magnetfeld von gerade einmal 10-4 Tesla.

Mithilfe des XXM-Newton-Satelliten der European Space Agency hatten die Forscher alles in allem 28, bis zu fünf Minuten lange Röntgen-Ausbrüche beobachtet und drei deutliche Spektrallinien des Eisens und Sauerstoffs identifiziert. "Nur während dieser Ausbrüche wurde das Umfeld des Sterns hell erleuchtet, sodass wir aus dem Licht die Eigenschaften der Materie in dem extremen Schwerefeld ableiten konnten", meint Cottam.

Die Spektrallinien waren in allen Fällen um 35 Prozent in den roten Bereich verschoben. Zusammen mit einem Verhältnis von Masse und Radius von 0,152 Sonnenmassen pro Kilometer konnte dies nur eines bedeuten: Allen Modellen zufolge besteht der Neutronenstern EXO 0748-676 durch und durch aus normaler Neutronenmaterie. Strange Quarks, Pionen, Kaonen und was sonst noch in den Zoo seltsamer Teilchen gehört, sind darin nicht enthalten.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.