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Synthesechemie: Alte Chemiker hatten doch Recht

Chinin
Im Jahr 1945 veröffentlichten William von Eggers Doering und sein Doktorvater, der spätere Nobelpreisträger Bob Woodward, ein Verfahren zur chemischen Herstellung des kriegswichtigen Malariamedikaments Chinin und wurden als Helden gefeiert. Da sie allerdings die letzten Schritte des Verfahrens nicht selbst durchführten, stellten viele Wissenschaftler den Wert der Arbeit in Frage. Anlässlich von Doerings 90. Geburtstag haben amerikanische Chemiker die beiden Forscher nun rehabilitiert.

Aaron Smith und Robert Williams von der Colorado State Universität reproduzierten den umstrittenen Teil der Woodward-Doeringschen Synthese mit den Methoden von 1945. Sie zeigten damit, dass Woodward (1917-1979) und Doering damals tatsächlich einen Weg gefunden hatten, die komplexe Struktur des Chinins künstlich herzustellen, was immer wieder bezweifelt, ja sogar als bloßer Mythos abgetan wurde.

Im Zentrum der Kontroverse stand die Umsetzung der Verbindung d-Chinotoxin, die Woodward und Doering tatsächlich hergestellt hatten, zum Chinin. Die deutschen Chemiker Rabe und Kindler hatten bereits 1918 eine Methode veröffentlicht, Chinin aus eben diesem d-Chinotoxin herzustellen. Woodward und Doering leiteten daraus den Anspruch ab, mit dem Chinotoxin auch gleichzeitig das viel bedeutendere Chinin auf chemischem Wege zugänglich gemacht zu haben.

Viele Chemiker bezweifelten das jedoch. Sie verwiesen auf den eklatanten Mangel an experimentellen Details in der Veröffentlichung von 1918 und verlangten von Woodward und Doering einen separaten Beweis. Den blieben sie jedoch schuldig, bis heute.

An ihrer Statt erbrachten Smith und Williams den Nachweis, dass man d-Chinotoxin auf die von Rabe und Kindler beschriebene Weise in drei Schritten in Chinin umwandeln kann. Sie behandelten den Stoff mit einer Brom-Verbindung und anschließend mit einer Base. Das entstehende Zwischenprodukt Chininon ließen sie mit Aluminium reagieren, um so zum Chinin zu gelangen.

In ihrer jetzt veröffentlichten Arbeit tragen die Chemiker so eine sechzig Jahre alte Kontroverse zu Grabe. Allerdings ist ihr Resultat nur noch von historischem Interesse: Zwar werden auch heute noch mehrere hundert Tonnen Chinin jährlich verwendet, die stammen jedoch wie vor einem Jahrhundert vom Chinarindenbaum. Chinin künstlich herzustellen, wäre viel zu teuer. (lfi)

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