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Ursprung des Lebens: Altes Rätsel mit überraschender Lösung

Ausgerechnet Aminosäuren lösen einen alten Widerspruch zwischen den anderen Bestandteilen der ersten Zellen. Ist das Leben kein Zufall, sondern zwangsläufige Folge chemischer Gesetzmäßigkeiten?
Vulkanische und hydrothermale Strukturen. Ja, das ist ein echtes Foto hier von der Erde. Unser Planet kann manchmal sehr fremd sein.

Eine fast wundersam anmutende Querverbindung zwischen den drei wichtigsten Molekülen des Lebens löst möglicherweise ein zentrales Problem beim Ursprung des Lebens. Eine Arbeitsgruppe um Caitlin E. Cornell von der University of Washington stellte fest, dass sich der hartnäckigste chemische Gegensatz zwischen Membranen, die Zellen nach außen abgrenzen, und den Trägern der Erbinformation mit einer dritten Stoffklasse überbrücken lässt. Wie das Team in »PNAS« berichtet, sind es ausgerechnet die Aminosäuren, Bausteine der Proteine und die dritte grundlegende Klasse der Biomoleküle; das ist vermutlich kein Zufall.

Die meisten Fachleute sind sich einig, dass schon die allerersten Zellvorläufer zwei entscheidende Komponenten besessen haben müssen. Einerseits eine Grenze zwischen innen und außen, die vermutlich aus Fettsäuren oder ähnlichen Molekülen bestand, die sich in Wasser spontan zu Kugeln und hohlen Säckchen zusammenlagern – andererseits einen Informationsträger, vermutlich RNA. Es gibt aber ein Problem: Salze, besonders Magnesiumionen, lassen diese frühen Membranen zusammenbrechen, und Salz war bei der Entstehung des Lebens vorhanden. Wir wissen das, weil RNA ohne diese Salze, besonders Magnesium, nicht funktioniert. Die beiden entscheidenden Bestandteile der ersten Zellvorläufer scheinen sich gegenseitig auszuschließen.

Das Team um Cornell stellte nun fest, dass dem nicht so ist. Mit einer Reihe von Analyseverfahren untersuchte die Forscherin, wie drei präbiotische Aminosäuren, deren Existenz auch auf der unbelebten Erde plausibel ist, mit Membranen wechselwirken. Dabei stellte sich heraus, dass die späteren Bausteine der Proteine an die Membranbestandteile binden und sie stabilisieren – so dass ihnen Salze nichts anhaben können. Das funktioniert laut Veröffentlichung auch mit relativ geringen Aminosäurekonzentration – und weil die kleinen Moleküle gebunden sind, können sie sich auf recht engem Raum anreichern. Das könne auch ihre Reaktion zu frühen Proteinen befördert haben, spekuliert die Arbeitsgruppe.

Etwas Ähnliches scheinen umgekehrt auch die Aminosäuren für die Membranen zu leisten: In Gegenwart von Salz und Aminosäuren bildeten die Fettsäuren keine einfachen Membranbläschen mehr, sondern mehrwändige, zwiebelartige Strukturen – auch moderne Zellen bestehen aus mehreren ineinander verschachtelten Membranstrukturen. Allerdings ist bisher völlig unklar, weshalb das passiert, über die Mechanismen der Wechselwirkung ist derzeit noch sehr wenig bekannt. Der Versuch zeigt allerdings, dass man wohl keineswegs von unwahrscheinlichen Zufällen ausgehen muss, um zu erklären, wie die Komponenten des frühen Lebens zusammenfanden – chemische und physikalische Notwendigkeiten scheinen dem Leben den Weg gewiesen zu haben.

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