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Mikrobiologie: Altruistische Bakterien

Bakterienkolonie
Bakterien warnen ihre Artgenossen bei einer Antibiotika-Attacke, obwohl das ihnen selbst eher schadet. Das legt eine Untersuchung von James Collins vom Howard Hughes Medical Institute in Boston und seinen Kollegen nahe. Die Forscher traktierten eine Population von Escherichia-coli-Bakterien über zehn Tage hinweg mit steigenden Dosen von Norfloxacin oder Gentamycin. Dabei verglichen sie jeweils, ab welcher Konzentration die gesamte Gruppe sowie einzelne Keime ihr Wachstum einstellten. Wie erwartet, entwickelte die Kolonie eine zunehmende Resistenz. Überraschenderweise aber vertrugen einzelne Bakterien das Antibiotikum meist etwas schlechter als die gesamte Gemeinschaft.

Als Grund dafür ermittelten die Forscher, dass einige besonders resistente Keime beim Kontakt mit den Wachstumshemmern das kleine Molekül Indol ausschütten. Normalerweise stellen Bakterien dessen Produktion in Gegenwart von Antibiotika sofort ein, weil es für ihr Überleben nicht so wichtig ist. In der Kolonie veranlasst Indol als Signalmolekül die Empfänger aber, Pumpen einzuschalten, die Fremdchemikalien aus der Zelle hinausbefördern, und aktiviert Schutzmechanismen gegen oxidative Stressschäden.

Die Forscher fragen sich nun, warum sich die wenigen Indolproduzenten die energieaufwändige Warnung ihrer Artgenossen leisten. Offenbar lohne sich auch für Bakterien gelegentlicher Altruismus zum Nutze der Gemeinschaft, weil er dem Überleben der Art zugutekommt. Kollektives Handeln von Bakterien beobachtet man etwa auch beim abgestimmt aufgeteilten Stoffwechsel innerhalb von Biofilmen.

Jan Osterkamp

Lee, H.H. et al.: Bacterial charity work leads to population-wide resistance. In: Nature 467, S. 82-85, 2010.

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