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Amazonas: Regenwaldgebiete absorbieren kein Treibhausgas mehr

Die Amazonaswälder wirkten bisher dem Klimawandel entgegen. Doch das ändert sich gerade. Teile der Waldgebiete geben schon mehr Treibhausgase ab, als sie aufnehmen. Und alles deutet darauf hin, dass sich der Trend fortsetzt.
Gerodete Fläche mit scharfer Grenze zum (noch) intakten Wald

Teile der Wälder in der Amazonasregion geben inzwischen mehr CO2 ab, als sie aufnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Arbeitsgruppe um Luciana V. Gatti vom Nationalen Institut für Weltraumforschung (IPEN) in Brasilien anhand von Kohlendioxid- und Kohlenmonoxidmessungen in der Atmosphäre. Laut ihrer Veröffentlichung in »Nature« gibt die Region besonders im östlichen Bereich mehr CO2 ab, und es gibt einen Zusammenhang mit dem Kohlenmonoxid aus Bränden. Regionen im Südosten geben sogar netto mehr Treibhausgas ab, als sie aufnehmen. Das Team schließt aus den Ergebnissen, dass Entwaldung und Brände den Regenwald zukünftig zu einer Kohlendioxidquelle machen könnten.

Bisher deuteten bereits Satellitendaten darauf hin, dass die Kohlendioxidaufnahme und -abgabe der Amazonasregion empfindlich auf Dürre und Brände reagiert. Allerdings verstellen Wolken oft die Sicht, so dass die Daten meist lückenhaft sind. Das IPEN führte deswegen von 2010 bis 2018 insgesamt 590 Messflüge mit Flugzeugen durch und maß die Konzentration der beiden Spurengase Kohlendioxid und Kohlenmonoxid von Bodennähe bis in 4,5 Kilometer Höhe. Letzteres entsteht bei Bränden. Diese Daten verglichen sie mit den Konzentrationen über unbesiedelten Gebieten am Südatlantik.

Bisher ziehen globale Wälder etwa zwei Prozent mehr Kohlendioxid aus der Luft, als sie wieder abgeben. Das summiert sich zu einem gigantischen Betrag: etwa ein Viertel aller Emissionen aus fossilen Kraftstoffen seit 1960. Wegen ihrer hohen Produktivität sind tropische Wälder wie jener am Amazonas eine wesentliche Komponente dieser globalen Senke. Wenn auch nur Teile des größten Tropenwaldgebiets der Welt in dieser Bilanz die Seite wechseln, hätte das für den globalen Klimaschutz - und potenziell für die Geschwindigkeit des Klimawandels selbst – erhebliche Folgen.

Besonders der Osten und Südosten des Amazonasgebiets haben sich in den letzten Jahrzehnten durch menschlichen Einfluss stark verändert, vor allem durch Rodungen, Feuer und Landwirtschaft. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Trockenzeit, die in den letzten 40 Jahren um etwa ein halbes Grad pro Jahrzehnt wärmer geworden ist. Das verstärkt den Trockenstress der Pflanzen und begünstigt Feuer selbst in intaktem Wald. Die westlich gelegenen Bereiche des immensen Waldgebiets dagegen sind rund ums Jahr sehr feucht und noch zu großen Teilen unberührt.

Deswegen nimmt die Amazonasregion in ihrer Gesamtheit nach wie vor etwas mehr Treibhausgas auf, als sie abnimmt. Die Fachleute um Gatti weisen allerdings darauf hin, dass mehrere Trends derzeit die Fähigkeit des Waldes reduzieren, Kohlendioxid aufzunehmen. Zum einen nimmt die Entwaldung nach drastischen Rückgängen in der Vergangenheit wieder deutlich zu. Die landwirtschaftlichen Flächen, die den Wald ersetzen, geben eher Kohlendioxid ab. Zum anderen bedrohen Veränderungen im lokalen und globalen Klima den Wald. Intakter Wald erzeugt zum Beispiel regional mehr Niederschläge, so dass Waldverlust die Region trockener macht. Der globale Klimawandel und die dadurch steigenden Temperaturen verstärken diesen Effekt.

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