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Verhaltensbiologie: Ameisen auf Wohnungssuche

© Nigel Franks, University of Bristol
Ein bevorstehender Umzug ist immer eine logistische Herausforderung. Die Schwierigkeiten beginnen schon mit der Wahl des neuen Domizils. Ameisenkolonien haben sehr viele Mitglieder. Schon allein deshalb können sie es schlecht wie wir Menschen machen und die in Frage kommenden neuen Nestplätze von jedem Tier begutachten lassen, bevor schließlich nach eingehender kollektiver Meinungsbildung abgestimmt wird. Ameisen haben, wie Wissenschaftler um Nigel R. Franks von der University of Bristol (England) nun herausfanden, ein weniger aufwendiges Verfahren, das aber mindestens genauso erfolgreich und nicht minder demokratisch ist.

Im Experiment stellten die Forscher einer Kolonie von Schmalbrustameisen der Art Temnothorax albipennis für den Umzug einen eher ungünstigen Nestplatz in nächster Nähe und einen gut geeigneten in der neunfachen Entfernung zur Verfügung. Um die Tiere bei der Suche zu beobachten, statteten sie einige Individuen mit winzigen „Radio Frequency Identification Tags“ (RFID-Tags) aus. Dank diesen Transpondern, von denen 2000 auf einer einzigen Briefmarke Platz hätten, ließen sich die Wege einzelner Insekten verfolgen und auswerten.

Zunächst machen sich demnach Pfadfinder auf die Suche und erkunden mögliche Orte. Wenn sie einen Platz gefunden haben, der ihnen zusagt, kehren sie zurück und führen andere Ameisen zu ihrem Favoriten. Falls ein Ort gut geeignet ist, nehmen also viele Pfadfinder ihre Genossen dorthin mit. Sobald sich eine Mindestanzahl von Ameisen an einer Stelle versammelt hat, signalisiert das: Hier lässt es sich gut leben. Dann beginnt die gesamte Kolonie mit dem Umzug dorthin. Obwohl nur sehr wenige Individuen einen direkten Vergleich zwischen den potenziellen Nestplätzen angestellt haben, wird am Ende der beste gewählt – auch wenn dieser, wie bei dem Experiment, viel weiter entfernt ist.

Christian Tack

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