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News: An die Konsolen!

Drei Monster müssen Sie gleichzeitig im Blick haben, da tauchen noch zwei weitere auf, und ein tödlicher Laserstrahl wird auf Sie abgefeuert, während Sie versuchen, die Tür zur Schatzkammer mit einer Haarnadel zu öffnen. Wenn Sie jeden Tag eine Stunde lang derartige Aufgaben in Videospielen lösen, dann herzlichen Glückwunsch: Jetzt ist wissenschaftlich belegt, dass Sie eine Reihe visueller Aufgaben schneller und konzentrierter erledigen können als Nichtspieler.
An die Konsolen!
Kribbelt es Ihnen in den Fingern, und greifen Sie beinahe zwanghaft zum Joystick, wenn Sie ein Action-Videospiel sehen? Oder haben Sie nichts übrig für das stupide Geballere und Gemetzel? Nun, der Kampf gegen Monster und Außerirdische mag in der Tat nur wenige intellektuelle Herausforderungen bergen, doch das heißt nicht, dass der Mensch nichts daraus lernen könnte.

Die Hirnforscher Shawn Green und Daphne Bavelier von der University of Rochester wollten jedenfalls wissen, ob regelmäßiges Videospielen mehr trainiert, als nur das Vermögen, das eine oder andere Spiel zu meistern. Denn so viel stand schon vorher fest: Wer seine Fähigkeiten zur Wahrnehmung mit einer bestimmten Übung verbessern möchte, erreicht meist nur, dass er genau in dieser Übung besser wird. Generelle Leistungssteigerungen lassen sich auf diese Weise nur selten erzielen.

Bei den Videospielen sieht das aber anders aus, stellten die Forscher fest. Sie unterzogen Spieler und Nichtspieler verschiedenen Tests, mit denen die visuelle Aufmerksamkeit gemessen wird. So sollten die Probanden beispielsweise entscheiden, ob sich auf einer Grafik ein Quadrat oder eine Raute in einem Kreis befand. Erschwert wurde die Aufgabe durch zahlreiche irrelevante Figuren sowie ein größer dargestelltes Symbol, das die Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollte.

Während die Leistung der Nichtspieler mit zunehmender Komplexität der Abbildung sank, blieb das Ergebnis der Spieler nahezu unverändert. Offenbar machte es wohl doch keinen Unterschied, ob man nun Aliens oder Quadrate erkennen muss. In weiteren Experimenten zeigte sich, dass Videospieler obendrein auch ein größeres Blickfeld nutzen und schneller Muster identifizieren können, die nur ganz kurze Zeit aufblitzen. All diese Eigenschaften werden bei den Spielen tatsächlich genutzt, und zum Erstaunen der Wissenschaftler stehen sie den Personen auch bei anderen Tätigkeiten zur Verfügung.

Oder war es in Wahrheit anders herum? Ballerten die Videospieler vielleicht deshalb so gerne, weil sie von Natur aus besonders begabt für die Spiele waren? Zur Kontrolle unterzogen Green und Bavelier eine Gruppe von Nichtspielern einem Action-Training: An zehn aufeinanderfolgenden Tagen mussten die Testpersonen jeweils eine Stunde lang am Computer in die Schlacht ziehen. Mit Erfolg! "Zehn Tage Übung mit einem Action-Spiel reicht aus, um die visuelle Aufmerksamkeit [...] zu verbessern", schreiben die Forscher. Allerdings muss es wirklich zur Sache gehen am Computer. Ruhigere Spiele wie Tetris bringen keinen Lerneffekt.

Sind das nun gute oder schlechte Neuigkeiten für Eltern? Kommt ganz auf die Sichtweise an. Einerseits kann der Nachwuchs etwaigen Einschränkungen der Spielzeit am Computer mit einem wissenschaftlich begründetem Hinweis auf das notwendige Training seiner visuellen Aufmerksamkeit entgegentreten. Andrerseits fällt nun natürlich die Ausrede "Ich kann mich nicht konzentrieren" weg, um sich vor den Hausaufgaben zu drücken. Denn wer eine ganze Handvoll Aliens gleichzeitig im Auge behalten kann, für den dürfte die A-Deklination doch ein Klacks sein.

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