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Verhaltensbiologie: Anspruchslose Frauen

Ohne Geschenk kein intimes Techtelmechtel, so einfach gestrickt sind die Regeln in der Tanzfliegenwelt. Erstaunlich nur, dass auch hier Nutzlosigkeiten trotzdem Erfolg bringen - selbst ein Baumwollknäuel ist offenbar besser als nichts.
Tanzfliege
Frauen, so behaupten manche, seien ein teures Hobby. Dauerhaftes Geneigtsein scheine untrennbar verknüpft mit kostspieligen Geschenken. Unterstützung findet diese Anschauung in der Tierwelt, wo Vaterschaftsavancen durchaus häufig an Eindruck machende Mitbringsel gebunden sind – wer nichts schenkt, hat Pech gehabt.

Doch macht eines nachdenklich: Auch jene Brautgeschenke sind manchmal völlig sinnlos – statt eines leckeren Häppchens präsentieren Tanzfliegen beispielsweise auch getrocknete Insektenreste, apart in Seidenfasern verpackt, oder gar nur diese leere, aber beeindruckend glänzende Hülle, von Zweigchen oder Blattresten ganz zu schweigen. Für die Männchen ist der Nutzen klar: Er bedeutet in der Regel weniger Energieaufwand und damit geringere Kosten – und sparen ist hier schließlich überlebenswichtig. Aber warum spielen die Damen mit? Lassen sie sich so leicht hinters Licht führen? Oder kommt es nur auf den derart demonstrierten guten Willen an? Macht es also überhaupt keinen Unterschied, was Frau da zwischen den Vorderbeinen hält – ob einen riskant erbeuteten, schmackhaften Leckerbissen oder ein sinnloses Seidenbündel?

Tanzfliege mit Futtergeschenk | Ein Weibchen der Tanzfliege Rhamphomya sulcata (unten) knabbert hier an einem Insekten-Brautgeschenk und belohnt den Überbringer mit einem ausführlichen Paarungsakt.
Fragen, die sich Natasha LeBas von der Universität von St. Andrews und ihre Kollegen von den Tieren selbst beantworten ließen. Sie schauten regelmäßig an den abendlichen Tanzplätzen vorbei, an denen liebeshungrige Männchen in Schwärmen die Weibchen umwerben, und verfolgten frische Pärchen in deren Separee in der bodennahen Vegetation. Dort störten die Forscher kurz die traute Zweisamkeit, indem sie mit einer Pinzette dem Weibchen das Brautgeschenk zu entzupfen und gleichzeitig eine Alternative anzubieten versuchten. In einem von fünf Fällen gelang es tatsächlich, das ursprüngliche Mitbringsel auszutauschen und nun mit der Stoppuhr das weitere Treiben zu verfolgen.

Tanzfliege mit Baumwollknäuel | Doch lassen sich ihre Artgenossinnen auch mit Baumwollkügelchen zum intimen Rendezvous überreden.
Die alternativen Geschenke wurden allesamt bereitwillig angenommen – ob es sich nun um den entbeinten saftigen Körper einer Artgenossin, ein trockenes Flügelstückchen oder schlicht um große oder kleine Baumwollfussel handelte. Fiel das gute Stück allerdings herunter und die bereitwillige Dame ging leer aus, war das Rendezvous sofort beendet.

Und wie sah die Erfolgsquote aus? Nun, der saftige Kannibalenschmaus stieß auf größte Gegenliebe in Form ausdauerndster Paarungsakte. Doch lagen auch die Textilfasernüberbringer nicht schlecht: Sie wurden keineswegs direkt abgewiesen, sondern durften sich ähnlich lange wie die Lieferanten des kleinen Flügelsnacks vergnügen. Während dieser Zeit versuchten die Weibchen allerdings ständig, ob dem Wollballen nicht doch irgendetwas Nahrhaftes zu entlocken wäre. Nach ein bis zwei Minuten erkannten sie den Betrug und machten Schluss – doch hatte der Partner bis dahin längst genug Zeit gehabt, ein paar hoffnungsvolle Spermien einzuschleusen.

Auch energiesparende Bluffs erfüllen also ihren Zweck, im Zweifel sogar mehrmals, wie die Wissenschaftler beobachten konnten. Und sie zeigen, wie es im Laufe der Zeit überhaupt zu nutzlosen Brautgeschenken kommen kann: Lassen sich die Weibchen auch von sinnlosen Gaben überzeugen, wird sich diese Methode nach und nach ausbreiten – nicht nur, weil sie für die Männchen bequemer, sondern vor allem, weil sie billiger ist. Da stöhne nochmal einer, Frauen seien ein teurer Spaß.

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