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Anthropozän: Tiefster Punkt des Mittelmeers wird zur Müllhalde

Selbst in der Tiefsee stößt man mittlerweile auf menschliche Abfälle. Das ist wenig überraschend – ganz im Gegensatz zur Menge, die im Calypsotief im Mittelmeer entdeckt wurde.
Eine zerknitterte Plastiktüte liegt auf dem sandigen Meeresboden in der Tiefsee. Der Hintergrund ist dunkelblau, was die Tiefe des Wassers andeutet. In der unteren rechten Ecke ist eine Maßangabe von 15 cm zu sehen, die die Größe der Tüte im Verhältnis zur Umgebung verdeutlicht. Das Bild zeigt die Auswirkungen von Umweltverschmutzung in den Ozeanen.
Die Menschheit hinterlässt zunehmend auch Spuren in der Tiefsee, wie dieser Plastikabfall im Calypsotief zeigt.

Der tiefste Punkt des Mittelmeers liegt im Calypsotief: Auf mehr als 5100 Meter unter dem Meeresspiegel geht es hier hinab. Und dennoch reicht diese Entfernung nicht aus, um dem menschlichen Einflussbereich zu entkommen: Wissenschaftler um Elias Fakiris von der Universität im griechischen Patras entdeckten während einer Expedition in den Tiefseegraben südwestlich der griechischen Halbinsel Peloponnes zahlreiche Abfälle aus Kunststoff, Glas oder Metall. Die Anzahl macht sie zu einer der höchsten Müllkonzentrationen, die jemals in einer Tiefseeumgebung aufgezeichnet wurden.

Während des Tauchgangs zählte das Team 167 einzelne Objekte, von denen mindestens 148 eindeutig identifizierter Müll wie Plastiktüten, -bänder und -becher, Getränkedosen oder Flaschen waren. Ausgehend von dem kleinen Bereich, den die Wissenschaftler untersuchen konnten, schätzen sie, dass im Calypsotief mehr als 26 000 Abfallstücke pro Quadratkilometer liegen könnten.

Der Müll stammt Fakiris und Co zufolge aus verschiedenen Quellen an Land – das nur 60 Kilometer entfernt ist – wie auch aus direktem Eintrag ins Meer, etwa von Schiffen, deren Besatzung Abfälle über Bord wirft oder die Fracht sowie Ausrüstung verlieren. Die besondere Form des Grabens erleichtert zudem, dass sich Abfall darin ansammelt: Es handelt sich um eine geschlossene Senke, die von steilen Wänden umgeben ist. Ist das Material einmal darin gefangen, gelangt es nicht mehr heraus. Die schwachen Strömungen am Tiefseeboden können die Abfälle zudem kaum bewegen oder gar über die Ränder des Calypsotiefs hinaus transportieren.

Jedes Jahr gelangen weltweit mehrere Millionen Tonnen Kunststoffmüll in die Meere. Nur ein Teil davon wird wieder zurück an die Küsten geschwemmt; eine große Menge verbleibt dagegen im Wasser und zerfällt nach und nach in immer kleinere Partikel. Diese werden von Organismen aufgenommen, enden an den Polen im Eis oder sinken im Lauf der Zeit in die Tiefsee. Dort transportieren sie Strömungen ebenfalls weiter, bis sie sich schließlich in den Tiefseegräben ablagern. Insgesamt 14 verschiedene Plastiksorten konnten Wissenschaftler schon in Sedimenten am Meeresgrund nachweisen: an einem einzigen Ort. Vorhaben, diese Plastikflut einzudämmen, kommen bislang kaum voran.

  • Quellen
Marine Pollution Bulletin 10.1016/j.marpolbul.2025.117610, 2025

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