Unterwasserarchäologie: 31 bislang unbekannte Wracks im Bodensee entdeckt

Bei wissenschaftlichen Untersuchungen im Bodensee haben Fachleute 31 bislang unbekannte Wracks entdeckt. Darunter ein nahezu vollständig erhaltenes Lastsegelschiff aus dem 19. Jahrhundert, die Rümpfe von Schaufelraddampfern aus der Zeit des Deutschen Kaiserreichs sowie gut erhaltene Holzfässer einer Schiffsladung. Wie die Archäologinnen Julia Goldhammer und Alexandra Ulisch vom Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart in einer Pressemitteilung berichten, sollen weitere Untersuchungen noch Hinweise auf Schiffsbautechniken und über den See transportierte Güter liefern. Eine Bergung der Wracks, die in einer Tiefe von bis zu 220 Metern auf Grund liegen, sei aus Kostengründen jedoch nicht geplant.
Der Bodensee, der an seiner tiefsten Stelle 251 Meter hinabreicht, birgt zahlreiche Wracks von Schiffen und Flugzeugen. Wie gut die bisher bekannten Überreste erhalten sind und wo noch unentdeckte Wracks schlummern, untersuchen Forscher und Forscherinnen des Landesamts seit Ende 2022 im Projekt »Wracks und Tiefsee«. Es sei »ein bislang einzigartiges Vorhaben im Bereich der Unterwasserarchäologie in Binnengewässern«, erklärt Landesarchäologe Dirk Krausse vom LAD.
Für ihre Arbeiten haben die Forscher bereits vorhandene bathymetrische Daten analysiert, also Karten des Unterwassergeländes, die mittels Echolot erstellt wurden. In dem Geländemodell suchten die Fachleute um Goldhammer und Ulisch dann nach außergewöhnlichen Erhebungen. An 250 Stellen wurden sie fündig. Bisher haben sie 186 jener Anomalien mittels eines Seitensichtsonars genauer analysiert. Dabei entpuppten sich 31 Stellen als kulturhistorische, teils aber auch moderne Überreste – etwa von Sportbooten.
Je nach Tiefe tauchten die Forscher selbst zu den Fundorten hinab oder schickten einen Unterwasserroboter zum Grund. Dabei entdeckten sie unter anderem ein nahezu vollständig erhaltenes Lastsegelschiff, Mast und Rah seien vorhanden. Womöglich stamme das Gefährt aus dem 19. Jahrhundert, so die Forscherinnen. Im Rahmen ihres Projekts konnten Goldhammer und Ulisch bereits vergleichbare Lastsegelschiffe dokumentieren, wie sie im Mai 2025 in der Fachzeitschrift »Nachrichtenblatt Arbeitskreis Unterwasserarchäologie« berichteten. Eine Besonderheit dieser Binnenschiffe vom Bodensee sei, dass das Steuerruder »nicht mittig im Heck, sondern seitlich an Backbord angebracht« wurde.
Bei den jüngsten Tauchgängen stießen die Forscher auch auf die Rümpfe von Dampfern des 19. und 20. Jahrhunderts. Aufgrund von Größe und Fundlage könnte es sich um die Überreste der Schaufelraddampfer »SD Baden« und »SD Friedrichshafen II« handeln. Beide wurden einst kontrolliert versenkt; die »SD Baden« war ausgemustert und die »SD Friedrichshafen II« war im Zweiten Weltkrieg von Bomben getroffen worden. Zudem entdeckten die Unterwasserarchäologen ein Trümmerfeld aus Holzfässern. Bislang fand sich aber kein Wrack zu dieser Schiffsladung. Weitere Untersuchungen sollen nun Alter und Herkunft der gut erhaltenen Fässer aufklären.
Wie 2021 der Fund eines etwa 4000 Jahre alten Einbaums belegte, haben Menschen seit der ausgehenden Jungsteinzeit und beginnenden Bronzezeit den Bodensee mit Booten befahren. Fachleute vermuten aber, dass schon zuvor, seit der Mittelsteinzeit, Jäger und Sammler das drittgrößte Binnengewässer Europas überquerten.
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