Direkt zum Inhalt

Klimawandel: Arktis steht weiter in Flammen

Das warme und vor allem zu trockene Wetter setzt der Arktis weiter zu: Die Dürre begünstigt riesige Flächenbrände. Sie haben mehr Kohlendioxid freigesetzt als manche Länder.
Waldbrand im Anfangsstadium (Symbolbild)

Wärme und Dürre haben nicht nur große Teile Westeuropas im Griff – auch weite Teile der Arktis sowie angrenzender Regionen leiden seit Wochen unter ungewöhnlich hohen Temperaturen und Trockenheit. Als Folge des fortgesetzten Mangels an Niederschlägen stehen riesige Wald-, Moor- und Heideflächen in Alaska und Sibirien, aber auch Grönland in Flammen. Allein in Russland haben Feuer bereits mehr als eine halbe Million Hektar erfasst und dabei nach Angaben des »New Scientist« über 120 Megatonnen Kohlendioxid freigesetzt – mehr, als Belgien in einem Jahr produziert. Manche Brände in entlegenen Gebieten wüten dabei seit mehreren Wochen. Feuer sind nicht ungewöhnlich in der Arktis und in der sich südlich anschließenden Taiga, doch sorgen in »normalen« Jahren Regen oder zumindest feuchte Böden und Moore dafür, dass die Flammen meist nach wenigen Tagen ersticken. Die Feuersaison beginnt zudem normalerweise erst im Juli und endet im August. 2019 startete sie allerdings bereits früh im Juni. Und sie könnte angesichts der fortgesetzten Dürre auch noch lange in den Herbst hineinreichen.

Neben Sibirien besonders betroffen ist Alaska, wo bislang 650 000 Hektar Land abgebrannt sind – was noch einmal ungefähr der Jahresemission an CO2 von Belgien entspricht. »Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Feuer in der Arktis im Juli nun bislang ungekannte Dimensionen erreicht haben«, twitterte der Wissenschaftler Mark Parrington vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Vorhersagen (EZMW). Allein im Juni erfassten Satelliten mehr als 100 Brände in der Arktis, die bloß in diesem Zeitraum mehr Kohlendioxid erzeugten, als in den Jahren 2010 bis 2018 zusammen freigesetzt wurde. Dazu kommen hunderte weitere große Flächenbrände in den Nadelwaldgebieten südlich davon.

Eine Studie in »PNAS« hatte bereits 2013 gezeigt, dass manche borealen Waldgebiete heute so oft brennen wie zu keiner anderen Periode seit Ende der letzten Eiszeit. Dazu kommen längere Hitze- und Dürreperioden, welche Böden und Vegetation austrocknen. Der Juni 2019 war in Teilen Sibiriens beispielsweise zehn Grad Celsius wärmer als im langjährigen Durchschnitt. Auch Alaska und Grönland erlebten dieses Jahr schon außergewöhnliche Hitzewellen. Der Militärflugplatz Alert am nördlichsten Rand Kanadas in der Provinz Nunavut erlebte Mitte Juli mit 21 Grad Celsius einen denkwürdigen Temperaturrekord. Noch nie seit Beginn moderner Wetteraufzeichnungen hat man höhere Werte jenseits des 80. Breitengrads und damit nahe dem Nordpol gemessen. Gleichzeitig bleiben Niederschläge Mangelware.

Ausgelöst wurden viele Brände wahrscheinlich durch Blitzschlag. Dafür spräche die Analyse von Satellitenbildern: Sie zeigten typische Gewitterwolken kurz vor Ausbruch der Feuer, so Thomas Smith von der London School of Economics gegenüber dem »New Scientist«. Viele Wissenschaftler befürchten mittlerweile fatale Rückkopplungsmechanismen in der Arktis: Der Klimawandel begünstigt Hitzewellen und Dürren in der Region, weshalb Brände leichter ausbrechen und größere Flächen betreffen können. Das setzt wiederum große Mengen an Kohlendioxid frei, das zuvor in Form von nicht zersetztem Pflanzenmaterial in Böden und Mooren gespeichert war.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.