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Artensterben: Ausgerechnet in Bestandszentren schwinden Vögel am stärksten

Die Zahl vieler nordamerikanischer Vogelarten nimmt stark ab. Betroffen sind davon vor allem Regionen, in denen die Tiere bislang noch am häufigsten sind.
Ein Vogel mit gelber Brust und gestreiftem Gefieder sitzt auf einem Holzpfosten und singt. Der Hintergrund ist unscharf und zeigt natürliche Farben, die auf eine ländliche Umgebung hindeuten.
Vögel wie der Lerchenstärling (Sturnella magna), die Grasland besiedeln, gehören zu den am stärksten betroffenen Gruppen.

Seit 1970 hat die Zahl der Vögel in Nordamerika um drei Milliarden Tiere abgenommen; vielfach erlebten einst häufige Arten gravierende Bestandseinbrüche. Alison Johnston vom Cornell Lab of Ornithology in Ithaca und ihr Team zeigen in einer Nachfolgestudie, dass die Arten in den Gebieten am stärksten leiden, in denen sie eigentlich ihr Bestandszentren haben: Hier gehen ihre Populationen am stärksten zurück, wie die Auswertung einer riesigen Citizen-Science-Datensammlung mit 36 Millionen Einträgen über die Plattform eBird für knapp 500 Vogelarten aus Nordamerika und der Karibik zeigt.

Die Zahlen belegen, dass 75 Prozent der Vogelarten seit 2017 im Bestand zurückgegangen sein; bei zwei Drittel ist der Rückgang sogar sehr deutlich. Besonders betroffen sind Bewohner von Grasländern, Trockengebieten und arktischer Ökosysteme. Der Schwund verteilt sich allerdings nicht gleichmäßig über die Fläche: Dank der Größe des Datensatzes, der auch regionale Angaben umfasst, konnten Johnston und Co das Untersuchungsgebiet in ein Raster aufteilen, dessen einzelne Teile je 27 Quadratkilometer (10 Quadratmeilen) groß sind: nach Angaben der Arbeitsgruppe, das am höchsten aufgelöste Raster, für das bislang eine derartige Analyse durchgeführt wurde.

Das erlaubt eine genauere Bestandsaufnahme, die wenig Gutes verheißt: Mehr als 80 Prozent der erfassten Arten schwinden nicht an den Rändern ihres Verbreitungsgebietes am stärksten, sondern ausgerechnet im Kern ihres Lebensraumes – dort, wo sie vor wenigen Jahren noch am häufigsten waren. Bei fast allen Arten (97 Prozent) gibt es jedoch ebenso Bereiche, in denen sie häufiger gesichtet wurden, etwa weil sie dort besser geschützt wurden oder sich ökologische Faktoren zu ihren Gunsten geändert hatten. Bestimmte Regionen wie die Appalachen nahe der Ostküste oder manche Gebirge im Westen des Kontinents bilden zudem Inseln der Stabilität, in denen ein breiter Rückgang der Vogelzahlen bislang ausgeblieben ist.

Die Studie ist eine reine Bestandsaufnahme und widmete sich nicht den exakten Ursachen der Verluste. Die Wissenschaftler nennen jedoch die üblichen Einflussfaktoren wie intensivierte Landwirtschaft, Klimawandel und ausufernde Urbanisierung, die zu den Verlusten geführt haben. Sie passen zudem ins Bild: Auch in anderen Weltregionen wie Europa oder Asien verschwinden Vögel teils massenhaft. Und selbst entlegene Regionen Amazoniens bleiben davon inzwischen nicht mehr verschont.

  • Quellen
Science 10.1126/science.adn4381, 2025

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